9. verwirrend

45 2 0
                                    

Blinzelnd öffnete ich die Augen am nächsten Morgen.
Ich war wirklich einfach so eingeschlafen...
Aber... irgendwie war ich in einem Bett gelandet.
Es war nicht das Bett, das Athan mir gestern gezeigt hatte und auch nicht das Zimmer, in dem ich eigentlich hätte schlafen sollen. Es war ein größeres Bett und ein viel größeres Zimmer... aber alle meine Sachen waren hier.
Und ich war hier.
Sorgfältig zugedeckt und... ich glaubte zu spüren, dass die Heizung an der Wand neben dem Bett lief.

Hatte Athan mich hinein getragen? Wieso hatte er mich nicht einfach aufgeweckt?
Das... musste ihm sehr wehgetan haben... er hatte sich nur kurz vorher erst an der Rose verletzt.
Verwirrt raufte ich meine Haare und sah mich um.
Der Raum schien sich sogar im ersten oder schon im zweiten Stock der Villa zu befinden. In der Wand mir gegenüber befand sich eine sehr breite, hohe Glasschiebetür, genau wie in dem Zimmer, in dem ich eigentlich sein sollte.
Dadurch konnte ich Baumwipfel und den Himmel sehen...
Ganz anders, als wäre ich in einem unteren Stock.

Seufzend warf ich also die Decke zurück und setzte mich auf.
"Ah...?"
Und da fiel mir auf, dass ich nur meine Boxer und... ein Shirt an hatte, dass mir viel zu groß war.
Das musste Athan gehören.
Natürlich, meine Sachen waren vom Schnee sicher durchnässt.

Ich stand vom Bett auf und öffnete die Tür des Raumes, direkt daneben.
Ich spähte in den Gang und merkte... ich hatte keine Ahnung, wo ich war.
In einem großen Haus zu leben, war ich gewohnt... nur... kannte ich dieses Haus normalerweise. Und so übertrieben enorme Ausmaße mit mehreren Stockwerken hatte es auch nicht!

Also holte ich alle meine Sachen aus dem Zimmer, in dem Wissen, dass ich es sonst nie wieder finden würde, und machte mich auf die Suche.
Nach einer Treppe... einem Aufzug... oder Athan.
Irgendetwas, das mir bekannt vorkam. Aber alles, was ich sah, waren tausende Türen, so viele, ineinander verworrene Gänge und immer wieder der gleiche Teppichboden.

"Äh... Hallo?!" rief ich durch die ewig langen Gänge und horchte auf eine Antwort.
Nichts...
"Athan!?"
Keine Antwort.
War es möglich... dass er nicht zuhause war?
Dass er gerade vielleicht sogar... jemanden tötete?
Bei diesem Gedanken jagte ein kalter Schauer über meinen Rücken und ich umklammerte meine Jacke fester, in der all meine Sachen eingewickelt waren.
Aber ohne ihn würde ich hier nicht so schnell hinaus finden.
"Dein Haus ist mir echt eine Nummer zu groß, Athan..."

.
Irgendwann hatte ich dann eine breite, gebogene Treppe gefunden.
Ich spazierte sie hinunter, am Rand des rot schimmernden Teppichs, der sich über den ganzen Boden zog und in den... ersten Stock?
Wahrscheinlich.
Und da entdeckte ich noch eine Treppe.
Als ich sie hinunter ging, kam ich in den ersten Stock... zumindest meinem Gefühl nach.
Noch kannte ich nichts davon...
Außer einem.
Athan.
Er stand vor mir.
Und... er war voll mit Blut.

"W-... Athan?! Was ist passiert?" fragte ich überrumpelt und musterte ihn.
"Ich... wollte mich nur waschen gehen, Micah. Ich dachte, du schläfst noch." murmelte er und sah mich entschuldigend an, als hätte er mich versehentlich geweckt.
"Ah... um das geht es gar nicht. Bist du verletzt?" meinte ich verwirrt und kam zu ihm.
An seiner Wange waren Blutspritzer zu sehen, seine Arme waren ebenfalls voll davon.
"Ich... hab nur eine starke Ader erwischt..." erklärte er und musterte seine roten Hände.
Dabei fiel mir auf, dass der Verband an seiner linken Hand komplett durchnässt und irgendwie schon abgetragen wirkte.
Den sollte man auf jeden Fall erneuern.

"Ja, du solltest mal duschen... und den Verband erneuen." stimmte ich ihm zu und deutete auf seine Hand.
"Tut es dir noch weh?"
Ich kam zu ihm, legte meine Sachen auf den Boden und nahm seine Hand in meine.
Ich griff unabsichtlich in das Blut an seiner Haut und zuckte erschrocken zurück.
Zu wissen, dass dieses Blut einer Person gehörte, die durch Athans Hände gestorben war... das war wirklich etwas Anderes... aber... seine Hände konnten auch so sanft und vorsichtig sein...
"Micah? Was machst du da?" riss mich seine Stimme plötzlich wieder aus den Gedanken und ich sah zu ihm auf. "Ähm... n-nichts...! Du... vergiss einfach nicht, den zu erneuern." murmelte ich nervös und ließ seine Hand los.
Ohne richtig zu merken, wo ich hin ging, drehte ich mich um und dackelte davon.
Zumindest wollte ich das.

"Micah, deine Sachen. Und... weißt du überhaupt, wo du hin gehst? Das Haus ist ziemlich groß." ertönte Athans Stimme nochmal hinter mir und ich wirbelte herum.
Er hielt meine Jacke in seinen Händen und sah mich mit seinen weißen Augen an...
Sein Blick war so leer. Wie immer.
Die Blutspritzer auf seiner Wange trugen zu der Gänsehaut an meinen Armen bei.
Gruselig...
"Eigentlich..." "Du hast keine Ahnung, wo du hin willst, oder?"
Darauf nickte ich seufzend und kam zu ihm zurück.
"Irgendwann verlaufe ich mich noch..."
Ich nahm ihm meine Sachen aus den Händen und sah zu ihm auf.
"Kann ich mitkommen? Ich... sollte auch mal baden gehen."

𝑫𝒆𝒂𝒅𝒍𝒚 𝒂𝒇𝒇𝒆𝒄𝒕𝒊𝒐𝒏Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt