[ 21 ] - Kuchen

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A R A Z

Als er vor etwa einem Jahr zu Valeria ins Krankenhaus gekommen war, hätte ich anders reagieren sollen, als ich es tat.

Ich will Valeria, erinnere ich mich an seine Worte. Warum habe ich zugestimmt? Warum habe ich zugelassen, dass er sich einfach so das nehmen kann, worauf er keinen Zugriff hat?

Ich hätte ihm ins Gesicht spucken sollen, um ihm klarzumachen, dass ich der einzige Mann bin, der Valeria — meine Ehefrau — haben könne.

Selbst wenn sie mich nicht mehr will, werde ich alles tun, um sie wieder für mich zu gewinnen. Denn wer sonst wäre ihrer würdig? Auf jeden Fall nicht Aviel.

Wir sitzen gerade in einer unangenehmen Stille mit genügend Abstand, sodass ich nicht sofort auf ihn losgehen würde, auf seinem Sofa.

»Also«, räuspert er sich. »Was willst du?«, »Ich dachte, ich habe mich bereits klar genug ausgedrückt«, sage ich mit fester Stimme. »Verpiss dich«, hisse ich.

Seine Augen treffen auf meine. »Und dann was? Du traust dich doch sowieso nicht, ihr die Wahrheit zu sagen.« Ich will ihm aufs Maul hauen.

»Das heißt trotzdem nicht, dass du sie jemals dazu bringen könntest sich in dich zu verlieben«, lächel ich provokant. »Du bist höchstens nur ein guter Freund für sie — Nein, ein Zeitvertreib«, korrigiere ich und schaue ihm tief in die Augen.

Ich kann seine Unsicherheit spüren. »Denn egal, was du sagst, ich war vor dir da und werde auch immer ihre erste Wahl sein.«

Er lacht nervös, wie ein verdammter Snob. »Das glaubst du doch selber nicht. Sie wird mich wählen.« Der Wichser will es echt nicht kapieren, hm?

»Das sagt vielleicht ihr Gefühl. Sie verhält sich nur so, weil du ihr so auf die Pelle gerückt bist, wie ein verdammter Hund. Du läufst ihr immer hinterher, kein Wunder, dass sie sich so bedrängt fühlt«, lache ich. »Im Kopf glaubt sie, dass sie dich liebt, doch ihre Augen sprechen eine völlig andere Sprache.«

Dieser verdammte Autounfall kann absolut nichts an der Art ändern, wie sie mich anschaut. Sie strahlen noch genauso wie als ich sie zum ersten Mal gesehen habe und sie mir direkt ins Gesicht geblickt hat. Mir. Kann man das glauben? Sie hat wirklich jemandem wie mir ihre Aufmerksamkeit geschenkt.

Und als wir dann Stunden lang in dieser Bar saßen und ich nicht aufhöre konnte, ihr dabei zuzuhören, wenn sie angefangen hat zu reden. Ich könnte den süßen Klang ihrer Stimme auf Dauer abspielen und mir würde nie davon langweilig werden.

Ich merke plötzlich Aviel's angepissten Blick. Ich verkneife mir das Grinsen, welches sich unbedingt auf meine Lippen schleichen will. So gut er auch schauspielern mag, mir kann er nichts anhaben. Ich kann jede seiner Handlungen lesen. Ich durchschaue sie.

»Es ist mir egal, ob du mich finanziell noch unterstützt oder nicht — Ich scheiß auf dein drecks Geld«, ich erhebe mich vom Sofa, ohne meinen Blick von ihm zu entfernen.

»Halte dich einfach nur von meiner Ehefrau fern.« Sonst wirst du darum betteln, dass ich dich umbringe, um dich von deinem Leid zu erlösen, will ich noch sagen, doch tue es nicht.

Es ist mir Recht, ob ich für Mord ins Gefängnis komme. Denn was habe ich noch zu verlieren, wenn es Aviel's Leiche ist, die mich in diese Situation bringt?

Ich muss mir keine Sorgen um Valeria machen. Selbst wenn ich für den Rest meines beschissenen Lebens einsitzen müsste, würde ich sie von meiner Zelle aus begehren und von ihrer Zärtlichkeit träumen.

Und so sehe ich ein letztes Mal in seine erbärmliche Miene, bevor ich mich endlich zurück zur Haustür bewege und diese zuknalle, sobald ich einen Fuß nach Draußen setze und den Drang unterdrücke, noch einmal da rein zu gehen und diesen Bastard zurecht zu prügeln.

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