4 - Ich bin Zuhause

233 20 0
                                    

Hermine erschien in einer Seitenstraße ihres Elternhauses und nutzte die wenigen Minuten Fußmarsch, um sich ein wenig zu beruhigen. Der ganze Tag war bisher sehr aufregend gewesen und sie glaubte noch immer seine Hände auf ihrem Rücken, seinen Körper so nah an ihrem oder seine Lippen an ihrer Wange zu spüren.
Mit einem Lächeln im Gesicht, klingelte sie bei ihren Eltern und ihre Mutter öffnete ihr die Tür. „Hermine!" Sofort war sie in einer Umarmung gefangen und wurde dann ins Haus gezogen.
„Hallo Mom", begrüßte sie ihre Mutter und küsste sie auf die Wange. Diese nahm ihr den Mantel ab und betrachtete sie wohlwollend.
„Du siehst gut aus, Schatz. Isst du endlich wieder vernünftig?"
Nein, aber ein gewisser Tränkemeister nötigte sie regelmäßig dazu. „Mein Mentor achtet sehr auf regelmäßige Pausen", sagte sie ausweichend, während sie ins Wohnzimmer gingen.
„Dein Mentor? Für deine Abschlussarbeit? Verbringst du so viel Zeit bei ihm?", hakte sie nach.
„Die Forschung war sehr langwierig und ich war an drei Tagen in der Woche bei ihm", stimmte sie zu.
„Mine!" Ihr Vater erhob sich und schloss sie in die Arme. „Du siehst hübsch aus. Hast du endlich einen Mann gefunden, der für dich kocht und dich ans Essen erinnert?", scherzte er und Hermine wurde ein wenig rot, hatte er doch genau ins Schwarze getroffen.
„So ähnlich", sagte sie nur und er entließ sie aus der Umarmung, um sie fragend anzusehen.
„Ihr Mentor", warf ihre Mutter ein und zwinkerte ihr zu, so als wäre dies eine geheime Bezeichnung für ihren neuen Freund, von dem sie eigentlich noch nichts erzählen wollte. „Setzt euch", fuhr sie fort und ging in die Küche, um den Tee zu holen.

Während sie den Kuchen aßen, fragten ihre Eltern sie über ihr Studium aus. Sie hatte in den letzten Monaten in ihren seltenen Briefen nur wenig davon berichtetet. Generell hatte sie nur wenig geschrieben, da sich irgendwie alles um Severus drehte und sie wollte ihn nicht eine Situation hinein manövrieren, in der er sich unwohl fühlte.
„Und deine Abschlussarbeit beinhaltete vier Monate lange Forschung mit deinem Mentor?", hakte ihr Vater nun nach. Ihn interessierte ihr Studium sehr.
„Er hat die meiste Zeit meine Forschung überwacht und mir Anreize gegeben, wenn ich nicht weiter wusste. Das Meiste musste ich mir selbst erarbeiten", erklärte sie.
„Wer ist — oder besser: wer war denn dein Mentor? Du bist doch jetzt fertig damit, oder?"
„Ja ich bin fertig und warte nur noch auf die Ergebnisse." Sie holte etwas Luft und wappnete sich. Sie hatte ihren Eltern von Severus erzählt. Von dem fiesen Lehrer, der ihr einfach keine Hauspunkte geben wollte, wenn sie etwas wusste oder richtig machte. „Es ist Professor Snape."
Ihre Eltern sahen sie fragend an, dann schossen die Augenbrauen ihrer Mutter in die Höhe. „Dein ehemaliger Tränkelehrer? Der, den du nicht leiden konntest, weil er so fies zu dir war?"
Sie nickte. „Er ist der Beste auf seinem Gebiet." Als ob das sieben Jahre Demütigung wettmachen konnte.
Nun runzelte Mrs. Granger die Stirn. „Und wie bist du mit ihm zurecht gekommen?" Sie sah sie noch einmal ausgiebig an. „Du wirkst nicht so frustriert wie damals in der Schule."
„Nein." Hermine konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Es ist vollkommen anders als damals. Wir ... verstehen uns ziemlich gut. Und er kann wirklich gut kochen", fügte sie mit einem Schmunzeln hinzu.
„Und was wirst du jetzt machen? Dein Abschluss ist dir damit bestimmt sicher. Was kommt als nächstes, Mine?" Ihr Vater schmunzelte, kannte er doch den Wissensdurst seiner Tochter.
Sie lehnte sich etwas zurück und rieb sich die Hände unter dem Tisch. „Ich bin noch nicht sicher. Mein nächstes großes Ziel ist erst einmal das Treffen der Tränkemeister im März. Sev — Professor Snape hat ein gutes Wort für mich eingelegt und ich wurde eingeladen, um die Ergebnisse meiner Abschlussarbeit zu präsentieren. Vielleicht finde ich dort einen Meister, der mich ausbildet." Sie zuckte mit den Schultern, konnte sich aber ein Lächeln nicht verkneifen. Der Gedanke gefiel ihr.
„Unsere kleine Mine als Tränkemeisterin ... musst du dann auch schwarze, wallende Roben tragen?", fragte ihre Mutter lachend und schien sich noch gut daran zu erinnern, wie Hermine ihren Professor das erste Mal beschrieben hatte.
„Nein. Außerdem trägt er sie nicht mehr. Zumindest nicht in seinem Haus. Ich glaube, wir haben uns alle nach dem Krieg verändert", fügte sie etwas leiser hinzu und senkte den Blick.
„Bis März hast du noch etwas Zeit. Wo wirst du wohnen, wenn du die Universität verlässt?", lenkte ihre Mutter ein, um die Stimmung etwas zu heben.
Hermine gefiel dieses Thema allerdings nicht viel besser. „Ich habe ja noch mein Zimmer auf dem Campus und ..." Ihre Stimme verlor sich. Sie wollte es ihnen doch nicht sagen!
„Also kehrst du heute Abend dorthin zurück?", fragte ihr Vater etwas ungläubig. „Du bleibst heute Nacht hier und morgen kannst du dann von hier aus zu den Weasleys reisen", bestimmte er, doch sie schüttelte den Kopf. „Ich" — „keine Widerrede, Fräulein. Was willst du in einem Wohnheim, in dem außer dir wahrscheinlich niemand da ist? Und sag nicht, dass du lernen musst, es ist schließlich Weihnachten!"
Hermine holte Luft und richtete sich etwas auf. „Ich wohne bei ihm", platzte es aus ihr heraus und erntete fragende Blicke von ihren Eltern.
„Bei wem?", fragte ihr Vater, doch ihre Mutter schaltete schneller. „Bei deinem Mentor", sagte sie fast zeitgleich und Hermine nickte.
„Ich habe nach einigen Wochen dort geschlafen, weil es einfach effizienter war, dort zu bleiben während ich forsche", erzählte sie. „Und als ich fertig war, hat er ..." Sie schluckte und sah zu ihrer Mutter, die sie gespannt ansah. „Er hat gefragt, ob ich bleiben möchte."
„Und du bist geblieben", schlussfolgerte Mrs. Granger mit leiser Stimme.
Hermine nickte nur und sah überrascht zu, wie auf dem Gesicht ihrer Mutter ein Lächeln erschien. „Das erklärt einiges."
Sie blinzelte verwirrt. „Das erklärt was?"
„Es erklärt, warum du nicht mehr aussiehst, als würdest du kurz vor dem Hungertod stehen oder als hättest du seit zwei Wochen kaum geschlafen. Du strahlst, mein Kind. Ich habe dich so nicht mehr gesehen, seit ... ich weiß es nicht einmal mehr. Seit Hogwarts warst du immer angespannt, immer auf einer Mission, dann dieser Krieg und selbst als dieser vorbei war, hast du dich noch mit allem, was du hattest, in dein Studium gestürzt." Ihre Mutter griff über den Tisch nach ihrer Hand. „Er sorgt sich um dich, er tut dir gut, Hermine."
Sie wurde rot, konnte sie sich diese Worte doch selbst kaum eingestehen, obwohl sie sich dessen schon vor Wochen bewusst geworden war. „Wir sind ... Freunde? Ich kann es nicht wirklich beschreiben. Es ist angenehm mit ihm, wenn auch nicht immer leicht", versuchte sie zu erklären.
„Bei dem, was du uns über ihn erzählt hast, ist es nur natürlich, dass er kein umgänglicher und stets freundlicher Zeitgenosse ist", sagte ihr Vater, der diese Information erstaunlich gelassen nahm.
„Ihr seid deswegen nicht verstimmt?", hakte sie vorsichtig nach.
„Warum sollten wir, Mine?", fragte nun ihr Vater. „Du bist erwachsen, er ebenso. Ihr seid zwei schlaue Köpfe und ihr wisst, was ihr da macht. Wenn er dich bei sich wohnen lässt und dafür sorgt, dass es dir gut geht, stehe ich dem nicht im Weg. Sollte er allerdings Forderungen stellen, dann werde ich wohl ein Wörtchen mit ihm reden müssen."
„Dad!" Hermine errötete noch mehr. „Er stellt keine Forderungen!" Dabei betonte sie das letzte Wort besonders übertrieben. „Ich habe mein eigenes Zimmer mit Bad und wir teilen uns den Haushalt. Ich helfe im Labor, im Garten oder manchmal auch in der Küche. Die Plätzchen in euren Geschenken sind übrigens mit einer seiner Gewürzmischungen gebacken", lenkte sie möglichst subtil vom Thema ab.
„Du willst ihn doch nur kennenlernen", beschuldigte Mrs. Granger ihren neugierigen Ehemann mit einem Lächeln.
„Wenn er aus einem Bücherzombie, der unsere Tochter noch im Sommer war, wieder so ein hübsches Wesen zaubern kann, dann möchte ich den Mann kennenlernen, der solche Wunder vollbringt." Dann lachte er über sein Wortspiel mit dem Zauber und ihre Mutter stimmte mit ein, während sie sich erhob und die Dose mit den Plätzchen holte. Hermine konnte sich nur ein Augendrehen verkneifen. Ihr Vater machte solche Witze nur zu gern, seit er wusste, dass seine Tochter eine Hexe war.
Der Duft der Plätzchen lenkte sie ab und sie drehte den Kopf zu der nun geöffneten Dose, die auf dem Tisch stand. Ihre Mutter hielt ihre Nase darüber und schnupperte angetan. „Die riechen bereits herrlich." Dann nahm sie eines, reichte die Dose an Mr. Granger weiter, der ebenfalls eines nahm. Beide aßen bedächtig und zeigten genau die Reaktion, die auch Hermine gezeigt hatte, als sie die Plätzchen das erste Mal probiert hatte.
„Ich bin hin und weg, Hermine", seufzte ihre Mutter und nahm sich gleich noch eines. „Was ist da drin? Es ist köstlich!"
Sie grinste. „Das wollte er nicht einmal mir verraten", gab sie zu. „Aber er ist ein Tränkemeister mit äußerst feinen Sinnen, die er nicht nur über dem Kessel anzuwenden weiß. Und er ist Perfektionist. Diese Kombination lässt solche Dinge entstehen. Jetzt versteht ihr vielleicht auch meine neu entdeckte Freude am Essen", fügte sie noch hinzu und beide nickten.
„Es ist beschlossen, Mine. Du bringst ihn beim nächsten Mal mit. Vielleicht kann er dabei helfen, den Sonntagsbraten deiner Mutter etwas zu retten", sagte ihr Vater und handelte sich einen strafenden Blick von der Seite ein.
Hermine lachte und nickte. „Ich werde ihn fragen, allerdings muss ich dann von euch erwarten, dass ihr ihn nicht mit Fragen bombardiert, die Hochzeit oder Kinder beinhalten. Er ist mein Mentor, mein Mitbewohner, ein guter Freund."
„Aber du magst ihn?", hakte ihre Mutter sanft nach und sie konnte nur nicken. „Und er mag dich?" Ein erneutes, zaghaftes Nicken.
„Aber es ist nicht so einfach. Ich war seine Schülerin, er hat eine schwierige Vergangenheit — ich möchte ihn zu nichts drängen. Ich kann warten." Ihre Stimme klang erstaunlich fest.
„Das ist in Ordnung, mein Schatz. Lasst euch Zeit."
„Aber nicht zu viel. Wie alt ist er?" Ihr Vater aß bereits das nächste Plätzchen.
„Dad", lachte Hermine. „Wir sind Magier. Unsere Lebenserwartung ist ungefähr doppelt so hoch wie die eines Muggels. Und Severus ist 19 Jahre älter, was in er magischen Gesellschaft das kleinste Problem ist", erklärte sie ihm amüsiert. Um sein Alter hatte sie sich noch gar keine Gedanken gemacht, es spielte für sie keine Rolle.
„Trotzdem musst du auch an uns denken. Wir leben nicht so lange und wollen unseren Enkeln noch etwas von der Welt der Muggel zeigen", konterte er.
„In Ordnung, Dad. Ich werde es in meiner Zukunftsplanung berücksichtigen."

Diese Unterhaltung [Eine Sevmione Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt