14. verheiratet...

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"Damals waren wir noch viel jünger... Evelyn war 24, ich war 25 und Athan... er war 29, als sich die beiden verlobt hatten. Sie passten trotz ihrer Gegenseitigkeit so gut zusammen... Athan war wegen seiner Kindheit schon immer still und verschlossen. Evelyn hingegen, war die Definierung von 'Extrovertiert'... sie liebte es, auf Feste zu gehen, war dauernd unterwegs und wollte Athan die Welt zeigen, in der sie lebte. Und mich hat sie gleich mitgezogen."
Überrascht sah ich Eila zu, wie sie langsam in ihrer Erzählung versank und ihre Umgebung vergaß.
"Wir hatten ihre Hochzeit damals schon geplant... es war natürlich eine stressige Zeit und für unser Alter ungewöhnlich, so schnell zu heiraten, aber bei den beiden stimmte alles. Zumindest... glaubte ich das..."

Eila hielt kurz inne und sah nochmal auf das Foto in meiner Hand.
"Das Foto... hat Athan drei Tage vor der Hochzeit geschossen. Und nur sieben Stunden, bevor er... bevor er sie umbrachte."

Als sie das sagte, blieb mir die Luft weg und ich spürte eine kalte Gänsehaut, die sich über meinen ganzen Körper ausbreitete.
"W-warum... warum... sollte er das tun?" murmelte ich verstört und musterte meine zitternde Hand.
"Das hab ich mich auch gefragt... aber ich hatte Athans psychischen Zustand damals unterschätzt. Ich hätte ihn fragen sollen, was ihn zu der stillen Person gemacht hatte, die er war... was ihn Nachts zwang, wach durch das Haus zu geistern und warum er darauf bestand, im Garten des Hauses weiße Rosen anzupflanzen. Ich habe ihn... nie gefragt. Auch nach dem Unfall nicht." "Woher weißt du, dass es ein Unfall war? E-er hat sie getötet, oder nicht?" entgegnete ich und Eila sah mir betrübt in die Augen.
"Ich habe nicht irgendwie erfahren, dass Evelyn tot war. Ich... habe zugesehen, wie meine Schwester in seinen Armen gestorben ist, Micah. Ich bin gerade nachhause gekommen und fand die beiden im Gang des dritten Stockes vor. Evelyn... *seufz*... in ihrer Brust steckte ein langes, gebogenes Messer mit vier Zacken im Klingenrücken, das weiß ich noch genau. Sie lag auf Athans Schoß, ihre Augen waren bereits so leer und... ich... als ich Athans Blick gesehen hatte, da wusste ich, dass er das zu keiner Sekunde wirklich tun wollte. Noch nie hat mich ein Mensch so entsetzt und... mit solcher Reue angestarrt, wie Athan damals."

In ihrem Blick konnte ich den Schmerz an die Erinnerung erkennen und musterte das alte Bild betrübt.
"Ich habe zu diesem Zeitpunkt die Verantwortung übernommen und ließ es wie einen Unfall im Rosengarten aussehen. Athan nahm ich unter meine Fittiche, bis er sich genug gefangen hatte, um alleine zu leben und sich nicht versehentlich im Bad zu ertränken... Aber er wollte in diesem Haus hier bleiben. Auch, wenn es weit weg von der Stadt gebaut wurde, was heute eigentlich sehr gut ist. Aber seit Evelyn tot war, konnte er nicht aufhören, Leute zu töten. Sein Verstand war so kaputt, dass sich langsam ernsthafte Störungen entwickelten und ich ihn nicht von irgend etwas Anderem überzeugen konnte... Also... habe ich uns beide bei einer illegalen Firma für Auftragsmörder angemeldet, bei der Athan schnell zum Star wurde. Sein Talent, Leben zu nehmen, war... unglaublich. Das ist es auch heute noch. Also habe ich seit damals nicht aufgehört, auf ihn aufzupassen. Aber vielleicht... hätte ich ihn nicht auf diesen Weg leiten sollen."

Da schloss Eila ihre Augen und lächelte verschmitzt.
Verwirrt musterte ich sie und sie wandte sich an mich.
"Alles, was damals passiert ist, war das Ergebnis von... naja, ich weiß nicht... meiner Unvorsichtigkeit... Evelyns Enthusiasmus oder vielleicht Athans Vergangenheit... aber ich habe nicht eine Sekunde geglaubt, dass es seine Schuld war. Nicht einen Moment lang... Und jetzt... da hat er dich."

.
Ich... brauchte eine Weile, all das zu verarbeiten.
Eila war in der Zwischenzeit zu Athan gegangen und ich hatte mich in den Rosengarten zurückgezogen, mit einer von Athans Jacken, etwas zu futtern und dem Foto von Evelyn.
Jetzt, da ich so darüber nachdachte... hätte ich das Bild nicht einfach nehmen sollen.
Aber trotzdem hätte ich dann nie von Evelyn erfahren.
Von Athans Vergangenheit...
Und vielleicht... vielleicht könnte ich irgenwann erfahren, was Eila nicht konnte.
Warum Athan so geworden war.
Aber bis da hin...
Brauchte ich eine Pause vom ganzen Denken.
Von den ganzen Sorgen...
Ich würde Athan nicht verlassen. Besonders, nach all dem.
Aber etwas Abstand kam mir gerade gut vor.

Also stand ich vom Terrassenboden auf, nahm die Toastbrotpackung mit, die ich Eila abgemopst hatte und ging am Rand des Rosenfeldes entlang, bis zu den ersten Bäumen, die die Villa umgaben.
Mit dem ersten Schritt zwischen sie drehte ich mich noch einmal um und flüsterte Eila zu, als könnte sie es wirklich hören...
"Pass für mich noch etwas länger auf ihn auf. Danach... nehme ich ihn dir gerne ab."

Darauf wandte ich mich wieder um und verschwand zwischen den schneebedeckten Bäumen, in den kalten Wald.

𝑫𝒆𝒂𝒅𝒍𝒚 𝒂𝒇𝒇𝒆𝒄𝒕𝒊𝒐𝒏Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt