Kapitel 15 - Mein Sohn ist tot, für immer!

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Die Katzen versammelten sich alle ziemlich schnell. Mondkratzer ließ sich nicht, wie gewohnt direkt unter dem Sternenfels wieder, was viele Katzen bereits verwirrte. Ich sah schwermütig auf die stehenden Katzen nieder, keine wollte sich setzten wegen des feuchten Steines, so auch ich nicht. Ich zählte durch, waren wirklich alle da?
Zuerst vielen mir Nebelzahn und Wolkenjunge auf, diese entdeckte ich aber dann, wie sie von der Kinderstube aus, mit Sternschnuppenweg zusammen zu uns hinuntersahen. Dann fiel mir noch auf, dass Nusshorn, Schlammschweif und Dunstpfote fehlten. Eigentlich wollte ich nicht ohne sie anfangen, aber ich hatte keine Wahl.
„Es ist etwas vorgefallen", begann ich. Mondkratzer senkte den Kopf und so beschloss ich, es anders zu sagen, als es tatsächlich war. „Mondkratzer kam vor der Flut zu mir und sagte, dass er nicht mehr zweiter Anführer sein will." Verwirrtes und barsches Miauen erklang, dieses unterbrach ich aber mit einem Schwanzschnippen. „Er ist ein ehrenvoller Krieger und wird uns auch so noch gut dienen." Ich stoppte kurz, als ich merkte, dass Schlammfell zusammen mit den anderen zurückkehrten, sie hatten einen Schneehasen dabei.
„Es scheint eine Versammlung zu sein, setzt dich, Dunstpfote, ich bringe den Hasen weg." hörte ich Schlammschweif flüstern. Dunstpfote ging zu Ginsterpfote, der kurz mit ihm flüsterte, während Nusshorn sich neben Morgenfell niederließ. Dann fuhr ich mit meiner Rede fort: „Er tritt zum Besten seines Clans und seiner ungeborenen Jungen zurück. Er hat Angst, sich nicht mehr richtig um seine Pflichten kümmern zu können, wenn er sicher seine Jungen sorgt und dass er seinen Jungen dann zu wenig Aufmerksamkeit schenken würde. Ich finde das logisch, auch wenn es mich sehr schmerzt, wiedermal einen guten zweiten Anführer zu verlieren. Der Sternenclan verlangt von uns, dass ich vor Mondhoch einen neuen zweiten Anführer ernenne, und so soll es sein.
Ich erwähle meinen neuen zweiten Anführer im Angesicht von Mondkratzer, sodass es meine Wahl billigen kann. Auch unter den wachsamen Augen des Sternenclans spreche ich diese Worte, mögen auch sie mir zustimmen.
Den von diesem Augenblick an wird Pumakralle der neue zweite Anführer des Erdclans sein.
Auf dass deine Clangefährten dich respektieren mögen, wir ehren deine Erfahrenheit und deine Geschicklichkeit."
Als ich geendet hatte, erklang zuerst nur zustimmendes Gemurmel, dann wurden die Rufe immer lauter:
„Pumakralle!"
„Pumakralle!"
„Pumakralle!"
„Pumakralle!"
Ich begab ich vom Sternenfels hinab und beobachtete zufrieden meine Clangefährten, die sich um Pumakralle scharrten und ihn beglückwünschten. Für einen Moment vergaß ich die Prophezeiung von Flut und Feuer und fühlte mich sicher und geschützt.
Der Clan wuchs, wir hatten noch genug zu essen und gute Krieger. Nichts würde uns aufhalten können!
Dann verkrampfte sich wieder mein Herz. Lichtstern, was würden ihre Jungen tun, wenn sie ihr im Kampf begegneten?
Und was wär mit Wolkenjunge, der laut Moospfote gelben Husten hatte?
Was war, wenn meine Höhle überflutet wurde, wen ich schlief?
Was wäre, wenn ein Krieger des Bachclans noch in der Nacht durch die Tunnel angreifen würde?
Was wird nur aus mir und Nebelzahn, empfindet er etwas für mich?
Ja! Es musste einfach so sein! Es musste einfach sein!
Und wie sollte ich das zwischen mir und ihm regeln, wen ich doch Anführerin eines Clans war?
Würden wir je zusammen Junge bekommen können?
Ich schüttelte den Kopf, dies war ein schöner Moment, ich durfte ihn nicht mit meinen Sorgen verderben. Ich war noch wackelig auf den Pfoten, trotzdem schob ich mich durch die Menge und beauftragte Krallensturm und Frostpfote, mir ein Paar starke Stöcke und mir Nestmaterial zu hohlen. Danach sprang ich mühsam von Fels zu Fels, hinauf zu Nebelzahn, wo ich dann erschöpft und zitternd liegen blieb. Nebelzahn leckte mir zärtlich ein paarmal übers Ohr, während Wolkenjunge freudig um mich herum, sprang.
Alleine das lohnte schon die Mühe, des Aufstieges.
„Wie geht es dir?", fragte Nebelzahn und berührte zärtlich meine Wange. In diesem Moment waren die Zweifel, ob Nebelzahn überhaupt etwas für sie empfand, komplett weggewischt. Sie liebte ihn und er liebte sie. Sie beide liebten Wolkenjunge, nur das zählte. Nur das Hier und Jetzt, nichts anderes.
„Mir gehts s gut, danke", antwortete ich.
„Komm, lass uns in die Kinderstube gehen. Hier draußen ist es kälter und ich habe Angst, dass Wolkenjunge herunterfällt." Ich nickte und erst jetzt fiel mir auf, wie kalt mir war und dass ich mich nur wegen der Anstrengungen zitterte. „Ich bin nicht mehr so jung, dass ich so blöd wäre, mich den Abhang hinter zu stürzten!" meckerte Wolkenjunge, während sie hinter ihr und Nebelzahn in die Kinderstube trottete. Ich schnurrte amüsiert und Nebelzahn seufzte, doch auch er konnte sei schnurren kaum unterdrücken.
Dann fiel mir ein, dass ich sie endlich zur Schülerin ernennen musste! Sie war letzten Mond sechs Monde alt geworden! Ich würde mein Versprechen halten und Nebelzahn zu ihrem Mentor machen. Mir war gar nicht so recht aufgefallen, wie groß sie schon war. Vielleicht war es ja auch so, weil ich Angst hatte, dann nicht mehr so viel Zeit mit Nebelzahn verbringen zu können wie jetzt. Er war nach Wolkenjunges Training dann sicher erschöpft, genauso wie ich nach Frostpfotes, dann hätten wir nicht mehr wirklich Zeit für einander. Ich wurde traurig, doch meine Stimmung hellte sich sofort wieder auf. Ich und Nebelzahn lagen zusammengerollt, gemeinsam mit Wolkenjunge, in einem Nest. Was ich für die Zukunft vielleicht nicht bewahren konnte, könnte ich für den Moment genießen. Ich schloss die Augen und ehe ich mich versah, befand ich mich schon im Land der Träume.
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Ich befand auf, ich befand mich auf einer Wiese. Meine Glieder waren von der Kälte ganz steif, weshalb ich sie dehnte. Währenddessen entdeckte ich Mondblüte, ihre grünen Augen musterte mich. „Sei gegrüßt, Mondblüte!" miaute ich und neigte respektvoll den Kopf. Mondblüte starrte mich an, in ihrem Augen lag so viel Schmerz, doch sie sprach kein Wort. „Was ist?", fragte ich besorgt.
„Er, er ist weg! Du hättest es verhindern können!" ihre Stimme wurde verbitterte und tränen rannen aus ihren Augen. „MEIN SOHN, mein Sohn ist tot, für immer! Er ist tot." Ich sah sie verwirrt an, SternenclanKatzen konnten doch gar nicht sterben! Ich versuchte mich an seinen Namen zu erinnern, doch er fiel mir einfach nicht ein. Es war sehr beängstigend von mehr oder weniger meinen eigenen Augen angestarrt zu werden, gelesen zu werden.
„Du erinnerst dich nicht einmal an seinen Namen! Er wurde vergessen! Und wen man vergessen wird, ist man TOT! Auch im Sternenclan! Sein Name war Dunkelherz, DUNKELHERZ! Aber warum sollte er für dich auch wichtig sein? Er war ja nur mein Sohn, MEIN SOHN!" Ihre Worte waren zu einem wütenden Kreischen untergegangen, mit dem sie sich nun auf mich stürzte. Sie zerriss meine Flanke und mein Rückenfell, ich konnte nichts tun, mich nicht bewegen. „HÖR AUF!", jaulte ich entsetzt und Blut spuckend. „Das ändert nun auch n ich's mehr!" Doch sie machte immer weiter. Mein Fell war nur noch wenige fetzten, als sich plötzlich eine Gestalt von hinter mir auf Mondblüte warf. Ich erkannte sie sofort, auch wenn ich sie noch nie gesehen hatte. Es war Erde!
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Mein Fell war von Blut getränkt. Meine Augen weit aufgerissen vor Schmerz. Ich zitterte und merkte erst nach einigen Augenblicken, dass mich Wolkenjunge und Nebelzahn verängstigt ansahen. „Was?", brachte ich mühsam heraus. „Du brauchst einen Heiler!", jaulte Nebelzahn. „Schnell, Wolkenjunge, renn und hohle Moospfote!" Wolkenjunge machte sich sofort auf den Weg. Ich bekam nur schwer Luft, das Entsetzen über das, was Mondblüte getan hatte, verkrampfte noch immer mein Herz.
Würde ich sie je wieder in meinen Träumen sehen?
Wollte ich sie je wieder in meinen Träumen sehen, nachdem was heute passiert war?
Mein Atem ging schnell, ich bekam kaum noch Luft und meine Wunden brannten noch immer. Vorsichtig kam Nebelzahn auf mich zu gelaufen. Er legte sich neben mich und beschnupperte dann meine Wunden. „Wie geht es dir, Dunkelstern? Warum bist du verletzt?" miaute er sanft. Ich hustete Blut, meine Luftröhre brannte, als ich antwortete: „Es, es geht. Es war, Mond, Mond ..." Dann brachte ich nichts mehr heraus. „Mondkratzer?" Fragte Nebelzahn entrüstet. Ich versuchte, meinen Kopf zu schütteln, bekam es aber nicht hin. „Er muss hier gewesen sein, als ich zur Morgenpatrouille aufgebrochen bin und Wolkenjunge unten war, um sich mit Ginsterpfote einen Vogel zu teilen! Ich kümmere mich darum, versprochen!" Damit sprang er auf und rannte aus der Höhle. Ich wollte ihn aufhalten, aber konnte es nicht. Ich sah gerade noch, wie Moospfote durch den Eingang der Höhle stolperte, dann verfiel ich wieder dem Schlaf.

Das nächste, was ich spürte, war Fell unter mir, ich bekam es kaum hin, meine Augen zu öffnen, aber als ich es schaffte, erkannte ich fast nichts. Dafür steig mir der Geruch von Pumakralle und Krallensturm umso stärker in die Nase. Sie unterhielten sich flüsternd, während sie mich transportierten. Dann wurde ich Sand auf Moos abgelegt und der intensive Geruch von Kräutern überflutete mich. „Dunkelstern?", miaute Moospfote vorsichtig. War ich im Heilerbau? Es musste so sein, aber wie kam ich herunter?
„Dunkelstern?", wiederholte Moospfote. Ich röchelte ein Antwort, mein Kopf blieb auf dem Moos liegen. Ich hatte keine Kraft, ihn zu heben.
„Was hast du bloß getan?", zuerst wusste ich nicht, was er meinte, bis ich den Geruch von Blut wahr nahm, nicht mein Blut, das Blut von Nebelzahn. Ich roch ihn in einem Nest neben mir. „Er hat einen Kampf mit Mondkratzer angefangen und ihn beschuldigt, dich so zugerichtet zu haben, dabei ging das gar nicht! Während er auf Patrouille war, hat Mondkratzer mir hier ausgeholfen. Nebelzahn hat gesagt, er wüsste es von dir!" Ich hörte, wie Moospfote tief durchatmete. „Aber das zählt jetzt erst mal nicht, hier, iss." er schob mir eine Maus hin, sie roch seltsam nach Kräutern. „Ich habe die Kräuter in die Maus gemacht, damit du wenigstens etwas im Magen hast und es auch angenehmer ist, sie zu essen, aber lass dir Zeit, deine Wunden sehen stark aus." Ich nickte innerlich und fügte im Stillen hinzu: „Wäre Erde nicht gekommen, um mich zu retten, wäre ich jetzt vielleicht nicht mehr unter euch."

Es vergingen Tage im Heilerbau und allmählich ging es mir besser. Moospfote sagte aber, ich solle hier bleiben, wenn wieder eine Flut käme, könnte ich mich nicht wehren. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen, ich hatte Laubstern vergessen! Aber das war jetzt erst einmal unwichtig.
Ich durfte aus Moospfotes Höhle raus und auch vor die Höhle, durfte aber nicht jagen und patrouillieren. Moospfote hatte Angst, dass die Wunde dann wieder aufreißen würde. Nebelzahn ging es besser, aber er hatte schlimme Wunden vom Kampf davon getragen, während Mondkratzer und ein paar leichte Verletzungen hatte, derentwegen er nicht einmal zum Heilerbau musste. Mit grauen erinnerte ich mich an die Unterhaltung, die ich mit Mondkratzer, Moospfote und Nebelzahn hatte führen müssen, nachdem ich und Nebelzahn fit genug waren:
„Nebelzahn, du hattest mich falsch verstanden, aber das ist auch nicht wirklich verwunderlich. Du wolltest einen Schuldigen, aber die Schuldige ist schon längst tot, es geht um Mondblüte. Sie hat mich besucht, in meinen Träumen, seit ich mich dem Finsterclan angeschlossen habe. Ihr Sohn ist verblasst, er hieß Dunkelherz. Sie gab mir die Schuld. Dann ist sie auf mich losgegangen und nur Erde hatte sie zurückhalten können. Als ich aufgewacht bin, hatte ich kaum genug Kraft zu sprechen, ich brachte nur Mond heraus und Nebelzahn hatte die, für ihn, einzig sinnvolle Schlussfolgerung gezogen, es musste sicher Mondkratzer handeln. Es tut mir leid, ich wollte ja etwas machen, aber ich konnte nicht."
Mondkratzer hatte mich angestarrt, seine Augen bleich und leer vor Zorn und Trauer, ich könnte schwören, er hat mich in Gedanken verflucht. Dann hat er sich umgedreht, hatte gesagt: „Ich gehe jagen, aber keine Sorge, ich komme wieder, ich bin noch immer ein treuer Krieger." Er war aus der Höhle gerannt und hatte einen verwirrten Moospfote zurückgelassen.
Ich streckte mich, ich sollte keine Gedanken mehr daran verschwenden. Es waren noch vier Tage bis Vollmond, ich sollte mich noch etwas ausruhen. Als ab und zu mal Wolkenjunge hereinkam, wenn Moospfote weg war, weil er es ihr verboten hatte, erzählte er, dass Pumakralle, mit der Unterstützung von Mondkratzer alles hinbekam. Ein paar Tage später hat er gesagt, dass er Mondkratzers Hilfe nicht mehr benötigt.
Da kam Moospfote auf mich zu getrottet und miaute: „Du darfst wieder in deinem Bau schlafen, ich habe dafür gesorgt, dass Frostpfote und Rotpfote die Höhle so gut es geht abdichten. Und du musst Wolkenjunge endlich zur Schülerin ernennen, sie ist schon ganz zappelig!"
„Wie geht es Nebelzahn?", fragte ich. Moospfote legte den Kopf schief, bevor er antwortete: „Er wird meinen Bau morgen verlassen können." Ich nickte: „Gut."
Dann erklang ein besorgtes Miauen, es gehörte Ginsterpfote: „Moospfote! Moospfote du hattest doch gesagt, Wolkenjunge hätte sich vom Husten erholt und sogar daran gezweifelt, dass er überhaupt einen hatte!
Moospfote, komm schnell! Wolkenjunge bewegt sich nicht mehr!"

Dunkelstern, schwarze Kätzin das schwarz wirkt fast blau, mit grell grünen Augen
Nebelzahn, Kater mit langen, verstrubbelten dunkelgrauen Haar und orangen-braunen Augen
Wolkenjunge, kleine weiße Kätzin mit schwarzen Pfoten, Schwanzspitze, Ohrenspitze und türkisenen Augen
Mondkratzer, weiße Kater mit grauen Tiegermuster und Mondfarbenen Augen
Pumakralle, roter Kater mit orangenen Tigermuster und gelben Augen
Frostpfote, weiße Kätzin mit frostigen blauen Augen 
Krallensturm, brauner Kater mit dunkelbraunem Tiegermuster und gelb-orange verwischten Augen
Mondblüte, graue Kätzin mit grell grünen Augen
Erde, hellbraune Kätzin mit dichtem Fell und gelben Augen
Moospfote, brauner Kater mit grauem Tiegermuster und sanft orangenen Augen.
Ginsterpfote, brauner Kater mit weißem Tiegermuster und Bernsteinfarbenen Augen

Dunkelmond's Entscheidungen / Die Entstehung der Clans / Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt