Kapitel 170 - Jonathan

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Es war Dienstag Nachmittag und Jonathan parkte seinen Wagen an dem üblichen Platz am Straßenrand vor ihrem Haus. Sheila saß auf dem Beifahrersitz und sie schien ungewöhnlich gute Laune zu haben. 

Vor der Garage in der Einfahrt stand ein Container, in dem sie das ganze Zeug vom Dachboden entsorgen wollten. Oskar hatte eine gute Idee gehabt, denn so mussten sie nicht alles noch eine Treppe nach unten tragen. Darren stand neben dem Container und winkte ihnen zu und er beeilte sich, den Gruß zu erwidern. 

„Ich bin so aufgeregt!", hörte er Sheila neben sich sagen, doch bevor er noch etwas erwidern konnte, war sie ausgestiegen und lief zu ihrem Vater. Jonathan stieg ebenfalls aus und ging ihr hinterher. 

„Hallo", begrüßte er ihren Vater und er nickte ihm zu. 

„Habt ihr euch einen Plan überlegt?", fragte er und Jonathan warf Sheila einen Blick zu. Sie hatten sich zwar schon überlegt, dass sie zunächst den Dachboden zu Ende freiräumen wollten, doch um alles andere wollte Darren sich kümmern. 

„Oskar hatte die Idee, dass wir alles vom Dachboden über den Balkon nach unten in den Container werfen, so haben wir uns eine Treppe gespart", fing Sheila an und ihr Vater nickte wieder. 

„Gute Idee, wie viel habt ihr denn schon geschafft?", wollte er wissen und Sheila wiegte den Kopf hin und her, als würde sie versuchen, es abzuschätzen. 

„Ein Drittel, würde ich sagen", mischte Jonathan sich ein und Sheila machte ein zustimmendes Geräusch. 

„Das hört sich doch schon einmal gut an. Um halb fünf kommt ein Kollege von Ninos Mann, der uns Werkzeug vorbei bringt. Wir könnten auch schon einmal bei den Badezimmern anfangen", sagte Darren. 

Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung und Jonathan sah sich um und bemerkte Oskar, der zu ihnen herüber kam. Jonathan winkte ihm zu und er beantwortete seinen Gruß mit einem Lächeln. 

„Habt ihr auch so Muskelkater gehabt wie ich?", lachte er und Jonathan nickte. 

„Ich kann es kaum erwarten, wieder das ganze Zeug zu schleppen", scherzte er und Oskar grinste ihn an. 

„Ich habe nicht mehr allzu lange Zeit. Um halb sechs muss ich los zur Arbeit, aber ich dachte, dass ich euch zumindest ein bisschen helfen kann", sagte er und Jonathan warf ihm einen dankenden Blick zu. Darren klatschte in die Hände und scheuchte sie mit einer Handbewegung nach drinnen.

Jonathan stand wieder unten an der Leiter zum Dachboden und nahm die Sachen entgegen, die Oskar ihm nach unten reichte. Darren hatte ein Rollbrett mitgebracht und er platzierte alles darauf, sodass Sheila es bequem in das Zimmer zum Balkon fahren konnte, wo Darren es nach unten in den Container warf. 

Eine ganze Weile arbeiteten sie schweigend, doch schon nach kurzer Zeit wurden seine Arme wieder schwer und er bekam Lust, ein wenig zu quatschen. Gerade kam Sheila mit dem leeren Rollbrett an. Sie schob es mit dem Fuß vor sich her und er musste an ein Skateboard denken. 

„Hey", sagte er einfach nur und stemmte die Hände in die Hüften, während er einen Blick nach oben durch die Luke zu Oskar warf. 

„Was macht der Muskelkater?", fragte sie und Jonathan grinste. 

„Wird bestimmt wieder super morgen", lachte er, doch bevor er noch etwas sagen konnte, wurde ein riesiger blauer Müllsack von oben heruntergereicht. Jonathan nahm ihn entgegen und stellte ihn auf das Rollbrett. Sheila hielt ihn mit einer Hand fest und schob ihn in das Schlafzimmer. Noch bevor Sheila wieder zurückkam, klingelte es. 

„Warte mal kurz, jemand steht vor der Tür", rief er Oskar zu, der kurz über der Luke erschien und dann nickte. Jonathan lief nach unten und öffnete die Tür. Davor stand Matthias, die Hände in die Hosentaschen geschoben und den Blick auf den Boden gesenkt. 

„Hi", begrüßte Jonathan ihn, doch Matthias brachte nur ein gezwungenes Lächeln zustande, dann sah er sich über die Schulter um. Jonathan folgte seinem Blick und sah Jonas aus einem Auto steigen, das am Straßenrand hinter seinem eigenen geparkt worden war. Offensichtlich hatten sie sich wieder einigermaßen vertragen, obwohl er zugeben musste, dass Matthias nicht wirklich glücklich aussah. Jonas winkte ihm und er erwiderte den Gruß, dann ging er einen Schritt zur Seite, damit die beiden hereinkommen konnten. 

„Wir sind alle oben", sagte er, dann ging er wieder die Treppe hoch und spürte, wie die beiden ihm folgten. Er stellte sich wieder an den Fuß der Leiter, wo Oskar schon auf ihn wartete und kaum dass er ihm kurz zunickte schon einen weiteren Müllbeutel nach unten gleiten ließ.

Aus dem Augenwinkel sah er, wie Sheila mit dem Rollbrett kam, doch sie quetschte sich an ihm vorbei und umarmte stürmisch ihren Bruder. Dieser wand sich aus ihrem Griff und ging an ihr vorbei durch das Schlafzimmer auf den Balkon. Jonas stand ein wenig verunsichert vor Sheila und sah sie an. Jonathan konnte das Unbehagen der beiden förmlich spüren, doch er würde sich heraushalten. 

„Komm mit, mein Vater kann uns eher sagen, was noch zu tun ist", sagte Sheila dann leise, griff nach dem Beutel auf dem Rollbrett und verschwand mit Jonas im Schlepptau in Richtung Balkon. 

Jonathan richtete den Blick wieder nach oben, doch anstatt neues Gerümpel herunterzulassen, kam Oskar die Leiter heruntergeklettert. 

„Alles weg", berichtete er, schlug die Hände aneinander, wie um Dreck abzuklopfen und lächelte ihn an. Jonathan war überrascht, denn es kam ihm noch gar nicht so lange vor, dass er hier war. 

„Das ging ja schnell", kommentierte er und Oskar nickte. 

„Wenn man einmal dran ist, geht es eigentlich", sagte er, dann zog er sein Handy aus der Hosentasche und warf einen Blick darauf. 

„Ich muss gleich los zur Arbeit", fuhr er fort und Jonathan nickte. 

„Danke für die Hilfe", sagte er und hielt ihm die Hand hin. Oskar lächelte und schlug ein. 

„Kein Problem. Sagt ruhig Bescheid, wenn ihr wieder Hilfe braucht", bot er an und Jonathan nickte dankbar. Er mochte Oskar mit jedem Mal mehr. Dann ging er an ihm vorbei zu den anderen und er hörte, wie er sich verabschiedete. Jonathan ging ihm hinterher und gesellte sich zu den anderen, die in Smalltalk vertieft zu sein schienen. 

„Der Dachboden ist leer", berichtete er, winkte noch einmal Oskar zu, der an ihnen vorbei ging und sah anschließend Sheila an. Sie sah ganz und gar nicht mehr gut gelaunt aus. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte abwechselnd ihren Bruder und Jonas an. 

„Ach, da kommt endlich der Typ mit dem Werkzeug!", rief Darren plötzlich und lehnte sich über das Geländer des Balkons und winkte, bevor er sich beeilte nach unten zu gehen. Im Vorbeigehen packte er Jonathan am Arm und zog ihn mit sich. 

„Du kannst mir tragen helfen", sagte er, doch es war eindeutig, dass er ihn aus der Schusslinie haben wollte. Anscheinend hatten Matthias und Jonas noch einiges zu klären. Er folgte ihm und als Darren die Haustür öffnete, stöhnte er. 

„Die beiden machen mich noch wahnsinnig", grummelte er vor sich hin und Jonathan musste unwillkürlich grinsen. Er hatte das Gefühl, dass Darren sich alles, was seine Kinder betraf viel zu sehr zu Herzen nahm. Obwohl Sheila und Matthias erwachsen waren, schienen sie ihn oft bei ihren Problemen nach Rat zu fragen. Jonathan gefiel die Vorstellung, dass Sheila immer jemanden hatte, mit dem sie reden und der ihr Ratschläge geben konnte. Manchmal wünschte er sich selbst, dass das Verhältnis zu seinen eigenen Eltern enger wäre. 

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