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Sie betritt das Penthaus und hängt ihre Jacke in die Garderobe. In der Hand ist ihr Kleid für die Hochzeit ihrer Cousine. Die große Schwester von Jamie, Andrea, heiratet den Mann, mit dem sie schon neun Jahre zusammen ist. Er wurde von ihrer Mutter ausgesucht. Arrangierte Ehen sind nicht gerade unüblich für ihre Familie. Sie freut sich es anzuziehen und vor allem freut sie sich, wenn Ricardo sie darin sieht.

Es ist lang, schulterfrei und glitzert wie tausend Diamanten. Sie hatte es sogar gemeinsam mit ihrer Cousine ausgesucht. Andrea ist wohl die Einzige in der Familie, die Nyx nicht verachtet. Sie liebt sie und das aufrichtig. Sie sehen sich nicht ganz so oft, weil sie zu ihrem Freund nach L.A. gezogen ist. Auch sie hatte das zwingende Bedürfnis raus aus der einnehmen High Society zu kommen. Der Etikette gerecht zu werden ist unfassbar anstrengend und mühselig. Sie schreibt Andrea gerade, dass das Kleid jetzt fertig ist und sie sich freut sie wieder zu sehen. „Nein, Dad, das kannst du nicht tun..." hört sie Nathaniel sprechen. Sie haben wohl nicht mitbekommen, dass sie nach Hause gekommen ist.

Sie hat den ganzen Tag mit Ricardo verbracht und war schon lange nicht mehr so entspannt in der Nähe eines Mannes. Sie hängt ihr Kleid, welches in einem schwarzen Kleidersackt geschützt liegt, über das Geländer und schleicht Richtung Wohnzimmer. Ihr Vater und Bruder stehen mit einem Glas Whisky in der Hand am Kamin und unterhalten sich leise. Das taten sie des Öfteren und schließen sie immer aus dabei. „Doch, natürlich kann ich." Nate legt seine Hand auf die Schulter seines Vaters. „Dad, sie ist zu jung dafür... Vor allem für ihn. Er ist mindestens doppelt so alt wie sie und nicht gerade einer von der einfachen Sorte..." Besorgnis schwingt in seinem Ton mit. So etwas hatte sie nie von ihrem Bruder erwartet. Sie weiß, dass die beiden über sie reden. Das taten sie andauernd. Aber noch nie war Nate gegen einen Vorschlag ihres Vaters, der einzig und allein gemacht wurde, um Nyx zu brechen.

„Du musst sie auch nicht erziehen." Nate lacht. „Ach, als ob du das jemals getan hast. Wir haben versprochen, dass wir auf sie achtgeben. Das du sie nicht sonderlich gern hast, ist mir und vor allem ihr bewusst. Aber sie mit dem Arschloch zu verheiraten ist nicht die Lösung für dein Problem. Er wird dasselbe tun, was Xander getan hat. Das weißt du." Alexander zuckt mit den Schultern. „Genau deswegen habe ich damals Xander ausgesucht. Sie war mit ihm endlich so wie sie sein soll! Und Franklin wird sie wieder auf die richtige Bahn bringen." ihr Herz rast.

Nicht vor Schock, dass man sie verheiraten will ist schließlich nichts neues, sondern vor Wut. Vor Wut, weil ihr Vater bewusst jemanden für sie suchte, der sie bewusst brechen sollte. Und das hat Xander geschafft. „Dad, wenn ich dich nicht gedrängt hatte ihn anzuzeigen wäre sie jetzt tot! Was ist mit dir los? Du gabst ein Versprechen, verdammt nochmal!" sie sehen sich wütend an. „Deine Gefühle für sie trüben dein Urteilsvermögen." Sagt Alexander schnippisch.

„Und deine nicht vorhandenen Gefühle für sie werden sie noch umbringen. Du bist doch krank!" eine Hand hebt sich und landet mit einem klatschen in Nates Gesicht. Nyx hält sich den Mund zu. „Vergiss nicht mit wem du sprichst. Wenn ich sage, dass sie ihn heiraten wird, dann wird sie das auch tun." Nate sieht seinen Vater provokant an. „Ich werde das verhindern. Ich werde nicht zulassen, dass sie noch einmal so verletzt wird wie damals." Alexander setzt sich in einen Sessel und sieht seinen Sohn so an, wie er sonst Nyx anschaut. Voller Verachtung und Hass. „Du kannst jetzt gehen." Nyx entfernt sich und geht wieder zur Treppe. Sie wartet auf Nate, der sie sieht und etwas unbeholfen umherschaut. „Nyxana, du bist zurück?" sie sagt kein Wort, nicht ein einziges. Sie sieht ihn nur an, geht auf ihn zu und legt ihre Arme um seine Taille. Er ist überrumpelt. Schon lange hatte er seine Schwester nicht mehr umarmt. Geschweige denn mit ihr gesprochen, ohne zu streiten. Die letzten Jahre war er alles andere als nett zu ihr. Er liebt sie, er liebt sie so sehr, dass es für einen Bruder schon nicht mehr normal ist. Solche Gefühle sollte man nicht für seine Schwester haben. Und aus diesem Grund ist er so ekelhaft zu ihr, in der Hoffnung, dass die Gefühle dann verschwinden.

Eine Träne läuft ihr die Wange runter. „Danke..." murmelt sie. „Vielen, vielen Dank..." erst jetzt versteht er, dass sie alles gehört hat. Er lässt den Sturm in seinem inneren zu, legt seine Arme um ihre Schultern und drückt sie an sich. „Ich meine es so wie ich es sage. Ich werde nicht zulassen, dass Dad dich mit diesem Arschloch von Franklin verheiraten lässt. Ich habe einmal weggesehen als man dir weh tat, das passiert nicht nochmal." Sie schluchzt. So in seiner Nähe zu sein, lässt ihr inneres Kind frei. Sie hat es vermisst, dass sich jemand um sie kümmert. Sie hat ihren Bruder vermisst. Und es scheint so, als wäre er wieder da.

„Wieso hasst er mich so? Was habe ich ihm getan?" er nimmt ihr Kleid und legt seine Hand an ihren Rücken. „Shh, nicht so laut. Komm, wir reden in meinem Zimmer." er sieht kurz Richtung Wohnzimmer wo klassische Musik zu spielen begonnen hat.

In seinem Zimmer angekommen schließt er die Tür, legt das Kleid über einen Sessel und setzt sich neben sie aufs Bett. Sie hat ihre Tränen schon getrocknet und sieht auf ihre Hände. „Wieso hast du mich verteidigt? Ich dachte, dass du mich genau so hasst wie Dad es tut." Er lächelt schwach. „Ich hasse dich nicht. Du bist einfach nur nervig." Sie lacht kurz. „Und wieso behandelst du mich dann immer so?" er zuckt mit den Schultern. Im Traum würde es ihm nicht mal einfallen ihr zu sagen, was der wahre Grund ist. Sie würde ihn auslachen, schreien, einweisen lassen. So glaubt er. „Ich denke ich war einfach eifersüchtig." Sie schaut ihn verwirrt an.

„Du warst eifersüchtig auf mich? Alle lieben dich, du wirst respektiert und man hört dir zu. Du bist ein Arzt! Was habe ich, auf das du eifersüchtig sein könntest? Sieh mich an. Ich passe nicht in die Familie, bin laut und aufbrausend und wenn ich auch nur den Mund aufmache, verdrehen mindestens zwei Leute die Augen. Mom hat uns meinetwegen verlassen, Dad konnte mich nie richtig leiden und auch du hast irgendwann angefangen mich fertig zu machen."

Er atmet tief durch und wagt es dann auch ihr in die Augen zu sehen. „Ich war eifersüchtig, weil jeder meiner Freunde mehr Interesse an dir hatten als an mir. Sie besuchten mich irgendwann nur noch deinetwegen, nicht meine meinetwegen. Sie fragen immer nur wie es dir ging, nicht wie es mir ging. Auch jetzt sehen dir so viele meiner Freunde hinterher und fragen dann nach dir. Es hat mich damals einfach fertig gemacht und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich dachte so wirst du mich meiden und damit auch meine Freunde. Hat aber nicht ganz so toll geklappt, denn als Rache für mein verhalten hast du mit meinem besten Freund geschlafen..."

Nun ist sie es die beschämt wegsieht. „Ja, das war nicht gerade meine tollste Aktion..."
Nate seufzt und legt einen Arm um ihre Schultern. "Nyx, das ist Jahre her. Wir waren beide dumm und impulsiv. Lass uns darüber hinwegkommen und uns auf das konzentrieren, was gerade passiert."

Sie nickt langsam und wirft einen Blick auf ihr funkelndes Kleid. "Was machen wir jetzt, Nate? Ich kann doch nicht einfach Franklin heiraten, nach allem, was passiert ist."

Nate zieht sie näher an sich. "Du wirst diesen Kerl nicht heiraten. Wir müssen einen Weg finden, um Dad zu überzeugen oder ihn auf andere Gedanken zu bringen."

Nyx schaut nachdenklich. "Vielleicht können wir ihm klarmachen, dass eine erzwungene Ehe nicht funktioniert. Aber wie?" Nate überlegt. "Vielleicht sollten wir versuchen, Mom ins Spiel zu bringen. Vielleicht kann sie Dad davon überzeugen, dass das keine gute Idee ist."

Nyx zögert. "Mom hat die Familie verlassen, Nate. Ich weiß nicht, ob sie uns überhaupt helfen würde." Nate nickt verständnisvoll. "Vielleicht haben wir noch andere Verbündete in der Familie. Wir müssen strategisch vorgehen."

Sie lehnt sich gegen ihn. "Ich bin froh, dass du auf meiner Seite bist, Nate. Ich habe dich wirklich vermisst." Nate lächelt leicht. "Ich habe dich auch vermisst, auch wenn ich es nicht immer zeige. Aber jetzt müssen wir stark sein und zusammenhalten."

toxic.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt