2 - Vier Jahre und eine Kiste voller Briefe

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Damit begann ein regelmäßiger Briefwechsel, denn Snape antwortete ihr — entgegen seiner Aussage — auf jeden einzelnen Brief.
Zu Beginn machte Hermine sich viele Gedanken, was sie ihm schrieb und was nicht. Sie berichtete von ihren neuen Lebensumständen, beschrieb die Stadt, die Universität, die Menschen. Später stellte sie ihm so manche tiefgründige Frage, die sie beide mehrere Briefe lang beschäftigten und schließlich hörte sie auf, sich solche Gedanken zu machen, wie sie etwas schrieb. Ihre Anrede blieb höflich und sie bemühte sich um einen respektvollen Ton, doch sie ließ ihn an ihren Gedanken teilhaben und er öffnete sich ihr nach einer Weile ebenfalls, ließ eigene Gedanken einfließen. Zu Beginn noch vorsichtig, misstrauisch, doch sobald er bemerkte, dass sie nichts davon negativ aufgriff oder gegen ihn nutzen wollte, konfrontierte er sie mit der geballten Wucht seines Intellekts.

Dieser Briefwechsel wurde zum Mittelpunkt seines Lebens, das nach dem Krieg so aufregend wie das Leben eines durchschnittlichen Lehrers ohne Doppelleben nun einmal war. McGonagall und seine Kollegen beäugten das Ganze neugierig, doch Snape verriet niemandem, von wem die Briefe stammten und Miss Granger bemühte sich darum, ihre Handschrift auf dem Umschlag möglichst einheitlich zu halten, sodass keiner ihrer ehemaligen Lehrer diese erkannte. Er gab seinen Mitmenschen noch weniger Futter für ihre wilden Spekulationen, da er den Brief meist sofort in die Tasche seiner Robe verschwinden ließ und ihn erst las, wenn er in seinen Räumen war.
Es war auch ihre Idee, dass er weiter an seinen Forschungen arbeitete, die seit Jahren nur ungenügend Aufmerksamkeit erhalten hatten, nachdem er ihr in einem Brief davon berichtet hatte. So verbrachte er seine Freizeit ohne zwei Meister wieder mehr im Labor oder auf Reisen, auf der Suche nach Zutaten und es bereicherte sein eintöniges Leben. Das Lehren fand nur noch nebenher statt und Snape ersparte sich so einige Aufsätze und Strafarbeiten, um nicht unnötig viel Zeit mit dem Korrigieren zu verbringen.
Dieser Lebenswandel schien auch seinen Mitmenschen aufzufallen und die Neugierde, wer diese Briefe schrieb und vielleicht an diesem Wandel Schuld war, wuchs beinahe täglich. Mit einem kleinen Gefühl von Triumph nahm er der Eule jedes Mal aufs Neue den Brief ab, wohlwissend, dass dies sein Geheimnis war und es auch bleiben würde.

Weihnachten kam und Snape konnte es nicht lassen, Miss Granger ein Geschenk zu schicken — einfach, weil es geradezu perfekt passte. Das Notizbuch war eine seiner eigenen Entwicklungen, die er seit Jahren selbst benutzte: Es wurde nie voll und besaß einen Stichwortzauber, sodass alles Niedergeschriebene immer wiedergefunden werden konnte, ohne viel zu suchen. Er wusste schließlich, wie exzessiv sie Notizen machte und hatte während ihrer Jahre in Hogwarts bereits mitangesehen, wie sie ihre Taschen voller Notizen herumschleppte.
Er fand auf einem Wochenendausflug nach Italien ein passendes Buch in einem kleinen, von einem Muggel geführten Laden für Antiquitäten und allerlei skurrile Dinge. Ein Gefühl hatte ihn dort hinein getragen und er hatte sich ein wenig umgesehen, bevor ihm das in Leder gebundene Notizbuch aufgefallen war. In den hellen Einband waren Blüten und Ranken geprägt, die im richtigen Licht leicht schimmerten und er konnte nicht anders, als dieses Buch zu kaufen.
Dazu bekam sie einen magischen Füllhalter, der nie leer wurde und deutlich praktischer als eine Feder und ein Tintenfass war. Ihre Dankesworte dazu füllten ein halbes Blatt Pergament und brachten ihn zum Schmunzeln.
Von Miss Granger bekam Snape ein Buch, das ihm bei seinen aktuellen Forschungen weiterhalf und das sie in einem Muggel-Antiquariat entdeckt hatte. Dazu erhielt er einen Schal, auf Muggelart selbstgestrickt — natürlich in schwarz. Diese Geste rührte ihn schon fast, musste sie doch Stunden damit zugebracht haben, diesen zu stricken und dann ausgerechnet ihm zu schenken.

Allein die Tatsache, dass die bisher noch immer unbekannte braune Schleiereule zu Weihnachten ein Paket für ihn brachte, ließ das Getuschel bei der übrigen Lehrerschaft wie auch bei den Schülern noch lauter werden. Doch er ließ sich nicht davon überzeugen, den Absender zu nennen. Er nahm auch die Blicke in Kauf, wenn er mit dem neuen Schal um den Hals über die verschneiten Wiesen von Hogwarts wanderte oder durch die zugigen Korridore schritt. Zu Beginn roch er sogar noch nach ihr und er ertappte sich oft genug dabei, seine Nase darin zu vergraben. Es beruhigte ihn auf eine seltsame Art und Weise.

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