Kapitel 149 - Sheila

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Erst als sie wieder zu Hause waren, konnte Sheila sich beruhigen. Es war so schön, mit ihm herumzualbern. Es fühlte sich an, als könnte sie sie selbst sein, ohne Angst zu haben das Falsche zu sagen. Jonathan würde sie nie schlagen, geschweige denn sie so sehr reizen, dass sie irgendetwas sagte, das ihn verletzte. So war er einfach nicht, und das war einfach nur schön.

Sie hörte eine Weile zu, wie er duschte. Wie gerne wäre sie einfach zu ihm gegangen und hätte sich wieder zu ihm unter den heißen Wasserstrahl gestellt, doch sie wollte ihn nicht zu sehr bedrängen. 

Ihr Blick fiel in sein Studio, denn er hatte die Tür einen Spalt offen gelassen. Ohne wirklich darüber nachzudenken ging sie hinein, und setzte sich ans Klavier. Sie erinnerte sich daran, wie sie damals für ihn gespielt hatte. Sein Gesicht war unbezahlbar gewesen und offensichtlich hatte es ihm gefallen. 

Sie strich über die Tasten, doch sie wagte es nicht, einfach zu spielen. Vielleicht würde sie wieder öfter spielen, wenn sie im Haus wohnten und sie wieder auf dem Flügel spielen konnte. 

Schnell lief sie wieder zurück ins Wohnzimmer, setzte sich aufs Sofa und wartete auf ihn. Während sie wartete holte sie ihr Handy aus ihrer Handtasche und bemerkte, dass sie einige Nachrichten hatte. Eine von ihrem Vater, der fragte, ob alles in Ordnung wäre und sie nicht Lust hätten, bald vorbei zu kommen, um alles wegen dem Haus zu besprechen. Obwohl es schon halb zwölf Uhr nachts war, tippte sie eine Nachricht an ihn. Sie versprach, morgen Abend vorbei zu kommen. Sie wusste, dass Jonathan nichts dagegen haben würde. Sie klickte die anderen Nachrichten durch und zu ihrer Überraschung war eine von Oskar dabei.

„Du hast nicht zufälligerweise bei dir zu Hause meinen Ehering gefunden? Ich muss ihn irgendwo verloren haben", schrieb er. Sheila schlug sich mit der Hand an die Stirn. Das durfte doch nicht sein Ernst sein. Wie konnte man denn seinen Ehering verlieren? Vor allem dann, wenn man mit jemandem verheiratet war, der ziemlich viel Wert auf so etwas legte. 

„Nein, ich habe ihn nicht gefunden, aber ich habe auch nicht Ausschau danach gehalten. Ich könnte morgen mal suchen", schrieb sie ihm zurück und fast sofort antwortete er. 

„Danke, das wäre wirklich nett. Johnny hat schon eine Krise bekommen. Und das auch noch heute, wo er erst einmal nicht hier ist", antwortete er. 

„Immerhin hast du jetzt neun Wochen Zeit, um zu suchen", tippte sie, doch sie wusste, dass Oskar nicht zu Scherzen aufgelegt war. 

„Erinnere mich nicht daran", antwortete er, doch sie antwortete nicht. Sie machte sich eine Notiz in ihrem imaginären Organizer, dass sie morgen daran dachte. 

Ein Geräusch riss sie aus ihren Gedanken und ließ sie aufblicken. Jonathan kam aus dem Bad, nur mit einem Handtuch um die Hüfte geschlungen. Sie konnte nicht anders, als ihn anzustarren. Er grinste, doch er ging an ihr vorbei ins Schlafzimmer. Ohne dass sie ihren Beinen den Befehl gegeben hätte, marschierten sie ihm hinterher. Gerade als sie hereinkam, öffnete er seinen Kleiderschrank und suchte sich frische Klamotten heraus. Als er sie bemerkte, wandte er sich ihr zu. 

„Bist du müde?", fragte er, doch sie schüttelte den Kopf. Es war ihr ein bisschen peinlich, was sein Anblick mit ihrem Körper anstellte. Sie schluckte, dann trat sie näher zu ihm, legte ihm die Hände in den Nacken und küsste ihn. Ein wenig überrascht erwiderte er den Kuss, doch dann löste er sich von ihr, ließ sein Handtuch fallen und schlüpfte in eine Unterhose und ein T-Shirt. Sheila biss sich auf die Lippe. Offensichtlich hatte sie nicht die gleiche Wirkung auf ihn. 

„Oskar hat vielleicht seinen Ehering bei uns im Haus verloren. Er hat gefragt, ob ich ihn gefunden hätte", sagte sie und kramte dann ebenfalls ihren Schlafanzug aus ihrer Tasche. Jonathan legte sich aufs Bett, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und seufzte. 

„Ich habe den Ring nicht gesehen", sagte er und rückte eine wenig das Kissen zurecht. 

„Das war ein schöner Abend, oder?", fragte er nach einem kurzen Moment und wandte ihr den Kopf zu. 

„Ja, finde ich auch", antwortete sie, woraufhin er lächelte. 

„Hast du Lust, morgen Abend mit zu meinem Vater zu kommen und noch einmal über das Haus zu sprechen? Vielleicht können wir wirklich bald mit allem anfangen", sagte sie und auf einmal spürte sie ein ungewohntes Kribbeln in sich. 

„Klar", erwiderte er, dann schloss er die Augen. Offensichtlich war er wirklich müde. Sheila zog sich ihren Schlafanzug an und kroch zu ihm ins Bett. 

„Weißt du eigentlich, wie sexy du bist?", hörte sie sich auf einmal sagen und schnell presste sie die Hand auf den Mund. Er grinste verschmitzt. 

„Du bist verrückt", sagte er, doch er rutschte ein wenig unruhig hin und her. Trotzdem schien es ihn zu freuen, dass er ihr gefiel, denn er grinste vor sich hin. Obwohl sie spürte, dass er sich freute, hätte sie es gerne auch von ihm gehört, dass er sie heiß fand. Doch er machte keine Anstalten noch irgendetwas zu sagen, also küsste sie ihn schnell auf den Mund und legte sich gemütlicher hin. 

„Schlaf schön", sagte sie, doch er brummelte nur noch etwas Unverständliches und keine fünf Minuten später war er eingeschlafen.

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Am nächsten Morgen wachte Sheila wieder in einem leeren Bett auf. Anscheinend schlief sie so tief und fest, dass sie nicht mitbekam, wie er aufstand oder er war unglaublich leise. Sie streckte sich und rollte sich dann auf seine Seite des Bettes. Obwohl das Laken kalt war, konnte sie noch seine Anwesenheit spüren. Es fühlte sich irgendwie schön an, auf seinem Kissen und unter seiner Decke zu liegen. Auch wenn sie sich ein wenig bescheuert vorkam, breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus und sie blieb noch einige Minuten liegen. 

Doch einschlafen konnte sie nicht mehr, also stand sie schließlich auf, schüttelte Kissen und Decken auf und suchte sich frische Klamotten aus ihrer Reisetasche. Obwohl sie sich letztens erst eine ganze Menge neuer Sachen gekauft hatte, würde sie bald waschen müssen. 

Jonathan würde sicherlich nichts dagegen haben, wenn sie seine Waschmaschine benutzte, also nahm sie ihre ganze dreckige Wäsche mit ins Bad und stopfte sie in die Waschmaschine. Danach duschte sie viel zu lange, aber das Wasser auf der Haut fühlte sich einfach nur gut an. Sie hatte keine Ahnung, warum heißes Wasser eine so beruhigende Wirkung auf sie hatte, doch es war schon immer so gewesen. 

Als sie sich endlich von dem angenehmen Gefühl hatte lösen können, trocknete sie sich ab, föhnte ihre Haare ein wenig und ging dann in die Küche, um sich etwas zum Frühstück zu suchen. 

Jonathan war im Studio, denn an der Tür hing wie immer ein kleiner Zettel. Sie setzte sich mit einem Käsebrot an den Esstisch, griff nach ihrem Handy und scrollte gedankenverloren durch Facebook. Erst da fiel ihr ein weiterer Zettel auf, den Jonathan auf den Tisch gelegt hatte. 

„Guten Morgen meine Schöne. Solltest du Langeweile haben, könntest du ein wenig einkaufen. Ich habe dir eine Liste gemacht", las sie und musste grinsen. Es war unmissverständlich einen Aufforderung, einkaufen zu gehen. Doch sie fand es nicht schlimm, immerhin ließ er sie bei sich wohnen, ohne dass sie sich an der Miete beteiligte. Sie beschloss, nach dem Frühstück schnell einkaufen zu gehen. Wenn sie wieder kommen würde, könnte sie die Wäsche aufhängen und dann dauerte es bestimmt nicht mehr lange, bis Jonathan zum Mittagessen eine Pause einlegte.

Eine halbe Stunde parkte sie ihren Wagen auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt und sie musste daran denken, was passiert war, als sie das letzte Mal hier gewesen war. Sie hatte Esra getroffen und sie hatte sie mit zu dieser Abtreibungsklinik geschleift. Allein bei dem Gedanken daran bekam sie eine Gänsehaut. Vielleicht sollte sie sich mal bei Esra melden und sie fragen, ob es ihr gut ging. Ihr Bruder war nicht gerade der Einfühlsamste was das anging und sie konnte sich vorstellen, dass Esra jemanden zum reden brauchte. 

Obwohl Sheila sie nicht wirklich gut kannte, wusste sie, dass sie sicherlich nicht überall herumerzählen würde, was sie durchgemacht hatte. Noch bevor sie aus dem Auto stieg schrieb sie ihr eine Nachricht, in der sie einfach nur fragte, ob es ihr gut gehe. Sie wartete noch eine Minute, doch Esra antwortete nicht. Also stieg sie aus und machte sich mit Jonathans Einkaufsliste in der Hand auf den Weg in den Laden. 

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