~8~ Gut und Böse

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Langsam laufe ich in Richtung der Bäume. Ohne es zu wollen, beginnen die Tränen über meine Wangen zu fließen.
"Luana? Warte!", ruft mir plötzlich jemand hinterher.

Für einen kurzen Moment hoffe ich das es Noah ist, der sich Entschuldigen will. Aber ich erkenne sofort, dass es nicht seine raue Stimme ist, die mir hinterher ruft. Schnell wischen ich die Tränen weg und drehe mich um.
Valentin holt mit langen Schritten zu mir auf.
"Hey, alles okay?", fürsorglich sieht er mich an.
Ich zucke mit den Schultern, er würde mir wohl kaum glauben wenn ich ja sagen würde.
"Tut mir leid, dass ich dich zu dem Spiel überredet habe. Ich dachte das würde spaßig werden. Mir hätte bewusst sein sollen, dass es wohl nicht gut ist, wenn du mit Noah Wahrheit oder Pflicht spielst. Noah kann manchmal sehr unsensibel und direkt sein. Das darfst du ihm nicht übel nehmen, er ist einfach so", erklärt mir Valentin freundlich. Verwirrt sehe ich ihn an. Wieso nimmt er Noah in Schutz, dieser würde wohl nie so von Valentin reden...
"Ich weiß nicht... Ich glaube Noah mag mich nicht", gestehe ich und versuche nicht direkt wieder in Tränen auszubrechen.
"Bleib Mal stehen, wir sollten nicht weiter in den Wald laufen!", Valentin hält mich sanft am Arm fest. Ich bleibe stehe und schaue mich um, ich hatte gar nicht gemerkt das ich richtung Wald gelaufen war.
"Noah mag keine Neuen, das hat bestimmt nichts mit dir zu tun", versichert mir Valentin, kassiert dafür von mir aber nur einen ungläubigen Blick.
"Wie dem auch sei, ich werde garantiert nicht mehr auf die Party gehen!", bin ich mir sicher.
"Wirklich? Du musst ja nicht mehr Wahrheit oder Pflicht spielen. Wir können auch was anderes machen!", bietet mir Valentin fürsorglich an.
"Nein alles gut, ich will nicht, dass du wegen mir was anderes machst. Du kannst gerne wieder rein gehen und weiterspielen. Das macht mir nichts aus!" versichere ich ihm und Versuche dabei überzeugend zu klingen.
"Nein auf keinen Fall. Du bist völlig aufgelöst, ich sehe doch, dass du geweint hast. Wenn du nicht mehr hier sein willst, bringe ich dich nach Hause!", Valentins Stimme macht klar, dass er kein Nein hören möchte. Also nicke ich zaghaft.
"Okay, dann Frage ich kurz Madlin ob sie mitkommen möchte, oder ob ich sie später holen soll. Bleib bitte hier! Ich bin gleich wieder da", bittend sieht er mich an. Ich nicke einwilligend und Valentin läuft schnellen Schrittes weg. Ich habe ein schlechtes Gewissen, Valentin gegenüber, ich will nicht, dass er wegen mir jetzt gehen muss, aber er war sehr überzeugend gewesen. Wieso musste Noah auch nur so ein Arsch sein? Wieso interessiert ihn diese Frage überhaupt? Kann ihm doch egal sein, wieso ich hier bin!

"So wir können gehen, Madlin will noch etwas bleiben. Ich hole sie später", Valentin ist etwas außer Atem, aber er war auch echt schnell gewesen.
Ich nicke und folge ihm. Schweigend laufen wir durch die Straßen. Bis Valentin das Schweigen bricht: "Darf ich fragen, wieso dich die Frage so aufgebracht hat? Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst!"
Ich bleibe stehen und sehe Gedankenverloren in seine grauen Augen. Sofort bleibt auch Valentin stehen.
"Er hat mir die Frage schon öfter gestellt und nie sehr freundlich. Ich habe sie ihm nie beantwortet und ihm war bewusst, dass ich sie ihm so schnell wohl nicht beantworten werde. Deswegen hat er es über das Spiel versucht. Vermutlich dachte ich, dass ich unter dem Druck der Anderen Antwort würde", erkläre ich mich und beginne schon wieder zu weinen.
Valentin nimmt mich ganz langsam und vorsichtig in den Arm, er hält mich so sanft, dass ich mich jeden Moment aus der Umarmung reißen könnte, falls es mir zu viel werden würde. Doch seine Nähe und seine Ruhe beruhigen mich. Ich genieße seinen warmen Körper und seine sanfte Umarmung.
"Das war wirklich nicht fair von Noah", haucht mir Valentin verständnisvoll entgegen. Es tut gut daß er mich verstehen. Seid ich hier bin habe ich das Gefühl hier nicht zugehören und hier nicht reinzupassen. Nur Valentin und Madlin geben mir das Gefühl hier her zu gehören.
"Danke", ich winde mich vorsichtig aus seiner Umarmung.
"Wir sollten weiter laufen, damit du wieder auf die Party kannst", ich schaue Valentin tief in die Augen, um ihm zu zeigen, dass es mir besser geht und wir weiter können.
"Mach dir deswegen keine Gedanken. Ich brauche diese Party nicht. Es ist wichtiger, dass es dir gut geht. Ich kann mir vorstellen wie verwirrend, dass alles hier sein muss, für jemand Fremdes. Es gibt nicht oft Fremde die hier her ziehen. Um so argwöhnischer und unsympathischer sind die Einwohner zu Fremden. Wir sind es einfach nicht gewohnt!", erklärt Valentin mit sanfter Stimme. Wir laufen weiter. Ich bin hin und her gerissen. Valentin ist so verständnisvoll und zuvorkommend, ich habe das Gefühl, dass ich ihm alles anvertrauen könnte.

Im Schatten des WerwolfsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt