Kapitel 11

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„Mile, wir wissen wie aufgelöst du bist und wie schwer dir das alles fällt, aber du solltest das Ganze mit Jeff nicht so nah an dich heranlassen. Es wird immer jemanden geben, der uns in den Rücken fällt oder uns enttäuschen wird. Wir verstehen dich, aber wir bitten dich, nicht außer Kontrolle zu geraten. Wir möchten dich nicht verlieren", durchdrangen Tong's Worte seinen Kopf.

„Ihr versteht mich? Das glaube ich nicht. Ihr wisst, wie wichtig Jeff mir gewesen ist und was wir die letzten Jahre gemeinsam durchgemacht haben. Wie könnt ihr das so schnell vergessen? Wie könnt ihr Abends einfach so ins Bett gehen und nicht darüber nachdenken? Jungs, w-wir — wir haben so viel gemeinsam erlebt und ich kann wirklich nicht glauben, wie schnell ihr darüber hinweg kommen könnt. Er war wie mein kleiner Bruder, den ich beschützen wollte. Ich dachte zumindest, dass es für euch genauso gewesen ist. Aber wäre er euch mindestens genauso wichtig gewesen, dann hättet ihr verstehen können, wie ich mich die letzten Wochen gefühlt habe. Wie ich mich jetzt fühle und nicht aufhören kann, darüber nachzudenken, Rache zu nehmen. Für euch ist das alles viel zu einfach, aber für mich nicht. Ich muss dafür kämpfen Abends einzuschlafen und hoffen, die Nacht keine Albträume zu bekommen. Denn jeden, jeden einzelnen Tag muss ich darüber nachdenken, dass Khun Apo heute vielleicht nicht mehr hier wäre. Ich war nicht bei ihm und wegen mir, wegen mir hat der Verräter unter uns, dass tun können, was er wahrscheinlich schon sein ganzes Leben lang tun wollte. Jeff wollte dich erschießen, Nodt, doch Khun Apo hat sein Leben riskiert. Ein Leben für sein eigenes riskiert. Ich kann hier nicht einfach stillsitzen und nichts tun. Ich werde Rache nehmen, auch wenn das mein Tod bedeuten könnte!"

Nodt und Tong waren sprachlos und folgten den Worten ihres Freundes, welches tiefe Narben in ihnen verursachten. Sie konnten beide nicht wahrhaben, dass Mile ihnen dies unterstellte. Beide hatten ebenfalls damit zu kämpfen, über das alles hinwegzukommen. Mile war nicht der Einzige, der enttäuscht wurde. Der einen Freund verloren hatte, der ihnen alles bedeutet hatte, nur am Ende von ihm belogen, verraten und enttäuscht zu werden.

„Es reicht!", erwiderte Tong laut und kämpfte gegen seine Tränen.

Mile hielt inne, ließ seine Augen von links nach rechts wandern, bis er mit seinen glasigen Augen in Tong's starrte und sich nicht mehr von ihnen lösen konnte, während er mit zittriger Stimme sprach.

„D-Du kannst uns das n-nicht so unter die Nase reiben, n-nicht so und nicht auf diese Art und Weise! Setz nicht diese Karte aufs Spiel, denn du weißt, dass das nicht stimmt, Mile! Du weißt, wie wichtig Jeff uns gewesen ist, wir haben dasselbe durchgemacht. Vielleicht nicht auf die Art, wie du, aber uns geht es auch nicht gut damit. Wir versuchen nur unsere Gefühle wegzustecken und nach vorne zu sehen, weil wir es uns nicht erlauben können, daran kaputt zu gehen. Wir haben eine Mission, Mile, das weißt du! Wir haben einen Auftrag, den Auftrug die Leute zu beschützen, die uns dieses Leben ermöglicht und geschenkt haben. Du kannst nicht in unsere Herzen sehen und uns dann sagen, dass wir nicht leiden. Verdammt, wir haben genau so sehr gelitten und tun es immer noch. Wir stecken es nur weg, weil wir keine Schwäche zeigen dürfen. Wir dürfen keine Schwäche zeigen, Mile, sonst riskieren wir alles damit und verlieren diesen Kampf. Hast du Nodt überhaupt einmal gefragt, wie es ihm ergangen ist? Wie er sich gefühlt hat, nachdem er die letzten Worte mit Jeff ausgewechselt hat? Es zerstört ihn, jeden Tag aufs Neue. Also hör auf mit diesem Geschwätze und wag es ja nicht, uns so etwas zu unterstellen. Wir haben ihn genauso sehr geliebt, Mile, wir haben ihn auch geliebt. Er war auch unser Bruder, er war unsere Familie!"

Tong machte eine Pause, atmete schwer und wischte sich die Tränen vom Gesicht, bevor er erneut die richtigen Worte suchte und weiter sprach.

„Also reiß dich jetzt gefälligst zusammen und tue das, was unser Boss dir sagt! Khun Apo ist deine Verantwortung. Wenn dir dieser Auftrag misslingt, dann verlieren wir nicht nur Jeff, sondern auch dich. Bitte tue uns das nicht an, Mile. Ich bitte dich nur um dies, nur um das."

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