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Die Sonne scheint so herrlich durch das offene Fenster. Eine ganze Zeit beobachtete sie ihn, ließ ihren Blick über seinen nackten Körper gleiten.

Diese Nacht war alles andere als erholsam. Sie hat das Gefühl, als würde sich seine volle Länge noch immer in ihr befinden. Als ihre Smartwatch am Handgelenk zu vibrieren beginnt, drückt sie schnell den Knopf an der Seite. Cherry ruft an.

Leise steht sie auf, schnappt sich ihre Tasche und zieht sich sein Hemd über. Dann geht sie auf den Balkon.

,,Guten Morgen Cher..." ein schluchzen kommt durch das Telefon. ,,Cherry? Was ist los?" noch immer ein schluchzen. ,,Baby, rede mit mir. Was ist denn?" sie beginnt stärker zu weinen.

,,Cherry, was ist los? Du machst mir Angst!" und dann schwindet das schluchzen. Es ist nur noch dumpf zu hören. Jemand atmet. Ein schweres, raues atmen. ,,Hallo?"

Dann ein Lachen. Das Blut in ihren Adern friert ein. ,,Hallo meine schöne..." sie sagt nichts. Sie kann nicht. ,,Ich sagte doch, dass ich zurück komme."

,,Was hast du mit Cherry gemacht?" viele, unzählig viele Szenarien schießen ihr durch den Kopf. Und alle enden gleich: mit dem Tod. Nyx sieht durch das Fenster ins Schlafzimmer, wo Ricardo noch immer friedlich im Bett liegt und ruhig atmet. ,,Ach, nichts besonderes. Hier ein Finger gebrochen, da den Fuß. Das übliche. Kennst du ja." er lacht schamlos.

,,Lass sie gehen. Ich komme zu dir. Das ist es doch was du willst, nicht wahr?" ihr wird schwindelig. Kälte umhüllt sie und anschließend Dunkelheit. Sie steht in einer Pfütze, es tropft von den Rohren der Decke. Sie hört einen schrei. Immer noch in Ricardos Hemd rennt sie los, sucht den Raum von dem der Schrei kam.

Sie rennt und ihre Füße tun weh. Dann wieder ein Schrei, ein Schuss und dann, nichts. Sie steht da, ganz still, die Hände vor dem Mund und versucht ihren Herzschlag zu beruhigen.

Sie sieht ein Licht, es flackert. Sie geht darauf zu. Blut, überall ist Blut auf der Folie. Ein Mädchen mit rotem Haar sitzt auf einem Stuhl, regungslos. ,,Cherry?" Vorsichtig streckt sie ihre Hand dem Mädchen entgegen, berührt den kalten Körper an der Schulter der dann nach links kippt und vom Stuhl fällt.

,,Nein!" sie kniet sich zu ihr auf den Boden, nimmt die Gestalt in der Ecke war. ,,Ricardo, hilf mir!" er steht nur da und lacht stumm. Beobachtet sie, wie sie verzweifelt versucht ihre Freundin zurück ins Leben zu holen.

Dann wird sie an den Armen gepackt und weggezogen. ,,Nein! Lass mich los! Xander lass mich los! Nein!!!"

,,Nyxana, beruhige dich!" braune Augen sehen sie besorgt an. Weiße Laken umhüllen sie. Die Sonne scheint durch die Fenster. Sie kann das Rauschen der Wellen hören. ,,Ricardo?" er lächelt leicht. ,,Es ist alles gut. Das war nur ein Traum." sie legt ihre Hand an die Stirn und schließt die Augen.

,,Tut mir leid." ,,Das braucht es nicht." Sie setzt sich auf und sieht ihn schwach an. ,,Du träumst öfter schlecht. Du träumst von ihm, richtig?" sie nickt. ,,Vielleicht brauchst du professionelle Hilfe deswegen."

Sie sieht ihn kurz an, dann wieder auf ihre Hände die sie noch lebhaft mit Blut beschmiert vor Augen hat. ,,Das hilft auch nicht mehr. Ich bin schon zu verkorkst." sie lacht leicht. ,,Na dann passt das ja, ich stehe auf verkorkste Mädchen..."

Er zieht sie auf sein Schoß und gibt ihr ein Kuss auf die Stirn. ,,Was ein Glück für mich." sie legt ihre Lippen auf die seine, ganz vorsichtig. Ein ungutes Gefühl macht sich in ihr breit. Es gefällt ihr nicht, dass er diese Seite von ihr jetzt schon gesehen hat. Wird er gehen? Wird ihm bewusst werden, dass sie zu viele Päckchen mit sich trägt?

,,Sieh mich nicht so verwirrt an, meine schöne. Ich werde dich nicht gehen lassen. Versprochen." erst als er das sagte, realisierte er, was er sagte. Sein Herz beginnt schneller zu schlagen. Wie kommt er nur auf die Idee, so schnell so ein Versprechen zu geben was er nie halten kann?

,,Erzählst du mir von dem Traum?" fragt er sie, während sie verträumt mit seinen Haaren spielt. Die kleinen Locken zwischen ihre Finger nimmt und das Gefühl genießt.

,,Ich war hier, auf dem Balkon. Du lagst im Bett und hast geschlafen. Cherry rief an. Sie weinte. Und dann war da dieses Lachen...." sie sieht ihn nicht an. ,,Er hatte sie. Er tat ihr weh, so wie mir damals. Und im nächsten Moment stand ich in einem Keller, es war dunkel und kalt. Ich bin gerannt und gerannt und dann stand ich in einem Raum wo Cherry tot auf einem Stuhl saß. Und dann, warst du da. Du standest einfach nur da und hast gelacht. Du hast mich angesehen und gelacht als ich mich zu ihr kniete und überall an mir Blut war. Und als ich an den Armen gegriffen und weggezogen wurde, wurde ich wach."

Sie schaut ihn wieder an. Seine Gesicht ist angespannt. Er wusste, dass das was sie sagte sie innerlich auffrisst. Sie hat das Gefühl, wenn auch unbewusst, dass er sie im Stich lassen würde. Und das schlimmste ist, dass das auch passieren wird sobald er das Kind gefunden hat, was er schon so lange sucht.

,,Nyxana, glaubst du, dass ich dich verletzen werde?" fragt er doch sie antwortet nicht. ,,Nyxana, ich habe dich was gefragt." sie atmet tief durch. ,,Eigentlich nicht." ,,Was heißt eigentlich?"

,,Ich sehe deine Narben, Ricardo. Ich sehe, wie deine Hände aussehen wenn du mir sagst, dass du bei deiner Tante ist Spanien warst. Ich bin nicht dumm, ich kann eins und eins zusammen zählen. Ich glaube nicht, dass du mich verletzen wirst. Aber ich weiß, dass du mich belügst. Ich weiß nicht was bei dir los ist, es ist vielleicht auch besser, wenn ich es nicht weiß. Aber ich sehe, dass du innerlich leidest. Du frisst alles in dich hinein, bist so voller Kummer. Lüg mich bitte nicht mehr an. Wenn du irgendwo hin musst, oder keine Zeit für mich hast, dann sag, dass es nicht geht. Aber bitte lüg mich nicht an. Ich ertrage es nicht, wenn mich noch eine Person belügt die mir wichtig ist."

,,Okay, ich werde dich nicht belügen. Aber nur, wenn du mich machen lässt und keine Fragen stellst." sie nickt. ,,Habe ich doch bis jetzt auch." er greift an ihren Hinterkopf, zieht sie an sich und küsst sie leidenschaftlich. Solche Gespräche schaffen ihn. Er hat eigentlich gar keine Kraft für so etwas wie eine Beziehung. Aber es ist zu spät, er lässt sie nicht mehr gehen...

toxic.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt