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Zwei Tage später übernahm ich eine Tagschicht statt Nachtschicht. Ich brauchte Schlaf, daher hatte ich mit wem getauscht. Dafür dass es Tag war, war nicht viel mehr als Nachts los. Doch die Tankstelle war sowieso schon so heruntergekommen, dass ich diesen Laden selbst nicht mal freiwillig betreten würde.

An einer der Tanksäulen kam ein Auto zum Stehen, dieses Auto erkannte ich sofort.
,,Du musst auch schon tanken, das ist kein Parkplatz'' entgegnete ich ihm, nachdem er hereingekommen war. Grinsend packte er sich eine Süßigkeit und kam zur Kasse.
,,Dafür kauf ich ja was, um den Saftladen zu unterstützen.''
,,Du kannst froh sein, dass nur du an den Säulen gerade stehst.''

,,Warum bist du überhaupt hergekommen, wenn du nicht tanken musst?'' fragte ich ihn.
,,Anders bekommt man dich ja nicht zu Gesicht'' schmollte er schon.
,,Ich kann nichts dafür, dass ich - ''
,, - arbeiten muss, jaja. Und was ist mit den ganzen Extraschichten? So nötig hast du das Geld doch auch wieder nicht oder ist dir Geld inzwischen wichtiger als dein bester Freund, huh?'' neckte er mich. Grinsend schüttelte ich den Kopf.

,,Das du überhaupt noch hier arbeitest. Wärst du nicht hier würde ich die Straße nicht mal befahren.''
,,Ist ein entspannter Job'' zuckte ich mit den Schultern.
,,Überfallen zu werden nennst du also entspannt? Du bist definitiv durch mein Freund.''
,,Das war kein richtiger Überfall'' entgegnete ich ihm gelassen.
,,War der Typ nicht bewaffnet?''
,,Und das willst du woher wissen?'' fragte ich.
,,Stand in den Nachrichten'' zuckte er mit den Schultern.

,,Tüte?'' fragte ich, er schüttelte seinen Kopf.
,,Außer du packst dich selbst ein und kommst mit mir mit'' grinste er.
,,Die Schicht geht noch drei Stunden, ich kann nicht einfach früher abhauen.''
,,Laaangweilig'' rief er.
,,Wann bist du zu so einem Spießer geworden, früher musste ich nur einmal fragen'' schmollte er erneut. Beim Wörter früher stiegen mir die Nackenhaare jedes Mal an, egal in welchem Kontext dieses Wort benutzt wurde.

Selbst Nick wusste bis heute nicht, was sich zwischen Clay und mir abgespielt hatte. Er hatte Clay nur als das betrachtet, wofür alle anderen ihn auch hielten - ein Typ mit dem ich etwas hatte. Nick war nur froh gewesen, dass ich urplötzlich bei allen Kämpfen dabei sein wollte. Dass ich immer dort sein wollte, wobei es nichts für mich gewesen war. Ich hatte ihm von all dem aber auch nie erzählt, da ich nicht wollte, dass er sich Sorgen machte. Er wusste, dass ich angeschossen wurde, doch nicht dass es Clay gewesen war.

,,Wann bist du zu so einem Spießer geworden, früher musste ich nur einmal fragen''  er hatte recht. Klar, es waren inzwischen andere Zeiten, doch im Großen und Ganzen gab ich mein Leben den falschen Sachen hin. Nick sah ich nur noch selten und wenn ich ihn sah, dann auch nur, weil er zu mir gekommen war. Auch jetzt war er nur meinetwegen wieder hergekommen.

,,Okay.''
,,Huh?'' machte er.
,,Ich schließe den Laden früher.''
Seine Augen fingen schon an zu funkeln.
,,Ein wahr gewordener Traum, hab ich schon Geburtstag?'' rief er um sich.
,,Fahr dein Auto an die Straße, bevor noch andere kommen und tanken wollen'' entgegnete ich ihm.

,,Mach ich'' kicherte er schon wie ein kleines Kind vor sich hin und ich sollte durch gewesen sein? Ich machte alles dicht und begab mich zu ihm nach draußen, ehe ich einstieg und er losfuhr.
,,Und wohin gehts jetzt?'' fragte ich.
,,Zu dir natürlich'' grinste er.

~

,,Du warst aber auch mal ordentlicher'' kam es von ihm, nachdem wir meine Wohnung betreten hatten. Es war jetzt nicht unbedingt wirklich unordentlich oder dreckig, doch für meine Verhältnisse schon. Ich hatte immer großen Wert auf eine saubere Umgebung gelegt, doch inzwischen nicht mehr ganz. Zugegeben war es bis vor wenigen Monaten noch viel schlimmer. Zum Glück hatte ich ihn unter keinen Umständen zu der Zeit hereingelassen.

Er machte sich auf meiner Couch breit, während ich uns etwas zu trinken aus dem Kühlschrank holte, ehe ich mich zu ihm begab. Um ehrlich zu sein war ich froh mitgegangen zu sein, meine Motivation lag heute ziemlich weit unten.

,,Ich hab Mitch getroffen'' entfuhr es mir. Er richtete sich auf und starrte mich an.
,,Was, echt? Wo das denn?' fragte er neugierig. 
,,Er kam vor zwei Tagen in die Tankstelle.''
,,Und? Worüber habt ihr gesprochen? Kämpft er immer noch?'' Er war noch immer so vernarrt in dieses ganze Zeug.
,,Nicht viel. Er kämpft schon was länger nicht mehr, er hat eine Tochter'' erzählte ich ihm.
,,Krass, Mitch als Vater? Crazy.''

Von unten schallten wieder der ganze Krach nach oben.
,,Seit wann wohnen hier Kinder?'' fragte Nick verwundert.
,,Seit vorgestern'' seufzte ich.
,,Normalerweise würde ich um diese Uhrzeit schlafen. Jetzt kannst du dir vorstellen, dass ich es bei dem Krach vergessen kann, weshalb ich auch meine Nachtschicht getauscht habe.'' Ich wollte nicht wissen, wie schwer es die Nachbarn unter ihnen hatten, wenn ich es von oben schon so sehr mitbekam.


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Ich glaube die Ff wird bestimmt um die 30-40 Kapitel haben. 👀

Soft; but not my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt