~24~ Das Rudel

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"Ich kann mir gut vorstellen, wie fertig du sein musst. Ich war nach meiner ersten eigenen Verwandlung auch total fertig und ich habe mich an diesem Tag nur einmal verwandelt. Allerdings musst du noch kurz zu Nathan bevor du schlafen gehen kannst. Er möchte mit dir über dein neues Zimmer sprechen. Da du ab jetzt nicht mehr in der Zelle schlafen musst. Ich glaube aber dein neues Zimmer wird dir auch nicht so ganz gefallen", vermutet Sam und lächelt mich entschuldigen an.

"Wie meinst du das?", Frage ich irritiert.
"Ich glaube da halte mich da besser raus. Das soll dir Nathan erklären", zieht Sam zurück.
Sam bringt mich zu einem kleinen gemütlich eingerichteten Zimmer. Nathan sitzt hinter einem großen Schreibtisch und ist vertieft in einen Brief. Als ich an den Schreibtisch trete, legt er den Brief beiseite und mustert mich nachdenklich.
"Sam, kannst du bitte meinen Sohn holen?", wendet sich Nathan sachlich an Sam.
"Natürlich", antwortet Sam und verschwindet.
"Ich habe von deinem Zusammenbruch gehört und kann mir vorstellen, dass du nun sehr fertig bist. Es tut mir leid, dass ich dich heute nochmal stören muss. Aber mir war wichtig, dass wir klären, wo du in nächster Zeit schlafen und deine freie Zeit verbringen wirst. Schließlich habe ich dir versprochen, dass du aus der Zelle raus kommst, wenn du deine Verwandlung beherrschst. Und ich halte meine Versprechen, das ist mir als Rudelführer besonders wichtig. Ich würde gerne noch kurz auf meinen Sohn warten, damit wir es mit ihm zusammen besprechen können. Solange wir auf ihn warten, darfst du mir gerne von deinem Tag und deinen Verwandlungen erzählen", erzählt Nathan freundlich. Er deutet auf einen Stuhl gegenüber von ihm und ich setze mich an den Schreibtisch. Erst fällt es mir schwer mit Nathan über meinen Tag zu reden. Doch es stellt sich heraus, dass er ein sehr guter Zuhörer ist, der mich immer wieder bestätigt. Die Worte sprudeln nur so aus mir heraus, während ich ihm von Lia erzähle, von meiner Verwandlung, von Valentin und von unserem Training auf der Lichtung. Ich lasse nur aus, dass ich mich verwandelt hatte um Noah zu Schaden und auch, dass der Wolf zu mir gesprochen hatte, traue ich mich nicht ihm zu sagen.
Ich bemerke fast gar nicht wie Noah zu uns kommt, leise setzt er sich neben mich und lauscht meiner Erzählung. Nathan nimmt sich die Zeit meine ganze Geschichte anzuhören und erst als er sicher ist, dass ich fertig bin beginnt er zu reden: "Du hast ja heute wirklich viel erlebt Luana. Ich hoffe die nächsten Tage werden etwas entspannter für dich. Ich habe euch Zwei hier her rufen lassen, da ich möchte, dass du Luana bei Noah ins Zimmer ziehst. Ich vertraue dir Luana, aber du bist ein Alpha Wolf, der neu in meinem Rudel ist. Ich möchte, dass Noah ein Auge auf dich hat, bis das ganze Rudel davon überzeugt ist, dass du uns nichts böses willst und keine Bedrohung ist. Ich weiß, dass ich viel von euch beiden verlange. Aber ich möchte das ihr es dem Rudel zu liebe tut!" Eindringlich sieht Nathan seinen Sohn an, ein Blick zu ihm verrät mir, dass er am liebsten seinen Vater für diese Bitte anschreien würde. Doch er kämpft noch mit sich.
"Aber Vater, was ist Lia? Ihr gefällt es nicht so gut, wenn ich viel mit Luana mache. Und was ist wenn sie bei mir übernachten möchte? Dann stört Luana nur", mault Noah sichtlich unzufrieden mit dem Plan seines Vaters.
"Dir wird schon etwas einfallen, wie du ihr erklären kannst, wieso du so viel mit Luana machst. Und falls Lia bei dir übernachten möchtest oder du bei ihr, werden wir eine Lösung für diese Nacht finden. Wenn Lia da ist, kann Luana auch zu jemand anderen gehen. Mach dir deshalb keine Sorgen Noah. Wir werden dafür sorgen, dass sich Lia bei uns wohl fühlt!", versichert ihm Nathan. Und ich frage mich erneut, was so besonders an Lia ist. In was für einem Verhältnis stehen Lia und Noah, damit sich alles nur um sie dreht?
"Okay wir können es versuchen, aber wenn es nicht klappt, dann möchte ich das wir eine andere Lösung finden", verlangt Noah genervt.
"Natürlich Noah und das gilt natürlich auch für dich Luana. Wenn du dich bei Noah überhaupt nicht wohl fühlst, dann finden wir eine andere Lösung. Aber ich möchte das ihr es beide wirklich versucht. Ich finde es ist die beste Lösung. Das Rudel wird sich wohl fühlen, wenn sie wissen, das Luana bei dir ist Noah. Deswegen möchte ich, dass ihr es ein paar Monate zusammen versucht und dann reden wir nochmal darüber. Ist das für euch beide so akzeptabel?", seine strenge Mine macht uns beiden klar, dass wir eigentlich keine Wahl haben. Gezwungenermaßen nicken wir beide, vereint in dem Wissen, dass es nicht klappen kann.
"Ach und Luana, ich möchte dich gerne am Freitag Abend im Rudel begrüßen. Wir würden gerne ein kleines Fest für dich Veranstalten, wenn das für dich in Ordnung ist", fällt Nathan noch ein. Unsicher nicke ich.
Ich stehe zwar nicht gerne im Mittelpunkt, aber mir ist bewusst, dass ich da durch muss, damit mich das Rudel kennen lernen kann.
"Super, dann lasse ich alles vorbereiten", freut sich Nathan.
Wir verabschieden uns von Nathan und Noah führt mich nach oben in sein Zimmer.
"Willst du deine Sachen aus Sam's Zimmer holen? Dann organisiere ich solange schon mal ein Bett", Noah sieht aus, als bräuchte er einen Moment für sich, weshalb ich gerne einwillge und mich schleunigst aufmache zu Sam's Zimmer. Er reagiert sofort auf mein Klopfen und bittet mich herein. Wir tauschen uns kurz über die neue Situation aus und Sam zeigt viel Verständis für unsere Situation. Anschließend hilft er mir meine Sachen in Noahs Zimmer zu bringen. Noah sitzt auf einem Stuhl und schaut uns nachdenklich zu. Wir stellen die Taschen in die Mitte des Raums. Sam schaut zwischen Noah und mir hin und her.
"Braucht ihr noch was?", fragt er in die Stille hinein.
Noah schüttelt den Kopf.
"Okay, dann lasse ich euch Mal alleine. Wenn ihr was braucht, ihr wisst wo mein Zimmer ist", verabschiedet er sich und lächelt mir nochmal aufmunternd zu. Ich erwidere sein lächeln und schaue ihm hinterher. Eine eisige Stille breitet sich zwischen uns aus. Keiner wag es etwas zu sagen. Wir starren beide ins Nichts. Bis Noah tief Luft holt und die Stille bricht: "Mir gefällt es nicht, auf meine Privatsphäre zu verzichten und ich denke dir geht es ähnlich. Aber ich habe jetzt lange über die Alternativen nachgedacht und ich muss meinen Vater Recht geben, es ist die beste Lösung. Ich will das wir es schaffen. Für das Rudel. Und wenn wir Glück haben, akzeptieren sie dich schnell und du bekommst ein eigenes Zimmer. Deswegen müssen wir irgendwie einen Weg finden, um miteinander aus zukommen!" Unglücklich fährt er sich durch die Haare und lässt sie verwuschelt zurück. Plötzlich wirkt er gar nicht mehr wie der arrogante Mistkerl, den ich so oft in ihm sehe. Er wirkt verzweifelt und verunsichert. Er tut mir fast schon ein bisschen leid, wie er da verloren in dem Stuhl sitzt und seine zusammenbrechende Welt versucht zusammenzuhalten.
Ich nicke, nicht wirklich überzeugt.
Noah sieht mich verzweifelt an.
"Ich sage nicht, dass es leicht wird. Aber wir schaffen das", erwidert Noah. Ich habe das Gefühl er versucht sich selbst davon zu überzeugen.
"Ja bestimmt", Stimme ich ihm unsicher zu.
"Ich habe dein Bett an die Fensterfront gestellt. Ich hatte das gefühl die gefallen die Fenster", wechselt Noah das Thema und deutet auf das besagte Bett. Ich nehme das Friedensangebot an und sage lächelnd: "Danke. Ja, der Platz gefällt mir gut."

Im Schatten des WerwolfsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt