[ 18 ] - Rot

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A R A Z

Alter 10

Wieder höre ich die Schritte. Bitte nicht. Alamiert erhebe ich mich von meinem Bett und eile ohne nachzudenken erneut in den Kleiderschrank. Ich mache mich auf das gefasst, was gleich passieren wird, denn mein Onkel findet mich immer, wenn ich mich vor ihm im Schrank verstecke. Und es gibt dabei keine Ausnahme. Ich reiße ruckartig die Schranktür auf und setze mich hinein, bevor ich sie wieder schließe.

Bitte finde mich nicht. Bitte geh wieder weg. Bitte fass mich nicht an. Bitte tu mir nicht weh.
Kaum wird die Tür von jemandem aggressiv aufgeschlagen, höre ich meinen Onkel gereizt knurren: »Verstecken bringt dir nichts, Araz. Komm sofort raus, bevor ich dir den Schädel einschlage.«

Ich zucke ängstlich zusammen, als ich spüre wie mein Herz immer schneller pocht. Bitte hör auf. Bitte hör auf. Bitte hör auf.

Ich höre seine lauten Schritte immer näher kommen und obwohl ich ihn in der Dunkelheit nicht sehen kann, weiß ich genau dass er nun direkt vor meinem Schrank steht.

Ich halte meine zitternde Hand vor meinen Mund, damit mir bloß kein Geräusch aus den Lippen entrutscht - auch wenn mir bewusst ist, dass er mich hier drin wahrnehmen kann.
»Ich gebe dir drei Sekunden, um da raus zu kommen.«, sagt er ungeduldig.

Ich traue mich gar nicht nachzufragen, was dann passieren würde, also fahre ich meine noch immer zitternden Hände zur Schranktür, doch zögere sie zu öffnen. »Eins.«, knurrt er, was mich zum zusammen zucken lässt. Sollte ich sie öffnen? Ich habe solche Angst.

»Zwei.«, seine Stimme wird immer lauter und zorniger. Es würde doch sowieso keinen Unterschied machen, ob ich sie öffne oder nicht, denn es würde aufs gleiche Ergebnis hinausfolgen - er würde mich verprügeln. Ich atme tief durch, bevor ich die Tür mit einem ruck öffne. Mein Onkel steht direkt vor mir mit flammenden Augen.

Das zittern in meiner Stimme ist gut zu hören. »B-bitte -«, ich keuche vor Schreck auf, als er mich urplötzlich am Arm packt und mich aggressiv aus meinem Schrank zerrt. Nein!

Ohne die Chance darauf irgendetwas sagen zu können, landet er einen harten Schlag mit seiner Faust in mein Gesicht, sodass ich durch die Wucht nach hinten auf den Boden falle. Auf Anhieb fasse ich an meine Lippe. Sie ist aufgeplatzt. Es geht los.

Plötzlich packt er mich so am Kragen, dass ich ich nun wieder auf meinen Füßen stehe. Ich bin wie gelähmt und kann absolut nichts gegen diesen Riesen unternehmem. Ich bin machtlos. Stopp. Stopp. Stopp.

Als ich wahrnehme, wie er sich vorbeugt um mir einen weiteren Schlag zu verpassen, versuche ich mich selber zu schützen indem ich mir die Arme vor's Gesicht halte, doch ich merke schnell dass es nutzlos ist, denn anstatt mein Gesicht weiter zu verunstalten, zielt er mit seiner Faust direkt auf meinen Bauch.

Wo ist Ismail? Hört er uns etwa nicht? Warum hilft er mir nicht? Wieso schaut er immer wieder nur weg? Wie kann er so herzlos sein? Wieso bin ich ihm so egal geworden? Wie konnte das passieren?

Ich versuche hektisch nach Luft zu schnappen, während ich nach hinten taumle. Mit meinem Rücken knalle ich sanft gegen die Wand. Er kommt mir mit langsamen Schritten näher und ich kann eine Mischung aus Ekel und Zorn zugleich in seinen dunklen Aufen erkennen.

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