Kapitel 7 - Es ist ihre Leidenschaft

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Gestern war nicht mein Tag. Donnerstag, der 16.06.2022, war mein erster schwarzer Tag hier in Berlin. Warum schwarzer Tag? Ganz einfach, weil ich nicht ich selbst war. Angefangen mit dem üblichen Alptraum. Komischer Weise konnte ich zwar danach nochmal einschlafen, aber der nächste Alptraum ließ nicht lange auf sich warten. Insgesamt hatte ich vielleicht 90 Minuten Schlaf, wenn's hochkommt. Des Weiteren hat meine Herzinsuffizienz als auch die Depressionen gestern voll reingekickt. Ich hatte ein paar Anfälle, aber nichts gravierendes, dass man nen Krankenwangen rufen musste. Schon früh am Morgen hatte ich Danny geschrieben, dass heute kein guter Tag wird und er war direkt zu mir gekommen. Er hatte ganz schön zu kämpfen mich wieder zu beruhigen. Ich hab ihn sogar geschlagen, doch er hat es ertragen und mich einfach an sich gedrückt. Dabei hätte er jeder Zeit Jojo anrufen können. Denn auch mein bester Freund hätte mir geholfen, mich irgendwie wieder zu beruhigen. Doch Danny wollte nicht. Er war den ganzen Tag bei mir und war die ganze Zeit ruhig und verständnisvoll, wofür ich ihm unglaublich dankbar war.


„Ich hasse mich an solchen Tagen. Es fühlt sich an als wäre ich wie fremdgesteuert. Nicht bei Sinnen. Ich schätze Danny dafür, dass er es mit mir aushält. Ich weiß nicht was ich ohne ihn gemacht hätte", berichte ich meiner Therapeutin Dr. Linda Reichelt. Diese nickt verständnisvoll und schreibt auf ihrem Block mit. „Immerhin verstehst du deine Taten an solchen Tagen. Das ist der richtige Weg", meint sie. Ich senke den Kopf: //Wenn's doch nur so einfach wäre!// „Hat nur Danny was abbekommen?", fragt sie mich jetzt und ich hebe wieder den Kopf.


Doktor Linda Reichelt ist meine Psychotherapeutin, die mir dabei helfen will/soll, die letzten Monaten zu verarbeiten. Schon als ich noch in der Rehaklinik war, hatte sie sich meiner angenommen. Sie hatte der Selbsthilfegruppe der Klinik beigewohnt und gemerkt, dass das nicht das Richtige für mich war. Darum hat sie mich in Einzeltherapie genommen und ich bin ihr irgendwie dankbar dafür. Dr. Reichelt hatte von Anfang an eine riesige Geduld mit mir. Zudem war sie so verständnisvoll, dass es mir leicht fiel mit ihr zu reden. Sie meinte, die Verarbeitung von Verlusten ist zeitaufwendig. Aber solange es mir gut tun würde, wäre ich jeder Zeit in ihrer Praxis in Berlin willkommen. Und so komme ich einmal die Woche her und rede mit ihr. So wie ich es sonst nur mit Danny, Lisa, Jessica oder Jojo könnte.


„Nein. Bevor er kam, hatte ich schon 5 Tassen zerschmissen und ein Kissen musste auch daran glauben", gestehe ich ihr. „Aber du stehst dazu, oder?", sieht sie sich weiter fragend an. Ich nicke: „Ja, denn immerhin habe ich dadurch weder mich noch Danny verletzt. Und das hätte noch mehr geschmerzt." Dr. Reichelt nickt: „Du bist auf einem sehr guten Weg. Und ich bin mir sicher, du wirst dich auch anderen bald wieder öffnen." „Glauben Sie wirklich?", sehe ich sie unsicher an. Doch die Frau greift bestärkt nach meiner Hand. „Ganz sicher. Und ich freue mich schon auf unsere nächste Stunde. Die Zeit ist schon wieder um." „Okay. Dann bis nächste Woche", verabschiede ich mich und stehe von der Couch auf. „Melde dich vorher", meint Dr. Reichelt als sie mich zur Tür begleitet. Daraufhin nicke ich ihr zu: „Mach ich", und verlasse die Praxis.


„Da ist sie ja. Heyy Dee!", ruft eine Stimme als ich aus dem Gebäude komme. Ich drehe meinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kommt. Am Straßenrand steht ein weißer Volvo, um welchen Coco, Lukas und Danny stehen. Als mein Blick den meines Bruders trifft, sehe ich leicht zu Boden. „Jetzt komm schon her", ruft er jedoch und ich sehe wieder hoch. //Ich schäme mich immer noch wegen gestern//, gestehe ich mir und gehe langsam auf die Drei zu. Sobald ich neben Danny stehe, nimmt er mich in den Arm als wäre gestern nie passiert. Ich lege ebenfalls meine Arme um ihn, obwohl ich weiter dieses schlechte Gewissen habe. „Dann wollen wir mal. Alles einsteigen", unterbricht Lukas die Situation und setzt sich auf den Fahrersitz. „Ja. Los geht's", freut sich Coco und steigt auf der Beifahrerseite ein. Mein Bruder öffnet mir die Tür und ich setze mich auf die Rückbank. Danny schließt die Tür, geht ums Auto herum und setzt sich, hinter Coco, auf die Rückbank. Kaum sind alle angeschnallt, fährt Lukas auch schon los. Während mein Blick, durch die Scheibe, auf die Umgebung fällt, dreht Coco das Radio lauter. Die Blondine auf dem Beifahrersitz vibt zur Musik. Lukas klopft den Takt auf dem Lenkrad mit. Doch ich reagiere nicht auf die Musik sondern schaue weiter aus dem Fenster. Da legt sich eine Hand auf meine, die auf meinem Oberschenkel liegt. Ich sehe erst kurz runter und dann drehe ich den Kopf zu Danny, der mich anlächelt und meine Hand in seine nimmt. „Heyy. Du musst dir wirklich keine Gedanken wegen gestern machen. Es ist alles okay, solange dir nichts passiert ist", lehnt sich mein Bruder mir entgegen. Ich nicke und erwidere leise: „Na gut. Ich versuch's." Da ertönt plötzlich der Song ‚Ride It' von Regard.

How to live with a broken Heart - A Jacob Rott FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt