Chapter 8 - Zeit -

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Juli 1994:

Wir sprachen viel über meine Kindheit und mein Leben in der Stadt. Ich legte ihm mein Leben nicht vor wie ein offenes Buch, jedoch war er interessiert und fragte sofort nach, wenn er etwas wissen wollte. Im Gegensatz dazu, sprach er weniger über sich selbst, sondern mehr darüber, was sie mit der Band Rammstein, vorhatten.
Sie nahmen gerade ihr erstes Album mit dem Titel Herzeleid auf, welches ein bis zwei Juwelen an Liedern beinhaltete. Er sprach ebenfalls über die Entstehungsgeschichte der Band und wie er Paul und die anderen kennengelernt hatte. Ich hörte ihm zu, so wie er mir. Alles war perfekt.

Als die Sonne am Horizont unterging, verließen wir unseren Platz. So schön der Moment auch war. Er war vorbei. Gemeinsam schritten wir zur Eingangstür. Uns wurde beiden in diesen Moment klar, dass wir uns nicht trennen wollten. Als wir bei der Eingangstür ankamen, fiel mir der Abschied bedeutend schwerer, als ich es zugeben wollte.

,,Danke dafür, dass du dich entschuldigt hast. Das hat mir viel bedeutet."
,,Klar kein Ding. Wie gesagt, ich wollte nicht wie das größte Arschloch wirken. Menschen machen nun mal Fehler."
Ich nickte und versuchte meine Aufregung zu verstecken. Die Laterne über uns flackerte und gab nur mehr ein schwaches Licht von sich. Die Stimmung zwischen uns war angespannt. Wie sollen wir nun aus einander gehen?
,,Ähm...ich sollte allmählich rein gehen. Eigentlich habe ich meiner Mutter versprochen, dass ich ihr noch beim Abwasch helfe. Tja.....dann kam dein Besuch dazwischen."
,,Ja Verzeihung. Ich hoffe ich habe dich nicht in Schwierigkeiten gebracht."
Wieder breitete sich ein zuckersüßes Lächeln auf seinem Gesicht aus, welches seine noch eben gesprochenen Worte mit mehr Charme untermalte. Ich mochte seine Art.

,,Nein, kein Ding! Bin ja schließlich schon erwachsen."
,,Gut dann....sehen wir uns morgen?", fragte er leicht zögerlich.
Oh Amelie! Überlege dir den nächsten Satz gut!
,,Ja gerne! Soll ich einfach wieder rüberkommen zu Paul?" – Innerlich hätte ich mir am liebsten eine Ohrfeige gegeben.
,,Ja ich glaube, das wäre die beste Lösung. Immerhin ist die nächste Stadt ne halbe Stunde weg."
,,Okay. Dann wünsche ich dir eine gute Nacht."
,,Gleichfalls!"

Die Atmosphäre zwischen uns brannte vor lauter Spannung. Als ich ihn ansah, wurde mir klar, dass er ebenfalls nicht weg wollte. Die Augen waren dunkler und strahlten keinen maskulinen Stolz mehr aus. Eher Verletzlichkeit und Unsicherheit. Mein Herz hämmerte mal wieder gegen meinen Brustkorb in immer kürzeren Abständen. Wir standen locker eine Minute vor einander und sahen uns einfach nur an, ehe ich den Moment brach und die Türschnalle hinunter drückte.
,,Gute Nacht, Richard!" – Mit diesen Worten betrat ich den Eingang zu meinem zu Hause und schloss die Tür unmittelbar danach. Schnell zog ich mir meine Sandalen aus und legte mich in mein Zimmer. Meine Eltern waren bereits schlafen gegangen und ich schwebte in schöne Erinnerungen an den Tag.

Im Bett selbst, wälzte ich mich hin und her. Kein Auge brachte ich zu. Immer und immer wieder musste ich an ihn denken. An seine hellen, wachsamen Augen, an die harte Kontur seines Gesichtes und an unsere Gespräche. Er ließ mich nicht los. Nach schirr endlos langen Überlegen, schlief ich sanft ein.

R A I N B O WWo Geschichten leben. Entdecke jetzt