~21~ Der Wolf in mir

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Zu meinem Glück rettet mich Mal wieder die Klingel. Ich schaffe es gerade noch Valentin entschuldigend zu zu lächeln, bevor mich Noah an die Hand nimmt und mit sich reißt.

"Wenn er nochmal auf meine Wolfsgestalt trifft, wird er es nicht überleben, dafür werde ich Sorgen!", Zischt Noah aufgebracht, mehr zu sich als zu mir, während er mich in schnellem Tempo durch die Gänge zieht.
"Noah!", Sage ich entrüstet. Ich würde nicht zulassen, das er Valentin umbringt.
"Was? Er will mich auch umbringen. Er hetzt gerade das ganze Dorf in einer unnötige Wolfsjagd. Alle anderen haben damit abgeschlossen, nur er kann es nicht sein lassen. Wenn er so weiter macht, zettelt er noch einen Krieg an. Und du nimmst ihn in Schutz? Er bedroht mit seiner Existenz unser Rudel! Tut dir selbst einen Gefallen und entwickel keine Gefühle für diesen kaltblütigen Mörder", Noah war stehen geblieben, seine Stimme war leise und doch so scharf. Seine Kälte jagt mir eine Gänsehaut über den Körper. Eindringlich sieht er mich an.
"Ach ja? Weil du so viel besser bist. Du willst ihn doch auch töten. Was macht dich besser als ihn?", Erwidere ich wütend.
"Ich versuche zu überleben und mein Rudel zu beschützen. Er will sich einfach nur rächen und mich töten. Das ist ein großer Unterschied!", Zischt Noah aufgebracht. Nicht wissend was ich darauf antworten soll, wirbel ich herum und begebe ich auf den Weg zum Klassenzimmer. Ich brauche Abstand von Noah. Er ist so einnehmend, so dominant, ich kann das nicht mehr. Im Klassenzimmer stürze ich mich auf meinen Platz und versuche mich zu beruhigen. Als Noah wenig später durch die Türe schneit, macht mir sein Blick sofort klar, dass er mein Verhalten nicht gut heißt, lässt mich aber in Ruhe und setzt sich hinter mich. Während des Unterrichts merke ich, wie anstrengend, das ankämpfen gegen die Verwandlung war. Ich bin fertig und müde. So habe ich Schwierigkeiten wach zu bleiben. Deswegen bin ich froh, dass wir mittags keine Schule haben und nach dem Klingeln das Schulgebäude verlassen können.
Madlin zieht mich in eine warme Umarmung um mich zu verabschieden. Auch Noah umarmt sie kurz. Sie winkt Sam zu, der auf uns zu kommt und verschwindet dann. Noah greift sofort besitzergreifend nach meiner Hand. Unruhig lasse ich ihn gewähren. Wie gerne würde ich meine Hand aus seiner reißen. Der ganzen Welt zeigend, dass wir nicht mehr als gute Bekannte sind.
"Soll ich euch begleiten?", Fragt Sam, als er bei uns angekommen ist.
Noah nickt erfreut.
"Gerne, Unterstützung kann bei ihr nie schaden", antwortet Noah, wofür er sich einen bösen Blick meinerseits einhandelt. Wir laufen gemeinsam in Richtung meiner Wohnung. Eine eisige Stille breitet sich zwischen uns aus. Sobald wir außer Sichtweise des Schulgelände sind, reiße ich meine Hand aus Noahs, der mich sofort scharf ansieht.
"Was? Niemand sieht uns?", Stelle ich mit Blick hinter uns fest. Noah folgt meinem Blick und erwidert: "Ich habe es dir aber nicht erlaubt!"
Ich verdrehe genervt die Augen, überlegen mir aber genau, was ich sage, wohl wissend, dass Noah zu viel Macht über mich hat, indem er seinem Vater sagen könnte, dass ich mich nicht benommen hatte.
"Ich bin bereit deine Befehle in der Nähe der Schule oder anderer Schüler zu befolgen, aber nicht wenn uns niemand sieht!", Entgege ich bissig, worauf Sam auflacht.
"Ich finde ihr gebt ein ausgezeichnetes Paar ab. Ich genieße dieses Schauspiel und freue mich auf mehr. Ihr könnt euch sehr gut zusammenreißen, dass muss man euch schon lassen", unterbicht uns Sam heiter und durchbricht so die Anspannung zwischen uns.
"Immerhin einer, der was davon hat", murrt Noah verständnislos.
"Ich hoffe wir müssen das nicht so lange machen!", Wenigstens in einer Sache sind Noah und ich uns einig.
"Ja das hoffe ich auch. Ich glaube nicht, dass Lia das lange mit macht", grinst Sam. Irritiert bleibe ich stehen.
"Was ist das mit dir uns Lia? Wieso war sie so sauer, als sie uns  zusammen gesehen hat?", Frage ich neu interessiert.
"Das ist kompliziert", weicht Noah meiner Frage aus. Sam sieht ihn zweifelnd an.
"Was ist denn bitte daran kompliziert? Lia ist Noahs...", beginnt Sam, wird allerdings rüde von Noah unterbrochen. "Schweig!", herrscht er ihn an und Sam muss gehorchen. Verletzt sieht er Noah an, wendet dann aber schnell den Blick ab, um Noah nicht an seinen Gefühlen teilhaben zu lassen.
"Tut mir leid Sam, ich hätte es dir nicht befehlen sollen. Aber ich bin noch nicht bereit mit ihr darüber zu sprechen", entschuldigt sich Noah, der wohl bemerkt haben musste, dass er Sam verletzt hatte.
"Schon okay", antwortet Sam wenig überzeugend. Nur zu gern würde ich wissen, was Noah und Lia verbindet. Ihr heutiger Überfall auf mich war mit Sicherheit mehr als freundschaftliche Neugierde. Vielleicht waren die Gerüchte über die beiden ja doch wahr und Noah und Lia haben was am laufen. Der Gedanken versetzt mich augenblicklich in schlechte Laune, weshalb ich den Gedanken runterschlucke und mich auf den Weg konzentriere. Wir laufen schweigend nebeneinander her. Selbst Sam hatte seine Leichtigkeit verloren, seit Noah ihn angeherrscht hatte .
Erleichterung durchflutet mich, als wir um die Ecke biegen und meine Wohnung in Sicht kommt. Mit zittrigen Händen schließe ich die Türe auf, ich kann nicht genau sagen wieso ich aufgeregt bin. Aber es ist komisch wieder hier zu sein. Das letzte Mal als ich hier war, war noch alles in Ordnung gewesen. Kristall war nur ein normaler Wolf vor meinem Fenster gewesen und die Jagden hatten mich nie wirklich interessiert. Doch nun bin ich mitten drin, ein Teil vom ganzen. Ich muss die plötzlich in mir aufsteigende Panik herunterschlucken. Schnell stoße ich meine Wohnungstüre auf, ziehe meine Schuhe aus und trete ins Wohnzimmer. Geschockt bleibe ich so abrupt stehen, dass Sam in mich hinein läuft.
"Sorry" murmelt er peinlich berührt. Doch ich nehme es kaum wahr. Wütend drehe ich mich zu Noah um und zische: "Was ist hier passiert?"
Er kann sich ein wissendes Grinsen nicht vergneifen und gibt mir damit die Gewissheit, dass er tatsächlich was mit der Unordnung in meiner Wohnung zu tun hat. Ich lasse meinen Blick zurück durch das Chaos im Wohnzimmer schweifen.
"Was habt ihr getan?", schreie ich lauter als gewollt. Alles liegt auf dem Boden verstreut. Ordner, Papiere, Kleider, Bücher, Stifte, sogar meine Pflanzen liegen umgekippt auf dem Boden, einfach alles war hier im Wohnzimmer auf dem Boden verstreut worden.
Ich wirbel herum und laufe auf Noah zu, drohend sehe ich ihn an und hoffe das er eine wirklich gute Antwort für das alles hier hat.
"Wir mussten leider bei der Suche nach dem Brief deiner Eltern, deine Wohnung auf den Kopf stellen. Wir hätten die Sachen ja wieder aufgeräumt, aber dafür hatten wir keine Zeit und leider hatte sich auch keiner von uns gemerkt wo die Sachen hin gehören", sein hinterhältiges Grinsen zeigt mir allerdings, dass es ihm in keinster Art und Weise leid tut. Ich könnte vor Wut explodieren. Was fällt ihm ein, so etwas zu sagen. Ich spüre wie mein Körper zu prickeln beginnt, es breitet sich nur langsam aus, doch ich nehme es zum ersten Mal gerne zur Kenntnis. Ich will das es sich ausbreitet. Ich will mich verwandeln. Am liebsten würde ich Noah zerfetzten und da ich ihm als Mensch körperlich unterlegen bin, muss ich mich verwandeln, um eine Chance zu haben. Als würde der Wolf in mir spüren, dass ich mich verwandeln will, breitet sich das Prickeln plötzlich schneller in mir aus, bis es rasend schnell durch meine Arme schließt in meine Fingerspitzen. Noch während mir schwarz vor Augen wird, kann ich hören wie Noah schreit: "Sam verschwinde"

Im Schatten des WerwolfsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt