Chapter 1 - YOU CAN'T RUN AWAY -

196 3 0
                                    

Juli 1994:

Eichwalde. Ein kleines Dorf ein wenig abgelegen von Berlin. Ein kleiner, ruhiger Fleck auf Deutschlands Landeskarte. Ich hatte drei freie Monate Zeit, da ich von meinem anstrengenden Job in der Innenstadt als Buchhalterin Urlaub hatte. Ich arbeitete für eine große, weltweit vertretende Firma, welche pharmazeutische Produkte herstellte und auch verkaufte.
Es wurde mittlerweile zum Ritual, dass ich jeden Sommer zu meinen Eltern fuhr. 3 Monate wurden mir dieses Jahr nur frei gegeben, da es in der obersten Position einen Führungswechsel gab und dieser sich erst zurecht finden musste. Zum Glück von uns allen bekam die ganze Buchhaltungsabteilung frei.
Die Stadt gefiel mir zwar schon immer gut, jedoch liebte ich das ländliche Gebiet. Es ist einfach mein Zu Hause. Zwischen den Häusern bei der Hauptstraße liegen immer mindestens 3 bis 5 Minuten Weg, welche die Ruhe ebenfalls nicht stört. Mein persönliches Highlight war jedoch der Zugang zum See.

Ich erwachte durch den starkem Geruch von schwarzen Kaffee, welcher in meine Nase stieg. Ich war endlich daheim. Ich trat in die Küche und umarmte meine Mutter.
,,Na hast du gut geschlafen, Liebes?"
,,Ja danke. Sehr gut. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie glücklich ich bin wieder zu Hause zu sein. Wo ist Papa?"
,,Er hat schon früher gefrühstückt und ist nun runter zum See zum Fischen. Du kennst ihn doch. Je früher desto besser."
Ich nickte. Natürlich kannte ich meinen Vater. Es war schon immer so, selbst als ich noch ein Kind war. Er nahm mich immer mit runter zum See und am Abend brieten wir die selbst gefangen Fische. Manchmal kamen sogar Nachbarn und es wurde zu einem großen Festmahl. Wie sehr ich es doch geliebt habe.

Als ich mich gemeinsam mit meiner Mutter zu Tisch setzte, fielen mir ihre dunklen Augen auf. Sie arbeite sehr viel im Haushalt, wenn mein Vater unter der Woche in der Fabrik arbeitete. Irgendwie verspürte ich einen Funken von Traurigkeit in ihrem Gesicht.
,,Alles klar Mama? Du siehst traurig aus."
,,Ja. Es ist alles in Ordnung. Die Hitze macht mir nur zum Schaffen."
,,Ich werde dir helfen so viel ich kann. Wenigstens in der Zeit in der ich hier bin. Das bin ich dir schuldig."
,,Dass weiß ich doch, Amelie. Du hast mir schon immer geholfen. Schon als du ganz klein warst."
Ein mildes Lächeln huscht mir über die Lippen, während ich einen Schluck schwarzen Kaffe zu mir nehme.
Ruhe – Frieden – und das Gefühl von absoluter Geborgenheit.

Plötzlich zerreißt laute Gitarrenmusik die Luft. Ich springe vor Schreck auf. Was zur Hölle? Wer besitzt die Frechheit diesen Frieden zu stören?
,,Ohh nein. Nicht schon wieder!"
,,Wer oder was ist das?", frage ich mein gegenüber.
,,Das ist der Landers Junge von Gegenüber. Der hat für den Sommer das Haus seiner Großmutter bekommen, da sie auf einen ihrer Märsche gegangen ist. Er hat ein paar Freunde eingeladen und nun spielen Sie täglich diese schwere und harte Musik.", antwortet meine Mutter.
,,Das ist ja nicht mal gut!, füge ich hinzu. ,,Das ist nur hart, kantig und absolut grottig."
,,Was ich weiß ist, dass sie ihr erstes Album aufnehmen möchten. Mal sehen ob das überhaupt irgendwer kauft."

Ich versuche die Musik auszublenden und mich weiterhin nur auf das Essen zu konzentrieren. Doch es war unmöglich. Nach ein paar kurzen Augenblicken dröhnten starke Bassklänge wieder durchs Haus. Nachdem auch noch ein Höllengeschrei dazukam, reichte es mir komplett.
,,Okay das reicht! Ich spaziere rüber und rede mit denen.
,,Amelie, bitte! Die sind nur jung und dumm. Die bekommen sich wieder ein."
,,Nein Mama! Es kann nicht sein, dass die unseren Frieden stören und ich kenne Paul noch von früher. Er hört auf mich. Das hat er früher auch immer. Hab keine Angst. In ein paar Minuten bin ich wieder zurück."
Ohne auf die weiteren Worte meiner Mutter zu achten, schlüpfe ich in meine Sandalen, zieh mir schnell ein Sommerkleid über und stolziere mutig aus dem Haus. Geradewegs auf die andere Straßenseite zum Hause der Großmutter Landers.

R A I N B O WWo Geschichten leben. Entdecke jetzt