Kapitel 5.

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Mit einem vollgepackten Koffer, einem riesigen Becher Kaffee und einem Jack-Russell-Terrier unterm Arm machte sich Paul an diesem Morgen auf den Weg zum Studio. Er hatte in der vergangenen Nacht nicht besonders gut geschlafen, da Apollo die ganze Nacht nach draußen musste. Paul war sich sicher, dass er mindestens zwanzig Mal mit ihm draußen gewesen war. Lag es möglicherweise am Futter? Nein, das schien unmöglich. Vielleicht spürte sein Hund einfach, wie nervös Paul in diesem Moment war.

Außerdem hatte er heute Morgen gewaltig verschlafen. Normalerweise stand Paul immer gegen sieben Uhr auf, aber heute wachte er erst um acht Uhr auf. Das bedeutete, dass er unter enormem Stress stand, um rechtzeitig aus der Wohnung zu kommen. Da sein Lieblingscafé erst um neun Uhr öffnete, musste er sich einen viel zu teuren Kaffee bei Starbucks holen.

Die Vorfreude auf die bevorstehende Reise war groß, aber leider war die Angst, etwas falsch zu machen, genauso stark. Apollo begann langsam unter seinem Arm zu zittern, also nahm er den kleinen Hund an die Leine und ließ ihn neben sich herlaufen, bis sie endlich beim Studio ankamen.

Dort warteten die anderen bereits, und es schien, als würden sie nur noch auf Paul warten. Verdammt, hatte er so schlimm verschlafen? Dem Gesichtsausdruck der anderen nach zu urteilen, hatte er das wohl getan.

"Hey, tut mir wirklich leid, Leute. Bin ich zu spät?" fragte er, komplett außer Atem. Ein Lächeln huschte über die Gesichter seiner Freunde, außer bei Richard. Dieser sah ihn finster

"Kein Stress, Paul. Aber jetzt mach das du ins Auto kommst. Wir sollten echt so langsam mal losfahren", sagte Till und stieg ins Auto ein. Paul packte seinen Koffer und die Sachen für Apollo in den Kofferraum, bevor er sich in dem kleinen Van einen Platz suchte. Doch zu seinem Pech war der einzige Platz, der noch frei war, neben Richard. Und als dieser dies bemerkte, verdrehte er erst einmal genervt die Augen, bevor er ihm mit einem kleinen Kopfnicken deutete, dass er sich neben ihn setzen konnte. Doch er wirkte alles andere als erfreut darüber. 

Paul ignorierte das und schnallte sich erst einmal an, bevor er Apollo auf seinen Schoß hob und anfing, ihn zu kraulen. Er würde es schon irgendwie die nächsten Stunden neben diesem grummeligen Idioten aushalten, egal wie. Apollo rollte sich sofort auf seinen Beinen zusammen und schlief kaum eine Minute später ein. Grinsend legte Paul den Kopf auf die Seite, um aus dem Fenster zu schauen. Die an ihm vorbeiziehende Landschaft beruhigte ihn auf irgendeine Art und Weise; es sah so friedlich aus. Und dazu schneite es heute, was das gesamte Bild noch schöner erscheinen ließ.

Doch keine Sekunde später wurde seine neu gefundene Ruhe von einem Typen mit zurückgegelten Haaren gestört. "Wehe, der verdammte Köter klettert zu mir auf den Schoß", kam es plötzlich von Richard. Ein wenig geschockt und genervt zugleich drehte sich Paul zu seinem Sitznachbar um. "Keine Sorge, er legt sich zu niemand anderem außer mir. Du kannst also beruhigt sein", sagte Paul mit scharfem Unterton in der Stimme zurück. "Werd bloß nicht frech, Freundchen", sagte Richard mit grummelnder Stimme zurück.

"Hey Mädels, Zickenkrieg könnt ihr anfangen, wenn wir bei unserer Unterkunft angekommen sind. Es sei denn, ihr wollt euch die nächsten sieben Stunden da hinten auf der Rückbank fetzen, wobei ich nichts dagegen hätte", kam es plötzlich von Till, der ein wenig genervt von Richards erneut leicht aggressivem Verhalten war. "Passt mir nur bitte auf meine Gitarre auf, der Scheiß war echt teuer", sagte Oliver.

Na, das kann ja eine lustige Autofahrt werden, dachte sich Paul und wandte den Blick von Richard ab, um erneut aus dem Fenster zu sehen.

Die Stunden vergingen extrem langsam, und die Autofahrt zog sich immer mehr in die Länge, oder vielleicht kam es Paul auch nur so vor, da er merkte, wie er immer müder wurde. Doch er wollte nicht einschlafen, da sein Kopf mit Sicherheit gegen die Scheibe knallen würde, und darauf hatte er einfach keinen Bock. Sein Kaffee war längst alle, und er wusste, wenn er nicht in den nächsten zwanzig Minuten ein weiteres koffeinhaltiges Getränk bekommen würde, würde er auf diesem verdammten Sitz einpennen.

Apollo hatte sich mittlerweile zu Schneider auf den Schoß gekuschelt und ließ sich nun von ihm kraulen. Das machte er nicht bei vielen Menschen, aber Schneider hatte generell eine sehr beruhigende Aura, zumindest empfand Paul das so. Pauls Augenlider wurden immer schwerer und schwerer. Ab und zu kippte er sogar schon im Sekundenschlaf auf die Seite, was nichts Gutes bedeuten konnte. In seinem Kopf versuchte er, seine Kollegen durchzugehen, welcher von ihnen vielleicht einen Energydrink oder einen Kaffee dabei haben könnte.

Doch so wie es schien, litt keiner außer ihm an einer Koffeinsucht. Alle? Naja, ab und zu trank Richard eine Dose Red Bull, die Wahrscheinlichkeit, dass er also eine mithatte, war hoch. Nichtsdestotrotz war Richard der letzte Mensch, den Paul um Hilfe bitten wollte. Er würde ihm höchstwahrscheinlich eine reinhauen, wenn er ihn danach fragen würde. Also versuchte Paul, seine Müdigkeit einfach zu ignorieren.

Allerdings konnte er diese nicht allzu lange verdrängen, denn kaum zehn Minuten später wurden seine Augenlider immer schwerer und schwerer. Mit aller Kraft versuchte Paul, sich noch wach zu halten, doch seine Müdigkeit siegte, und somit schlief er einige Sekunden später ein.

Die Stunden vergingen, und als Paul nach einigen Stunden endlich aufwachte, versuchte er zunächst, seine Umgebung zu überblicken. Offenbar standen sie auf einem Parkplatz, da sich das Auto nicht bewegte. Sein Blick war noch verschwommen, und er konnte nicht viel erkennen, aber es schien, dass keiner der Jungs mehr im Wagen saß. Auch Apollo schien nicht mehr da zu sein.

Vielleicht waren sie gerade auf die Toilette gegangen oder so. Nach und nach klärte sich Pauls Sicht, und er bemerkte, dass er nicht an der kalten Fensterscheibe eingeschlafen war. Stattdessen lag er mit dem Kopf auf etwas Weichem und Angenehmriechendem. Es roch nach Sandelholz, Zeder und ein wenig nach Vanille. Verwirrt drehte Paul seinen Kopf nach links und richtete sich leicht auf.

Verwirrt stellte er fest, dass er auf Richards Schoß lag, und dieser schien es einfach zuzulassen. Richard war gerade am Handy und bemerkte zuerst nicht, dass Paul wach war. Nach einigen Sekunden schien er dies jedoch zu bemerken und richtete seine Aufmerksamkeit auf seinen Bandkollegen. Dann geschah etwas, das Paul nie erwartet hätte. Richard lächelte, wenn auch nur ganz kurz. Wow, dachte sich Paul. Er sieh wirklich schön aus wenn er nicht gerade mal wieder so grummelig ist.

Ein warmes Gefühl breitete sich in Pauls Magen aus, und ein warmer Schauer lief seinen Rücken hinab. Dennoch zeigte sich auf seinem Gesicht Ausdruck der Verwirrung. Warum ließ ihn Richard einfach auf seinem Schoß schlafen? Jetzt erst spürte Paul die Hand, die auf seiner Hüfte ruhte und mit dem Daumen leichte Kreise zog. "Richard, was machst du da?", fragte Paul noch im Halbschlaf verwirrt. Draußen hörte er Stimmen, die immer lauter wurden. Das waren die anderen, die nur noch wenige Meter vom Auto entfernt waren.

"Shhh, sei einfach still und schlaf weiter, Paulchen", flüsterte sein Gegenüber. Mit rasendem Herzklopfen folgte Paul den Worten des Größeren und legte sich wieder in seine Ausgangsposition auf dessen Schoß. Hatte er ihn wirklich wieder so genannt? Oder hatte er sich bloß verhört? Und wieso musste sein Herz bei dem Gedanken, dass er das hier nicht nur träumte, so verdammt schnell schlagen? 

Keine Minute später siegte die Müdigkeit erneut über ihn, und er schlief erneut auf Richard ein. Das letzte, was er hörte, war, wie die anderen zurück ins Auto einstiegen, bevor er wieder in den Schlaf glitt.

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Enemies? (Paulchard)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt