5. Des Stimme Trüge

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Dazai's Sicht:

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"Oh Mann!" 

stöhnte ich ungeduldig, während ich auf dem Sitz von Chuuya's Motorrad hin und her wippte. Wie lange brauchte Chuuya denn noch?! Er sollte doch nur kurz rein und die Umgebung nach Gegnern absuchen, um mich anschließend wieder abzuholen und nicht alles im Alleingang erledigen und dafür hundert Jahre brauchen.

 Meine Beine wurden langsam wirklich müde, je länger ich vor der Tür herumstand, und Chuuya's Motorrad kippte um, als ich mich hinsetzte und mich ausruhen wollte. Ich hatte weder die Kraft noch die Lust, es aufzurichten. 

Außerdem amüsierte mich der Gedanke an Chuuya's wütendes Gesicht, wenn er sein ach so tolles Motorrad umgeschmissen mitten auf dem Weg sehen würde. Doch ehrlich gesagt, Chuuya brauchte verdächtig lange dafür, alles immer so schnell wie möglich zu erledigen. Wurde er etwa in einen Kampf verwickelt? 

Ich sah unschlüssig zu Boden und dann wieder zur Tür, nicht sicher, ob ich trotz Chuuya's Anweisungen gehen sollte. Einerseits hatte Chuuya Recht; seine ultimative Fähigkeit wäre in einer Schießerei weit effektiver. Andererseits war es gar nicht typisch für Chuuya, so lange für einen kurzen Umgebungscheck zu brauchen.

"Chuu...ya?" fragte ich schließlich in das Gebäude hinein. "Chuuuuya!" Doch keine Antwort. "Mhmpf..." Etwas beleidigt wandte ich mich ab und sah frustriert auf das Motorrad, das immer noch auf dem Boden lag. 

Die ganzen Straßen waren leer, nicht einmal eine einzige Dame, mit der ich mich stundenlang unterhalten konnte. War das Ganze etwa am Ende nur ein blöder Streich von Chuuya gewesen? 

Meinen wohlverdienten Feierabend zu verschwenden, war das die ganze Zeit über der Plan? Aber das sah Chuuya eigentlich gar nicht mal ähnlich. Obwohl, sollte er diesmal wirklich ernsthaft böse auf mich sein... 

Doch plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, und schlagartig schoss mir das Blut in den Kopf. Was war das für eine Aura? Meine übernatürliche Fähigkeit, die darauf spezialisiert ist, andere Fähigkeiten außer Gefecht zu setzen... Und nun spürte ich etwas, eine übernatürliche Fähigkeit. 

Doch so schnell dieses Gefühl auch da war, so war es auch sofort wieder vorbei! Allgemein... Dieses Gefühl war so schnell da... und doch so schnell wieder weg. War es am Ende doch nur Einbildung gewesen? Schließlich fuhr ich herum und war überrascht, als ich in das Gesicht eines kleinen Jungen sah!

 Sicher, nicht mehr so klein, aber doch noch ziemlich jung. Außerdem war er nicht besonders groß. Ein Grinsen umspielte meine Lippen, als ich kurz daran dachte, wie Chuuya das Gesicht verziehen würde, sollte ich ihm erzählen, dass ich bei dem Anblick des Jungen gleich an ihn denken musste. 

Das würde ich tun, sobald er wieder auftauchen würde, das heißt, wenn er sich überhaupt jemals wieder blicken ließ. Verdammt, wo in aller Welt steckte Chuuya bloß, dass er so lange auf sich warten ließ? 

Doch vielleicht wusste ja dieser Junge etwas über ihn. Oder gehörte er vielleicht zu dem Grund, warum wir überhaupt hier waren? Die Augen des Jungen waren ein einziges, silbergraues Meer aus dunklem Grün, und ich konnte keine einzige Emotion in seinem Gesicht ablesen. 

Außerdem war er ziemlich elegant gekleidet, hatte hellblondes, seidiges Haar und strahlte einen frischen Geruch nach Pergament aus. Nun lächelte er mich matt an. 

"Osamu Dazai, das ist Ihr Name, richtig?" 

Ich verzog das Gesicht. Nein, dieser Junge hatte unmöglich eine übernatürliche Fähigkeit. Entweder war er ein extrem guter Schauspieler, was ich in seinem Alter allerdings eher bezweifelte, oder er war geistig gehörig zurückgeblieben. Und ich tippte eher auf Letzteres. Das war doch noch ein Kind! Als ob ich auf ein kleines Kind hören würde...

 Andererseits, sollte er tatsächlich zu unseren Kunden gehören und uns bei der Lösung des Auftrags helfen, wodurch ich endlich ins Bett konnte, würde ich meinen Stolz wohl überwinden müssen. 

"Ja, das ist wohl wahr..." 

Ich gab dem Kind einen abwertenden Blick und sah selbstsicher grinsend auf ihn herunter. "Und wer bist du? Ein Laufbursche oder vielleicht der kleine Neffe des Chefs, mit dem ich sprechen muss?~" Ich lachte über meinen eigenen Witz, während der Junge mich aber nur weiterhin kühl ansah. Wie ich es doch genoss, kleine Kinder unter mich zu stellen. 

"Bedaure..." fing er an und verbeugte sich vor mir. 

"Mein Name ist Akiho, und ich darf Sie zu Ihrem Auftraggeber geleiten." Er sah auf, und ich konnte das Blitzen in seinen grünen Augen erkennen. "Sie, Osamu Dazai von den bewaffneten Detektiven, und Ihr Kollege Chuuya Nakahara von der Hafenmafia... werden bereits erwartet. Ihr Partner wartet bereits bei unserem Chef oben. Wenn Sie mir bitte folgen möchten?"

Ich verdrehte die Augen. Also war Chuuya nur zu faul gewesen, einfach den Weg nach unten zu nehmen, um mich zu holen, und hat stattdessen dieses Kind vorgeschickt? Oh Mann, das war wieder typisch Chuuya! Also verschränkte ich einfach meine Arme vor der Brust und sah wieder auf das Kind herunter. 

"Na schön, aber das ist das erste und letzte Mal, dass ich so einem kleinen Kind folge, haha!" Das Kind verzog keine Miene. "Bitte folgen Sie mir", sagte er nur kurz angebunden und betrat gemeinsam mit mir einen Fahrstuhl, in dem ebenfalls schon fünf weitere Männer warteten. Endlich zurechnungsfähige Personen! 

Sofort begann ich mich mit ihnen zu unterhalten und erzählte begeistert, wie toll ich dieses Gebäude fand und wie einfach man sich von hier in den Tod stürzen könnte. Keiner der Männer antwortete, auch nicht, als sich die Fahrstuhltür schloss.

 Waren diese Männer wirklich so interessant, dass Chuuya sogar zu faul war, um mich zu holen? 

Naja, wen kümmerte es...

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Akiho's Sicht:

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Was für ein Idiot... nicht nur, dass er die ganze Zeit redete... Nun hatte er nicht einmal bemerkt, dass ich gar nicht mehr im Fahrstuhl war, als sich die Türen schlossen! Wie konnten sie bei den bewaffneten Detektiven nur so einen Idioten einstellen?...

"Akiho?"

Schnell drehte ich mich um, als ich die sanfte Stimme meines Partners hörte. "Hiroto..." flüsterte ich und strich mir eine Strähne aus dem Haar, als mein Partner sanft lächelnd auf mich zutrat. Sein rabenschwarzes Haar fiel ihm fast über die Augen, als er auf mich heruntersah. 

"Ah, was soll das?" fragte ich leise und drückte ihn mit leicht roten Wangen weg. 

"Wieso? Weshalb so scheu?" fragte er nur mit einem Grinsen. Ich verdrehte die Augen. "Wie auch immer, hast du diesen Dazai um den Finger wickeln können?" Ich nickte. 

"Ehrlich, dieser Mann ist das Gegenteil von Intelligenz... Wie können die bei den Detektiven nur solche Hohlköpfe einstellen?" 

Hiroto begann leise zu lachen. "Und der von der Hafenmafia?" Ich stöhnte. "Der auch... aber dafür, dass sie sich so sehr hassen sollen, hat dieser rothaarige Freak schnell angebissen..." Hiroto sah auf die geschlossene Fahrstuhltür und machte noch einen Schritt näher an mich heran. 

"Und jetzt?" fragte er mit leicht genervter Stimme. "Ich will so schnell wie möglich nach Hause... Was hat der nur mit diesem Chuuya Nakahara und diesem Osamu Dazai, dass er sie unbedingt haben will." 

Er legte einen Arm um mich, worauf ich ihn mit beleidigter Miene versuchte wegzudrücken. "Keine Ahnung... Ich schätze, die beiden sind ein starkes Duo, das es auszulöschen gilt... Und jetzt nimm den Arm weg!"

 Keifend stieß ich den lachenden Hiroto weg. "Oh, tut mir leid, ich vergaß! Du musst ja noch deine Stimme schonen! Meine Schuld!" Mürrisch verdrehte ich die Augen. "So ist es... Also halt die Klappe..." Und ich nahm einen tiefen Atemzug, bevor ich flüsterte:

"Übernatürliche Fähigkeit...

...Des Stimme Trüge."

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I Love You | Dazai x ChuuyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt