5 - Wer ist der glückliche Zauberer?

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Am nächsten Morgen kam Hermine erholt und sichtlich ausgeschlafen in die Küche und setzte sich an den bereits gedeckten Tisch. „Guten Morgen, Severus", flötete sie mit viel zu guter Laune.
Er brummte nur, hatte er doch noch nicht einmal seine erste Tasse Kaffee getrunken. Sie wartete geduldig, bis er ansprechbarer war und aß in der Zwischenzeit mit sichtlichem Appetit.
„Ich muss schon zum Mittagessen im Fuchsbau sein. Was machst du eigentlich den ganzen Tag so ohne mich?", fragte sie zwischen zwei Bissen und sah ihn mit strahlenden Augen an.
„Wahrscheinlich werde ich die Ruhe und den Platz im Labor genießen und ein wenig brauen", brummte er, doch als er sah, dass sie den Scherz missverstand, seufzte er leise. „Hermine. Das war ein Scherz."
Der verletzte Ausdruck in ihrem Gesicht wich einer leichten Röte auf ihren Wangen. „Oh." Mehr sagte sie nicht.
„Du weißt, dass ich gern mit dir im Labor bin — und das hier fühlt sich nach einem erpressten Geständnis dessen an", fügte er hinzu und sah sie prüfend an.
Ihr Grinsen kehrte zurück. „Das war nicht meine Absicht." Sie seufzte nun ebenfalls und lehnte sich zurück. „Früher habe ich die Zeit im Fuchsbau sehr genossen, doch inzwischen ist es mir zu laut. Zu viele Menschen, zu viel Trubel, zu viele perfekte Familien und Kinder. Molly fragt mich jedes Mal, ob ich schon jemanden gefunden habe, mit dem ich an die Tradition der Weasleys anschließen kann." Dabei schüttelte sie schmunzelnd den Kopf.
„Möglichst schnell möglichst viele Kinder in die Welt setzen?", hakte Severus spöttisch nach.
Sie nickte nur und trank einen Schluck Kaffee. „Es ist manchmal schwer, ihnen verständlich zu machen, dass nicht jeder diesen Traum hat. Dass es andere Dinge gibt, die man erreichen kann im Leben."
„Seit dem Krieg kenne ich diese Aussagen nur zu gut", sagte er leise und wirkte ein wenig amüsiert. „Als ich Molly das letzte Mal traf, schlug sie vor, mir endlich eine nette Hexe zu suchen und mich niederzulassen. Der Krieg wäre schließlich vorbei und ich kein Spion mehr."
Hermine prustete bei seiner Offenbarung los und verschluckte sich beinahe am Kaffee. „Das hat sie gesagt? Und was hast du ihr geantwortet?"
„Dass ich keinen Bedarf für eine nette Hexe habe." Dabei betonte er die Worte wie eine schlecht schmeckende Zutat und verzog den Mund.
Hermine schmunzelte nur. Sie konnte sich vorstellen, wie Severus auf eine Hexe reagierte, die wie Lavender Brown war — denn das verstand Molly unter einer netten Hexe. „Verständlich. Ich kenne ihre Vorstellungen davon. Nun weißt du, was heute auf mich zukommt." Sie seufzte schwer. „Hast du zufällig einen Trank da, der mich für ein paar Stunden krank macht oder zumindest mich so aussehen lässt?", fragte sie hoffnungsvoll, doch Severus schüttelte nur den Kopf.
„Nein, Miss Granger. Sie werden sich heute nicht vor der Verantwortung drücken. Sie gehen heute auf dieses überaus fröhliche Treffen, während ich nach dem Labor in Ruhe ein gutes Buch, die Stille meines Hauses und einen guten Tee genieße..." Die Worte ließ er mit deutlichem Genuss ausklingen und sie versteckte ihr Schmollen hinter ihrer Tasse.
„Du bist gemein, Sev", murmelte sie dann doch und entlockte ihm ein kleines Lachen.
„Ich habe nie behauptet, dass ich nett bin", konterte er mit einer gehobenen Augenbraue und einem Blick zu ihr.
„Zum Glück", bestätigte sie und stellte ihre Tasse ab.
Sie waren fertig mit dem Frühstück und räumten gemeinsam die Küche auf, bevor sie sich ihren täglichen Aufgaben widmeten.

Hermine verabschiedete sich kurz darauf jedoch wieder in ihr Zimmer und stand erneut vor dem Schrank. Was sollte sie tragen? Heute war sie nur eine Randerscheinung und es war ihr ein Bedürfnis, auch nicht weiter aufzufallen. Sobald sie im Fokus stand, würde Molly die gleichen Fragen stellen und all ihre Schwiegertöchter würden beginnen, von ihren perfekten Familienleben zu schwärmen. Sie freute sich für sie, doch war es wirklich notwendig, sie damit unter Druck zu setzen? Sie seufzte und zog sich eine dunkle Jeans und einen Pullover aus dem Schrank, bevor sie wieder nach unten ging.
Sie fand Severus in der Bibliothek, auf der Suche nach der heutigen Lektüre, denn er wanderte mit langsamen Schritten an den Regalen entlang und ließ den Blick schweifen.
Als er sie bemerkte, drehte er sich zu ihr um. „Schon fertig? Allzu viel Mühe hast du dir nicht gegeben", stellte er fest und seine Augen huschten einmal über ihre Erscheinung.
Hermine zuckte nur mit den Schultern. „Am Ende sitzt sowieso irgendein rothaariges Kind auf meinem Schoß und schmiert seine Schokoladenfinger an mir ab. Da ist ein hübsches Kleid vertane Mühe."
„Du weißt schon, dass du eine Hexe bist und das bereinigen könntest?", hakte er amüsiert nach.
„Und du weißt schon, dass die Flecken in der gleichen Geschwindigkeit wieder dort sein werden, weil es nun einmal Kinder sind?", konterte sie und er schmunzelte nur.
Hermine blieb einige Momente neben ihm vor den Regalen stehen, so als könnte sie damit die Zeit anhalten, dann sah sie zur Uhr, seufzte schon wieder und drehte sich zu Severus um. „Ich hoffe, ich kann mich nach dem Abendessen davonschleichen, sobald die Kinder im Bett sind."
Sie sah zu ihm auf und er erwiderte ihren Blick, der noch immer die stumme Bitte enthielt, sie einfach hier zu behalten, egal wie. Aber diesen Gefallen würde er ihr nicht tun. Das war ihre Familie und ihre Freunde, da musste sie durch. Stattdessen schenkte er ihr ein süffisantes Grinsen. „Viel Spaß und trink nicht zu viel, sonst muss ich dich abholen."
In ihren Augen blitzte es freudig auf. „Das wäre eine Option. Aber wie erkläre ich das den anderen?"
„Das ist etwas, worüber du dir Gedanken machen musst, nicht ich", meinte er nur und grinste sie an, ganz Slytherin.
„Du gemeine Oberschlange! Gut, ich werde mich nicht betrinken, damit ich noch apparieren kann. Ich habe keine Lust, zur Uni zu flohen und dann herzukommen."
„Es ist erstaunlich, mit wie wenig Freude du diesem Treffen entgegen siehst", bemerkte er nur und schob sie damit sanft zur Tür der Bibliothek. „Jetzt geh, bevor du zu spät kommst. Du hast schließlich keine Ausrede dafür."
Sie ging in den Flur, um ihren Umhang zu holen. Dabei dachte sie laut nach: „Meine Eule ist krank — nein. Mein Mitbewohner ist krank — nein, ich habe ja offiziell gar keinen. Mit meinen Eltern habe ich gestern erst gefeiert, die können nicht krank sein."
Severus stand mit einem schiefen Grinsen im Türrahmen und sah ihr zu, wie sie noch immer im Wohnzimmer stand, die Tür zur Veranda im Blick.
„Geh, Hermine. Sonst bringe ich dich hin und verschwinde sofort wieder. Das bringt dich sicherlich in Erklärungsnot", amüsierte er sich ganz prächtig und trat zu ihr.
Ihre Antwort war ein kindisches Zunge herausstrecken.
Er öffnete ihr die Tür, legte ihr eine Hand in den Rücken, küsste fast schon frech ihre Wange und schob sie einfach in den kalten Tag hinaus, bevor er die Tür wieder schloss. Sie sah ihn durch die Scheibe überrascht an, doch er drehte sich einfach um und ging wieder in die Bibliothek.
Hermine stolperte fast schon die Stufen in den Garten hinab und musste sich einige Atemzüge lang beruhigen, bevor sie zum Fuchsbau apparieren konnte.

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