[ 20 ] - Aviel & Araz

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A R A Z

Avi: Ich warte um 18 Uhr Zuhause auf dich. Ich schicke dir die Adresse.

Und diese einzige Nachricht hat dazu geführt, dass ich nun wutkochend in Fabio's Auto sitze — obwohl ich nicht einmal die geringste Ahnung davon habe wo er oder Valeria sich gerade befindet, doch das einzige woran ich denken kann, ist Aviel.

Dieses Mal habe ich mir jedoch ein T-Shirt übergezogen, damit das Arschloch mich wenigstens ernst nimmt, wenn ich ihm die Fresse einschlage. Denn in diesem Moment kann ich an nichts anderes denken, als daran wie ich ihm am besten weh tun könnte.

Also starte ich ohne noch eine weitere Sekunde zu zögern den Motor und fahre drauf los. Ich brauche mir nicht mal die Nachricht anschauen, auf der Aviel's Adresse zu sehen ist. Ich hatte in meiner Vergangenheit einfach zu viel und zu oft mit ihm zutun.

Nach einigen weiteren Sekunden, in denen ich schweigend im Auto sitze, während ich mit hoher Geschwindigkeit zu Aviel's Adresse fahre, merke ich plötzlich dass ich endlich da bin.

Es ist schon eine ganze Weile her, seitdem wir beide nicht so tun mussten, als würden wir uns gar nicht erst kennen. Als wären wir Fremde.

Ich hätte nicht gedacht, dass ich ihm je wieder so vor die Augen treten würde. Früher haben wir uns gut verstanden. Er war die Person, an die ich mich wenden konnte — mal abgesehen von Azad und Nadim, meinen besten Freunden. Doch nun ist alles ganz anders.

Vor einem Jahr

Ich nehme Valeria's weiche Hände in meine und schaue auf sie herunter. Sie ist so schön, wenn sie schläft. Doch natürlich ist mir das bereits bekannt.

Ich habe sie nämlich geheiratet und somit keine einzige Chance verpeilt, ihre perfekten Gesichtszüge in jeder Sekunde des Tages beobachten zu können.

Wie konnte es nur so weit kommen? Sie hat das nicht verdient. Sie war der liebreizendste Mensch, der mir je unter die Augen gekommen ist. Es hätte jemanden treffen sollen, der das genaue Gegenteil von ihr ist. Jemanden, der ein verdammtes Arschloch ist und sie nicht verdient hat. Jemanden, wie mich.

Es klopft unerwartet an der Tür. Rapide wende ich meinen Kopf nach hinten, ohne Valeria's Hand loszulassen. Ich werde sie nie mehr im Stich lassen.

Ist es Fabio? Ein Arzt? Doch es kommt ganz unerwartet. Denn vor mir steht nun mein alter Freund Aviel.

Als ich vor einigen Tagen erfahren habe, dass Valeria im Koma liegt, habe ich ihm nichts davon erzählt.

»Aviel?«, flüstere ich. Er sieht mich nur mit einem leeren Blick an. »Was ist los?«, frage ich, da er noch immer keine Reaktion zeigt.

»Ich will sie.«, »Wen?« Seine Augen leuchten. »Valeria«, ist seine einzige Antwort. Das kann er unmöglich ernst meinen.

Ich sehe ihn irritiert an. »Was meinst du?«, »Weißt du noch, als wir uns das erste Mal mitten auf der Straße kennenlernten? Bevor ich dir ein Dach über dem Kopf und warme Mahlzeiten gewährleistet habe?«, fängt er unaufgefordert an. Ich stutze. »Ja, was ist damit?«

Er schnaubt. »Du warst so hilflos, so allein.« Was bitte redet er da? »Aviel, was — «, »Und genau das ist es, was mich so an dir angezogen hat.«, »Was?« Er grinst. »Deine Hilflosigkeit. Ich will dich noch einmal so sehen.«

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