Kapitel 185 - Sheila

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Sheila fing sich doch recht schnell wieder. Nachdem sie ein paar Minuten stumm geweint und dann mit Jonathan gesprochen hatte, ging es ihr schon besser. Irgendwie spürte sie auf einmal, dass sie ihm erzählen wollte, wie er sie schon wieder durch sein Gequatsche dazu gebracht hatte, mit ihm zu reden. Auch wenn es nur kurz gewesen war, hatte sie ein schlechtes Gewissen. Vor allem, weil ihre Hand noch eine ganze Weile unter seiner Berührung gezittert hatte. Sie hatte auf einmal das drängende Bedürfnis, Jonathan zu zeigen, wie sehr sie ihn liebte und wie sehr sie sich wünschte, dass Ville verschwand. 

Bevor sie noch länger darüber nachdenken konnte, ging sie ins Badezimmer und schaute sich noch einmal an, wie weit sie schon gekommen waren. Zwei der vier Wände waren schon von den alten Fliesen befreit und die Dusche, Toilette und das Waschbecken waren verschwunden. Es lag noch einiges an Fliesenstücken und abgebröckelter Putz auf dem Boden, also beschloss sie, den Schutt in Eimer zu füllen und nach draußen in den Container zu werfen. Sie holte die beiden Eimer und die Handschuhe aus dem Arbeitszimmer und machte sie an die Arbeit. 

Ziemlich schnell war sie damit fertig und sie warf einen Blick auf ihr Handy. Eigentlich hatte Matthias schon längst hier sein wollen, doch wie immer war er zu spät. Gerade als sie auf seine Nummer drückte, um ihn anzurufen, hörte sie die Klingel. 

Eilig warf sie ihr Handy in die Handtasche, die sie ihm Flur auf dem Boden abgestellt hatte und lief zur Tür. Durch das Glas erkannte sie zwei Umrisse. Sie grinste, denn Oskars blonder Haarschopf war unverkennbar. Sie freute sich, dass er ihr so viel half. 

Eigentlich hatte sie gedacht, dass sich ihr Verhältnis wegen der Sache mit Matthias letztes Jahr für immer verändert hatte, doch in den letzten Wochen war es wieder besser geworden und sie freute sich, dass er für sie da war. Sie legte die Hand an die Türklinke, atmete noch einmal tief ein und aus, dann öffnete sie die Tür und setzte ein Lächeln auf.

„Hey!", rief sie und trat einen Schritt zu Seite, damit die beiden hereinkommen konnten. Oskar kam als erstes hinein und umarmte sie kurz, bevor Matthias es ihm gleich tat. Nachdem er sich von ihr gelöst und die Tür hinter ihm geschlossen hatte, musterte sie ihn eindringlich. Obwohl er lächelte, schien es ihm noch nicht wirklich gut zu gehen. 

„Wie geht's dir?", fragte sie ihn, woraufhin er kurz die Schultern zuckte, dann aber grinste. 

„Ganz okay eigentlich", sagte er und stieg auf die erste Treppenstufe nach oben. 

„Spätestens heute Abend geht es ihm gut. Die beiden gehen heute romantisch Essen oder so etwas", lachte Oskar, lief dann Matthias hinterher und piekste ihn in die Seite. Sheila kicherte. Offensichtlich hatte Oskar ungewöhnlich gute Laune, obwohl Johnny nicht da war. 

„Wohin geht ihr denn hin?", fragte sie und reihte sich ein, um hinter ihnen her die Treppe nach oben zu gehen. Matthias warf ihr einen Blick über die Schulter zu. 

„Ich habe keine Ahnung, er will mich überraschen", sagte er und endlich lächelte er wirklich. Sheila wusste zwar noch nicht ganz, was sie von der ganzen Sache halten sollte, doch wenn ihr Bruder ihm verzeihen wollte, konnte sie es nicht verhindern. Auch wenn sie es schrecklich fand, wenn Jonas wirklich das getan hatte, was er zugegeben hatte. 

Matthias führte sie in ihr altes Zimmer und betrachtete mit in die Hüften gestemmten Händen die Wand, an der Oskar schon gut die Hälfte der Kerbe geschlagen hatte. 

„Sollen wir weiter machen oder brauchst du erst den Rat deiner Freunde?", fragte Oskar Matthias und auf einmal sah er nachdenklich aus. Ruckartig sah Matthias ihn an. Sheila war froh, dass er das Thema angesprochen hatte, denn sie glaubte, dass es ihrem Bruder guttun würde noch einmal über alles zu reden. Seufzend ließ Matthias sich auf eine Sprosse der Leite nieder, die noch immer an der Wand stand. 

Slice of Life - A New Beginning IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt