3 - Und die Feder ist auch hübsch

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Weihnachten war in diesem Jahr eine seltsame Begebenheit für Severus. Er feierte dieses Fest nicht, schmückte weder sein Haus, noch verteilte er Geschenke — die für Hermine einmal ausgenommen. Doch in diesem Jahr fragte sie ihn nach einem Weihnachtsbaum und er stimmte zu. Er wollte ihr dieses Fest nicht verderben, nur weil er nicht dazu in Stimmung war — für sie war es offenbar wichtig.
So wanderten sie in einen kleinen nahegelegenen Wald, der neben kahlen Laubbäumen auch einige Tannen beherbergte und sie suchten sich ein passendes Exemplar aus, das sie mitnahmen und unter einem Stasiszauber im Wohnzimmer aufstellten.

Hermine dekorierte den gesamten Raum anschließend auf Muggelart, so wie sie es früher immer mit ihren Eltern getan hatte.
Snape durfte das Wohnzimmer erst betreten, als sie fertig mit Dekorieren war und staunte: Er kannte nur die in Hogwarts übliche überladene magische Dekoration, die klingelte und bimmelte und sang und niemals still zu stehen schien. Das hier allerdings traf genau seinen Geschmack und er wusste, dass sie auf ihn Rücksicht genommen hatte: Sie nutzte kein Gold oder Rot und blieb auch sonst sehr dezent mit Farben. Kugeln in Silber, weiß und cremefarben in verschiedenen Größen schmückten den Baum und auf der Spitze thronte ein silberner Stern. Dazu viele Kerzen, die das einzige magische Element der Dekoration waren. Am Kamin hing eine Girlande aus Tannenzweigen, an der ebenfalls einige kleine Kugeln glänzten und bis auf weitere Kerzen, die mit etwas Tannengrün gruppiert waren und auf der Kommode und dem Couchtisch standen, gab es keine weitere Dekoration. Es war bereits dunkel draußen und nur die vielen Kerzen spendeten noch Licht, sodass die Stimmung festlich aber besinnlich war.
„Gefällt es dir?", fragte Hermine leise und stand noch immer erwartungsvoll neben ihm.
Er nahm die Szene noch einmal in sich auf, dann drehte er sich zu ihr und sah auf die junge Hexe hinab, die in den letzten Monaten so sehr ein Teil seines Lebens geworden war, dass er es sich gar nicht mehr ohne sie vorstellen konnte. „Ja und es ist das erste Mal, dass ich den Wunsch verspüre, dieses Fest zu feiern", gestand er ihr.
Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Dann möchte ich dir gern einige Traditionen meiner Familie zeigen und es zu einem gelungenen Weihnachtsfest machen — wenn du das möchtest", fügte sie hinzu und ließ ihm damit die Wahl.
„Sehr gern", stimmte er zu und trat weiter in den Raum, um sich alles anzusehen.

So kam es, dass sie die Wochenenden vor Weihnachten damit verbrachten, stundenlang gemeinsam in der Küche statt im Labor zu stehen und allerlei Gebäck zu fabrizieren.
Hermine nahm vieles davon zu ihren Freunden mit, wenn sie diese besuchte und allzu oft hörte sie lobende Worte. Sie verriet nicht, dass ein gewisser Tränkemeister die Gewürzmischung für die meisten Plätzchen selbst herstellte oder so manches Rezept von ihm verbessert wurde. Sie lächelte nur, bedankte sich für die Komplimente und erzählte Severus am Abend davon, wie sehr seine Plätzchen die anderen ins Schwärmen gebracht hatten. Sie amüsierten sich beide darüber, wie sie wohl reagieren würden, wenn sie wüssten, dass er dahinter steckte.
Niemand wusste bisher, dass sie bei Severus wohnte — sie wollte nichts verstecken, doch es ging auch niemanden etwas an. Und sie wollte warten bis sie diese eine Unterhaltung geführt hatten oder sie sich zumindest sicher war, das es mehr als nur eine Wohngemeinschaft war.

Am Weihnachtsmorgen stand Severus recht spät für seine Verhältnisse auf und als er in das Wohnzimmer trat, fand er Geschenke unter dem Baum. Er vermutete, dass die Hauselfen aus Hogwarts etwas damit zu tun hatten, denn sie waren die einzigen, die seine Banne überwinden konnten. Er ging weiter in die Küche und begann damit, das Frühstück vorzubereiten. Kurz darauf kam auch schon Hermine und er hörte sie leise auflachen, als sie ebenfalls die Geschenke sah.
„Sev! Komm, Geschenke auspacken! Frühstücken können wir später." Sie klang ganz aufgeregt, als sie aus dem Wohnzimmer rief und dann doch zu ihm in die Küche eilte, wo er gerade zwei Tassen mit Kaffee füllte.
Dass sie seinen Namen auf diese Weise abkürzen durfte, hatte er ihr in den letzten Wochen gestattet, nachdem sie zu viele Plätzchen gebacken, stundenlang durch die winterliche Landschaft gewandert waren und sie ihn einmal sogar auf einen Weihnachtsmarkt der Muggel geschleift hatte.
„Der darf doch sicherlich mit, oder?", fragte er und hielt ihr eine Tasse hin, die sie ihm mit einem Lächeln und einem Nicken abnahm und sofort einen vorsichtigen Schluck trank. „Ausnahmsweise. Aber jetzt komm!" Und damit war sie auch schon wieder aus dem Raum und er folgte ihr.
Während sie sich einfach auf den Boden setzte und die Tasse neben sich abstellte, ließ er sich in dem Sessel nieder, der ihr am nächsten stand und nippte an seinem Kaffee.
Hermine drehte sich zu ihm um und reichte ihm ein Geschenk. „Für dich", sagte sie und lächelte. Es war das erste Weihnachten, bei dem sie auch miterleben konnte, wie er ihr Geschenk auspackte.
Dabei ging Severus jedoch so sorgfältig und vorsichtig vor, dass sie fast die Geduld verlor und es ihm am liebsten aus den Händen gerissen hätte, um es selbst auszupacken. Schließlich hielt er es in seinen Händen und das Verziehen seiner Mundwinkel konnte sie heute großzügig als Lächeln deuten. Das Strahlen in seinen Augen auf jeden Fall.
Es war ein neues Set zum Zutaten sammeln, praktisch in eine robuste Lederhülle eingearbeitet. Die Werkzeuge darin kamen denen gleich, die er bereits in seinem alten Set besaß, allerdings waren seine bereits stark abgenutzt und sie hatte beschlossen, dass es Zeit für ein neues war.
Er erhob sich und beugte sich zu ihr hinab, um ihre Wange zu küssen. „Danke, Hermine", sagte er leise, sah ihr in die Augen und setzte sich dann wieder.
Von der Geste überrascht, reagierte sie nur mit einem Nicken und drehte sich wieder zu den Geschenken um. Dabei fiel ihr ein Paket ins Auge, das nur von ihm sein konnte. Es war ordentlich eingepackt und das Papier war weder schreiend bunt noch magisch. Sie griff danach und öffnete es vorsichtig. Zum Vorschein kam eine hölzerne Box, in der ein hübsches Schreibfederset und ein Umschlag lagen. Sie nahm den Umschlag und öffnete ihn, überflog den darin enthaltenen Brief. Dann schnappte sie nach Luft und drehte sich zu ihm. „Nein!" Mehr brachte sie nicht hervor und sah ihn mit großen Augen an.
Langsam erhob sie sich und trat vor seinen Sessel, von wo aus er sie beobachtete. Sein Geschenk hatte er inzwischen auf dem Couchtisch abgelegt, um ihr seine volle Aufmerksamkeit zu schenken.
„Du bist doch verrückt", sagte sie leise und starrte ihn an, ehe sie ihm einfach um den Hals fiel, dabei das Gleichgewicht verlor und schließlich auf seinen Schoß landete. Diese plötzliche Nähe ließ beide kurz erstarren, doch sie fingen sich wieder und er legte ihr die Arme um den Körper.
„Gefällt es dir nicht?", fragte er mit einem amüsierten Funkeln in den Augen und einem spöttischen Grinsen.
„Ob es mir nicht gefällt?! Da liegt eine Einladung zum exklusivsten Treffen der Tränkemeistergilde in meinem Geschenk!" Ihre Stimme überschlug sich fast. „Und die Feder ist auch hübsch", fügte sie schnell hinzu.
„Da bin ich beruhigt", spottete er milde.
„Severus! Wie — ich meine, wie hast du diese Einladung bekommen?" Sie hatte die Arme noch immer um seinen Hals geschlungen und er genoss ihre Nähe wirklich viel zu sehr. Ihre Augen schienen Funken zu sprühen und ihre Magie pulsierte so aufgeregt in ihr, sodass er es spüren konnte.
„In den letzten Jahren waren meine Forschungen recht erfolgreich und da ich nicht mehr auf Abruf für zwei Meister verfügbar sein muss, habe ich die Einladungen der letzten drei Jahre wieder angenommen. Für das nächste Mal habe ich die Erlaubnis erhalten, einen potenziellen Kandidaten für einen Meistertitel einzuladen."
„Aber ich habe doch nicht einmal mein Studium abgeschlossen!" Nun schlug ihre überschwängliche Freude fast in Panik um.
„Hermine, bitte. Das ist reine Formsache", erwiderte er ruhig. „Das Treffen ist im März und bis dahin hast du deinen Abschluss, also mach dir darum keine Gedanken. Du musst nur eine Zusage schicken."
Im nächsten Moment wollte sie aufspringen, um genau das zu tun, doch er hielt sie einfach in seiner Umarmung gefangen und ließ sie nicht gehen. „Geschenke auspacken, Frühstücken, Brief schreiben. Ist es möglich, diese Reihenfolge einzuhalten, Miss Granger?", säuselte er in alter Lehrermanier nahe an ihrem Ohr.
Hermine grinste ihn an. „Ja, Professor."
„Gut." Erst dann ließ er sie los und sie erhob sich, um sich doch wieder zu ihm zu beugen. „Danke, Sev", sagte sie leise und küsste seine Wange, bevor sie sich den anderen Geschenken widmete.
Sie entfernte das bunte Papier von vielen Büchern, Süßigkeiten, dem obligatorischen selbstgestrickten Pullover von Molly und anderen Kleinigkeiten von ihren Freunden und ihrer Familie, über die sie sich freute.

Nachdem Hermine das Chaos beseitigt hatte, gingen sie in die Küche und frühstückten endlich, wobei Severus darauf achtete, dass sie erst einen ganzen Teller voll aß, bevor sie mit der Einladung in der Bibliothek verschwinden konnte.
Dort blieb sie allerdings nicht lang, denn sie kam mit überaus blassem Gesicht zu ihm ins Wohnzimmer zurück. „Das ... ich weiß nicht ...", stammelte sie und er runzelte die Stirn, nahm ihr die Einladung ab, um sie zu lesen. Sie wurde eingeladen, wie von ihm veranlasst, doch dort stand auch, dass sie ihre Abschlussarbeit vorstellen sollte, da das Thema interessant und neu war.
„Wo ist das Problem?", fragte er sie und gab ihr die Einladung zurück.
„Diese Arbeit wurde noch nicht einmal bewertet! Ich könnte damit durchfallen oder eine schlechte Note bekommen!" Ihre Hände fuhren durch ihre wilden Locken.
Severus fing diese ein, nahm ihr die Einladung erneut ab, um sie wegzulegen und zog sie neben sich auf die Couch. „Dir ist bewusst, dass du die klügste Hexe unserer Zeit bist und dass du dir einen Mentor gesucht hast, der ebenfalls ein gewisses Niveau an Können und Wissen mitgebracht hat? Also frage ich Sie nun, Miss Granger, wie es möglich sein soll, dass eine Arbeit dieser beiden Menschen schlecht benotet werden kann?", hakte er in alter Lehrermanier nach und brachte sie damit wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
Sie blinzelte und der leicht panische Ausdruck in ihren Augen wich einem amüsierten Funkeln. „Stimmt. Da du es nicht benotest, wird es wohl besser für mich ausfallen, als gedacht."
„Freche Hexe", knurrte er, doch sein Nicken bestätigte ihre Aussage. „Und da ich dir für diese Arbeit ein Ohnegleichen geben würde, werden es die Prüfer mit Sicherheit. Also schreib jetzt die Zusage und dann musst du dich für deine Eltern hübsch machen. Es wird Zeit", erinnerte er sie und rief mit einer Handbewegung einen Tempuszauber auf, der sie von der Couch springen ließ.

Hermine schenkte ihm noch ein Lächeln und eilte in die Bibliothek, wo sie das bereits vorbereitete Pergament beschrieb und versandfertig machte. Die braune Schleiereule kam sofort zu ihr, als sie sie auf der Veranda rief und sie schickte den Brief ab. Dann eilte sie nach oben in ihr Zimmer und blieb vor ihrem Schrank stehen. Was sollte sie anziehen? Ein Kleid! Schnell holte sie eines der wenigen, die sie besaß heraus, zog es an und zückte den Zauberstab. Ein abgeschlossenes Studium in Verwandlung war dafür nicht notwendig, doch es brachte ihr den letzten Schliff bei den Details ein. Ihr Haar ließ sie offen und mit einem Mantel über dem Arm ging sie wieder nach unten.

Severus beobachtete sie, wie sie in einem knielangen, dunkelroten Kleid ins Wohnzimmer kam, einen schwarzen Wintermantel überziehend. Ihre Beine waren mit schwarzen Strumpfhosen bedeckt und steckten in ebenfalls schwarzen Stiefeln mit einem leichten Absatz.
Sie drehte sich einmal um sich selbst und grinste ihn dann an. „Hübsch genug?"
„In der Tat", brachte er hervor, noch zu sehr in ihrer Betrachtung gefangen. Wurde sie jeden Tag hübscher oder lag es an den vielen Kerzen, die alles im Raum weich und warm erscheinen ließen?
„Bis später, Sev." In ihrem Übermut trat sie zu ihm und küsste ihn auf die Nase, was ihr einen schrägen Blick einfing.
„Ich warte auf dich", sagte er nur und senkte den Blick auf sein Buch, das in den letzten Momenten vergessen in seinem Schoß lag.
Sie trat über die Veranda in den Garten hinaus und disapparierte.

Diese Unterhaltung [Eine Sevmione Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt