[ 14 ] - Freunde

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A R A Z

»Willst du wirklich so lange hier draußen auf sie warten?«, fragt mich Nikolai mit einem gelangweilten Blick von der Seite. Wir stehen gerade direkt vor dem Restaurant, in dem sich Valeria und Aviel schon weit etwas längerem befinden und blicken durch das Schaufensterglas. So, dass beide uns nicht bemerken.

»Würdest du das gleiche nicht auch für Elena tun?«, gebe ich zurück. Als Antwort sieht er mich nur finster an, bevor er sarkastisch sagt: »Ich hab den Typen, der sich an Elena rangemacht hat verprügelt. Vielleicht wäre das ja eine Lösung für dein Problem.«, er zuckt mit den Schultern.

»Glaub mir, ich würde nichts lieber tun als das.«, knurre ich. Und es ist die absolute Wahrheit. Ich will, dass Aviel dafür büßt sich einfach zu nehmen was mir gehört. Ich würde ihm gerne schlimme Dinge antun, doch es ist noch zu früh dafür. »Aber ich kann nicht.«, sehe ich ihn endlich an. »Ich kann das auch für dich tun.«, schlägt er vor. Ich verrolle die Augen. »Dann würde er sofort merken, dass ich dahinter stecke, du Psycho.« Manchmal hakt es ihm echt an Intelligenz. Zumindest nur wenn Damien gerade nicht da ist.

»Du bist mindestens genau so ein Psychopath wie ich.«, grinst er. Und er weiß, dass er Recht hat. Ich würde noch immer alles für sie tun, egal wie psychopatisch es auch sein mag - ich meine, wen interessiert es, ob ich ein Soziapath bin, wenn ich Valeria vor allem Unheil ( aka Aviel ) beschützen kann? Ich werde Aviel, diesem Bastard schon noch zeigen, dass er sich nicht einfach so nehmen kann, was mir gehört - und schon gar nicht, dass er damit auch noch davonkommen wird. Ich werde ihn zu Grund und Boden stampfen, bevor ich mir meine Valeria wieder zurück hole.

»Wie läuft's eigentlich mit Elena?«, weiche ich vom Thema ab. »Sie ist angepisst von mir.«, seufzt er, als er sich an sein Auto lehnt. Warum wundert mich das nicht? »Was hast du gemacht?«, lache ich. »Ich weiß auch nicht. Es ist einfach — «, fängt er an, doch hält plötzlich inne, sobald seine Augen durch das Schaufenster des Restaurants schweifen. »Ist wohl gerade kein guter Zeitpunkt.«, »Was? Warum?«, frage ich und drehe mich um.

Ich verstehe sofort, was er meint - Valeria ist gerade auf den Weg zum Ausgang des Restaurants. Ich blicke sofort alarmiert zu Nikolai zurück. »Dann lasse ich euch mal alleine.«, zwinkert Nikolai, woraufhin ich ihm dem Mittelfinger zeige. »Sicher, dass ich dich nicht fahren soll? Ist ja schließlich deine Karre.«, frage ich ihn. »Schon okay. Hauptsache du beschädigst sie nicht.«, sagt er mit Sarkasmus in seiner Stimme, bevor er in die andere Richtung verschwindet.

Ich widme meine ganze Aufmerksamkeit Valeria, als ich sie durch den Ausgang gehen sehe. Doch sie ist nicht alleine. Aviel ist bei ihr. »Verdammter Wichser.«, murmel ich zornig vor mich hin, als ich die beiden beobachte, wie sie noch miteinander reden. Was glaubt er, wer er ist?!

»Komm ich fahre dich nach hause.«, sagt Aviel und lächelt sie dämlich an, was meine Wut nur noch mehr zum kochen bringt. Das reicht. Ohne nachzudenken komme ich den beiden näher, sodass ich nun direkt vor ihnen stehe.

»Das wird nicht nötig sein.«, versuche ich so ruhig wie möglich zu klingen, um nicht zu explodieren. »Ich fahre sie.«, ich deute auf Nikolai's Auto. Aviel gibt mir einen Todesblick, und ich muss mich dazu zwingen, nicht zu lachen. Pech gehabt, Arschloch.

»Das ist doch kein Problem für dich?«, sehe ich ihn triumphierend an. »Natürlich nicht.«, lächelt er, doch ich kann ganz genau das lodern in seinen Augen erkennen, was mich noch mehr amüsiert. »Mach's gut, Valeria.«, lächelt er, als er seinen Blick zurück zu ihr wendet. »Tschüss, Avi. Und danke für heute.«, lächelt sie zurück, was mich wieder wütend macht. Avi? Er lächelt sie ein letztes mal an, bevor er seine Augen kurz zu mir fahren lässt und zu seinem Auto geht.

Kurz nachdem Aviel verschwunden ist, dreht sich Valeria endlich zu mir um. »Danke.«, flüstert sie. »Gerne.«, antworte ich sanft. »Steig ein, dilê.«, sage ich, als ich die Tür zum Beifahrersitz für sie öffne. Bei dem letzten Wort zuckt sie etwas zusammen. Erinnert sie sich daran? Wie ich sie auch früher so genannt habe?

Sobald sie eingestiegen ist, tue ich das gleiche, bevor ich den Motor starte und auch schon losfahre.Während der Fahrt bemerke ich, wie sie versucht ein Gespräch einzuleiten, zögert jedoch.

»Wie war es?«, fange ich also stattdessen an, um ihr die Mühe zu ersparen - auch wenn ich wirklich nichts von ihrem Date mit diesem Bastard wissen will. »Gut.«, antwortet sie kurz und knapp, doch ich kann die Nervosität in ihren Augen gut erkennen. »Araz ... «, sagt sie plötzlich. »Ja?«, drehe ich mich nun zu ihr um. »Warum machst du das?«, ist das einzige, was aus ihr herauskommt. Um dich vor diesem Wichser zu beschützen.

»Warum mache ich was?«, frage ich und tue so, als ob ich keine Ahnung davon habe, wovon sie redet. »Warum bist du erst im ersten Moment so distanziert und im nächsten dann auf einmal wieder nett zu mir?«, bricht ihre Stimme etwas.
Scheiße. Sie ist so verzweifelt. Wegen mir. Ich mache sie traurig. Ich bringe sie immer wieder in Verlegenheit. Ich bin so ein Idiot. Ich verdiene sie nicht einmal - doch Aviel noch lange nicht.
»Valeria ... «, sage ich leise und ich wünschte ich könnte es ihr sagen. Ich wünschte ich könnte ihr die ganze Wahrheit sagen.

»I-ist schon okay, vergiss es einfach.«, schüttelt sie den Kopf, als sie bemerkt, dass ich ihre Frage nicht beantworten werde - obwohl der wahre Grund dafür ist, dass ich ihr die Wahrheit einfach nicht sagen kann. »Weil ich mit dir befreundet sein will.«, sage ich hastig ohne nachzudenken.
Was sage ich da? Ich will ihr Freund sein? Wie kann man nur so am Thema vorbeigehen?

»Was?«, fragt sie, als sie den Kopf zurück zu mir dreht und mich irritiert ansieht. Ich bin so dämlich. »Tut mir leid. Der einzige Grund, warum ich manchmal distanziert war, ist dass du die kleine Schwester meines besten Freundes bist.«, versuche ich mich irgendwie zu retten. »Aber in Wahrheit wollte ich mehr.«, ich blicke direkt in ihre wunderschönen saphirgrünen Augen und muss etwas schmunzeln, als ich bemerke dass ihre Wangen einen leichten pinken Ton annehmen.

Es muss klappen. Ich muss sie dazu bringen mir zu glauben, denn erst dann würde ich mich bereit dazu fühlen, ihr die Wahrheit zu sagen. Die komplette Wahrheit - zwar nicht sofort, doch wenigstens wären wir dann einen Schritt näher dran. »Araz — «, fängt sie leise an. Bitte hör auf. Hör auf, mich mit diesen traurigen Augen anzusehen. Ich halte es einfach nicht aus, sie so sehen zu müssen. Ich habe mir versprochen ihr immer meinen Schutz zu bieten und nun sieht sie mich so an, als wäre ich ein Fremder. Es macht mich so fertig.

»Ich weiß, was du sagen willst.«, unterbreche ich sie flüchtig. »Als ich realisiert habe, dass du bereits Aviel hast, dachte ich zwischen uns kann es ... freundschaftlich werden.« Diese Verzweiflung in meiner Stimme. Scheiße, ich bin so armselig. Sie muss wohl denken, ich hab 'ne Macke. Es ist kurz Still im Auto. Scheiße. Habe ich es verbockt? Nein, nein, nein! Das darf nicht passieren. Ich werde sie um keinen Preis an Aviel verlieren.

»Ist gut.«, antwortet sie unerwartet. Das ging ja schnell. Ich blicke alarmiert zu ihr herauf. »Wir können Freunde sein.«, lächelt sie, woraufhin ich nicht anders kann, als sie ebenfalls anzulächeln. Diese Frau fasziniert mich einfach. Das hat sie damals als ich sie das erste mal gesehen habe und das tut sie auch heute noch. Und bald wird sie wieder zu mir finden, sobald ich mir Aviel aus dem Weg geschaffen habe.

GebundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt