7. süßlich sauer

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Ganze 2 Stunden später hatte Eila mich nach unzähligen Umwegen vor einer riesigen, im Wald versteckten Villa abgesetzt und... war einfach verschwunden.
Also stand ich nun ziemlich verloren vor den monströsen Bauwerk, mitten im Wald...
Luxuriöse Gebäude war ich ja gewohnt... aber... so etwas Großes hatte ich noch nie gesehen...
Die Villa war so gut mit dem Wald verbaut, unterirdisch und überirdisch, mit den Bäumen, Teichen und unterschiedlichen Höhen... dass es auf den ersten Blick gar nicht so groß aussah, wie es nun doch war...
Aber... was sollte ich jetzt machen?
Ich stand einfach verloren vor der Haustür.
Bis sie sich öffnete.

Vor mir stand... wirklich der Mann, mit dem ich in der Stadt zusammengelaufen war.
Und er war wirklich echt groß...
Weiß-rote Augen...
Eine Narbe im Gesicht...
Und... nicht wirklich den freundlichsten Ausdruck.
"Ähm..." "Micah, richtig? Eila hat dich hier abgesetzt, oder?" begann er, zu reden und beim Klang seiner tiefen Stimme entspannte ich mich plötzlich etwas.
Trotz seiner... gruseligen Erscheinung, sagte mir irgend etwas tief in mir drinnen... dass es in Ordnung war, sich wohl zu fühlen.
"Komm rein."

Angespannt spazierte ich durch die offene Tür, ins Haus.
Hinter mir schloss er sie wieder und... drehte das Schloss um.
Ich sah ihn unsicher an und fragte leise "Warum... hast du mich nicht getötet?"
Darauf ging er an mir vorbei und deutete mir, ihm zu folgen.
"Weil du unschuldig bist." war alles, was er sagte.
Unschuldig...?
"Und was... ist mit all den anderen? Den... den-..." "Kindern? Die Teenager?" unterbrach er mich und führte mich durch das enorme Haus immer weiter.
Ich schwieg still und wartete...
Seit ich hier war, war seine Stimme sehr... monoton und auch etwas betrübt.

"Elias... und Alex."
Darauf sah ich ihn verwirrt an und er drehte sich zu mir um.
"Das waren die Namen der Kinder... von... gestern, glaube ich." meinte er und sah mich mit verschleiertem Blick an.
"Ihre Eltern haben vor einem Jahr angefangen, Menschenhandel zu betreiben. Die Kinder waren fast alt genug, das Geschäft zu übernehmen. Sie waren 16 und 15. Hätte ich sie nicht getötet, hätten sie tausende Leben zerstört..." meinte er und bei dem Klang seiner Stimme zweifelte ich daran, dass er das je tun wollte.
Aber... diese Erklärung schien mir, gerechtfertigt.
Auch, wenn es brutal klang.
"Keine Sorge, die Kinder sind schnell gestorben." "Und... die Eltern?"
Als ich das sagte, konnte ich mir die Antwort schon denken.
Er sah mich nur still an und ich nickte verstehend.
"Dann... war das mit meinem Vater auch kein Zufall." seufzte ich und sah zu ihm auf.
Er schüttelte den Kopf und lehnte sich gegen die Wand des weiten Ganges, in dem wir uns befanden.
"Sag mal... wie heißt du eigentlich? I-ich weiß, du wirst es mir wahrscheinlich nicht sagen wollen, aber ich weiß nicht-..." "Athan. Athan Wolf." meinte er schnell und ich sah ihn überrascht an.
Warum verriet er mir seinen Namen so... einfach?
Hatte er gar keine Angst, dass ich ihn verraten könnte?

Mein Kopf voller Gedanken, stand ich da und dachte nach.
Wie sollte das jetzt weitergehen?
Was sollte ich jetzt machen?
Sollte ich gehen? Oder bleiben?
Hatte ich überhaupt eine Wahl?

"Geh, wenn du willst. Die Tür ist nur von Innen verschlossen."
Seufzend drehte er sich von mir weg und ging...
Aber... warum?
Er... hatte tatsächlich keine Angst, dass ich ihn verraten könnte. Ganz im Gegenteil...
Es schien, ihm egal zu sein.
Jedoch... ließ mich die Leere in seinem Blick nicht los.
Ich sah ihm still hinterher, bis ich etwas bemerkte.
Seine Hand...
Er blutete.

"Äh... A-athan, warte!" rief ich ihm unüberlegt hinterher und er blieb stehen.
Er drehte sich um und sah mich verwirrt an.
"I-ich... du... du blutest." seufzte ich und kam zu ihm.
Ich nahm seine Hand und fuhr vorsichtig über seine Handfläche.
Er schien, sich an einer der Rosen gestochen zu haben.
"Warum gehst du nicht?" fragte er leise und sah mich sichtlich überrascht an.
Darauf konnte ich ihm keine Antwort geben... so sehr ich auch wollte.
"Ich weiß es nicht. Aber ich hab keinen Grund, dich zu verraten." antwortete ich und wischte die Blutspur auf seiner Hand mit dem Ärmel meiner Jacke weg.
"Ich werd nicht gehen... ich hab auch keinen Grund, wieder zu gehen. Außerdem... hab ich den Weg in die Stadt sowieso schon vergessen."

.
In der Nacht des selben Tages fand ich mich in einem großen Schlafzimmer mit Doppelbett und breiten Glasschiebetüren wieder und starrte hinaus.
Genau vor meinem Zimmer... vor der geschlossenen Schiebetür aus Glas... erstreckten sich unzählige Reihen an angepflanzten, weißen Rosen.
Sie füllten den Teil des Waldes, ihre Ranken wuchsen um die Stämme der Bäume und schlängelten sich an ihnen hoch...
So etwas schönes hatte ich noch nie gesehen...
Im schwachen Mondlicht schimmerten all die Rosen so weiß und hell, wie...
Wie...
Wie Athans Augen.

Da kam mir nochmal die Frage auf... wie das möglich war.
Hinter seiner Augenfarbe musste etwas anderes stecken. Eine Krankheit vielleicht?
Und da bemerkte ich etwas.
Verwirrt stand ich aus dem Bett auf und kam näher an die Glastür.
Tatsächlich... es war Athan.

Er saß alleine am Rand der Holzterrasse, die sich direkt außerhalb der Schiebetür befand.
Seine langen Haare hingen chaotisch über seine Schulter, seine Augen leuchteten schwach in der dunklen Nacht.
Aber... ich konnte sehen, dass er zitterte.
Er hatte eine Rose in der Hand und drückte so fest zu, dass Blut auf den Terrassenboden tropfte.
Irgendwas stimmte nicht...

𝑫𝒆𝒂𝒅𝒍𝒚 𝒂𝒇𝒇𝒆𝒄𝒕𝒊𝒐𝒏Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt