Immer wieder ertappte ich mich selbst dabei, wie mein Blick hinüber zu Draco huschte, als wir bei Professor Slughorn im Zaubertrankunterricht den Trank der lebenden Toten herstellen sollten.
Auch Harry, der viel zu gut gelaunt neben mir aussah, machte mich verrückt. Er wusste genau, was er tat. Hermines Gesicht sprach wirklich Bände, während sie ihn verzweifelt beobachtete.
Keine Ahnung, was an seinem Buch anders war und warum er irgendwelche Schritte anders erledigte. Darüber konnte ich mir auch gar keine Gedanken machen. Ich hatte keine Konzentration. Diesmal lag es nicht nur daran, dass ich nicht viel geschlafen hatte, denn daran hatte ich mich irgendwie, in all den Jahren schon gewöhnt. Es lag vor allem an Draco. Das musste ich mir gedanklich zugeben.
»Ana!« Harrys Hand hielt mich davon auf, etwas in den Kessel zu werfen, der vor mir war. »Lieber nicht. Nimm das.« Er drückte mir selbstsicher ein kleines Gefäß in die Hand, dessen Inhalt ich in den Kessel schüttete. Schien richtig zu sein. Hermine blickte verwirrt zu mir, ich zuckte nur die Schultern und hörte nur, wie sie begann mit ihm zu sprechen.
Mein Blick wanderte ein weiteres Mal zu Draco. Für einen kurzen Moment dachte ich, er hätte zu mir gesehen, aber ich war mir sofort sicher, dass ich mir das eingebildet haben muss. Ich schüttelte den Kopf, um mich selbst davon abzuhalten, die ganze Zeit zu ihm zu schauen. Dabei versuchte ich an etwas anderes zu denken.
Wie von Schicksal bestimmt, ertönte dann Slughorns Stimme, die verkündete, dass Harry den Trank der lebenden Toten erfolgreich zusammen gebraut hatte. Wir klatschten, als er die kleine Phiole Felix Filcis oder auch flüssiges Glück genannt, überreicht bekam.
• • •
Unter meinen Füßen knarzte die Holzbrücke, die quer über den schwarzen See führte. Hermine wollte zwar mit mir in die Bibliothek, allerdings hatte ich mich schon mit Luna verabredet. Sie und ich trafen uns gerne am Nachmittag nach dem Unterricht draußen. Oft waren wir bei den Thestralen, bei denen sie sich am meisten aufhielt.
Der Himmel war voller dunkelgrauer Wolken überzogen. Endlich war ich auf der anderen Seite angekommen und ich betrat wieder Erde und Gras. Ich atmete die frische Luft ein und setzte meinen Weg fort.
Irgendwann konnte ich Luna schon von weitem mit den Thestralen sehen und näherte mich ihr.
»Hey, Luna!« Sie entdeckte mich und ich sah, wie sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht bildete.
»Hey, Ana«, erwiderte sie. Sie streichelte über die Schnauze des mit Flügeln versehenen Pferdewesens.Luna musterte mich und sagte schließlich: »Du siehst... naja... müde aus. Und gedankenverloren. Was ist los?« Sie hat wohl beinahe gesagt, ich sehe nicht gut aus. Ich hätte ihr auch das nicht übel genommen, weil ich wusste, wie sie es meinte und ich glaubte, das wäre auch berechtigt gewesen. Bestimmt sah ich wirklich gar nicht gut aus.
»Du weißt doch. Hab wieder so gut wie nicht geschlafen diese Nacht«, antwortete ich. Ich streichelte die Schnauze eines anderen Thestrals neben Luna.
»Warst du wieder auf dem Astronomieturm?«, hakte sie nach. Ich nickte, war mir nicht sicher, dass sie es gesehen hatte und fügte dem ein »ja« hinzu.
»Aber da ist doch noch etwas anderes«, fiel ihr auf. Ich vergaß, wie durchschaubar ich für Luna Lovegood war. Sie konnte Menschen viel zu gut lesen. Für sie war ich schon immer wie ein offenes Buch gewesen. Nur gut, dass sie trotzdem nicht wirklich ganze Gedanken lesen konnte.»Es ist deutlich zu spüren, dass Hogwarts und die gesamte Zaubererwelt sich athmosphärisch verändert haben. Es ist so... düster, verstehst du?« Ich erwartete keine Antwort. »Ich möchte die Zeit hier noch genießen. Wir wissen nicht, wie schnell das alles hier vorbei sein kann.« Ein Blick zu Luna und ich sah ein Nicken. »Stimmt. Im Hier und Jetzt leben, nicht zu sehr an die Zukunft denken.« Ich musste schmunzeln, weil ich daran dachte, wie alle mich direkt verstanden, wenn ich das erwähnte.
»Das ist manchmal leichter gesagt, als getan. Das ist das Problem. So sehr ich es will, ich hab auch Angst.«
»Natürlich. Das ist normal, Ana. Mach dir keine Sorgen. Solang Dumbledore lebt...«
»kann uns nichts hier passieren. Ich weiß«, beendete ich ihren Satz. »Jetzt erzähl mal. Wie war dein Tag?«Der plötzliche Themenwechsel schien sie zu überraschen, denn sie beantwortete die Frage erst einige Sekunden später: »Lehrreich. Bei dir?«
»War ganz gut.« Ich hielt inne. »Harry war heute etwas seltsam, aber sonst gut.«Sie warf mir einen fragenden Blick zu. »Er hat scheinbar ein ganz anderes Lehrbuch bekommen, als wir. Jedenfalls hat er im Zaubertrankunterricht ein Fläschchen Felix Felicis bekommen. Er wusste irgendwie genau, was er tut, aber manches stand nicht so im Buch. Hermine war gar nicht begeistert.« Ich lachte kurz ohne Laute auf.
»Das ist seltsam. Aber gönnen wir ihm die kleine Portion Glück«, sagte Luna freundlich.
»Das hab ich auch gesagt! Aber du kennst sie ja.«Wir streichelten weiter die knochigen Wesen, als ich ein Knacken nicht weit von uns entfernt wahrnahm. Ich sah um mich, aber ich war mir sicher, dass es nur ein Tier war.
Nur kurze Zeit später, hatten wir uns auf die viel zu dünne, schwarze Haut der Thestrale gesetzt und flogen gemeinsam ein paar Runden um das Schloss herum. Wenn uns Mitschüler dabei sahen, die nie den Tod gesehen haben, mussten sie sich wohl fragen, wie es möglich war. Denn Leute, die den Tod nie gesehen haben, konnten Thestrale nicht sehen und möglicherweise glaubten sie auch nicht an diese Art von Geschöpfen. Ich aber, zum Beispiel, konnte sie seit Tag eins sehen.
Wir glitten mit ihnen durch die Lüfte. Dabei fühlte ich mich so leicht, so frei und vergaß alles, was mir in dieser Zeit Sorgen bereitete oder ähnliche Gedanken, die ich nicht unbedingt haben wollte.
Der Wind blies mir sanft ins Gesicht und durch die Haare. Ich genoss das Gefühl und betrachtete Hogwarts von dieser ganz besonderen Perspektive, die sich mir bot. Die steinernen Gemäuer, die verschiedenen Türme in unterschiedlicher Höhe, wobei mir der Astronomieturm wie immer am meisten auffiel und auch gefiel.
Auch die Gewächshäuser, die aneinander gereiht auf dem Gelände standen, konnte ich sehen und etwas in der Ferne entdeckte ich den Eulenturm. Ich sah die Innenhöfe, den schwarzen See und den weiten Verbotenen Wald.
Hogwarts war ein wahrlich wunderschöner Ort. Egal wie viel dunkler die Zeiten werden würden. An dieser Schule unterrichtet zu werden, war ein Geschenk und die mit Abstand besten Jahre meines Lebens.
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autor note:
Ob Draco wohl auch ganz kurz zu Ana gesehen hat? Vielleicht ahnt er bereits, dass sie es war, die in der letzten Nacht auch auf dem Astronomieturm war. Was glaubt ihr?
Auf jeden Fall, kann sie plötzlich nicht mehr aufhören an ihn zu denken und fragt sich, ob bei ihm alles in Ordnung ist, weil es scheint, als wäre das nicht der Fall. Für sowas hat sie nämlich wohl ein gutes Gespür.
- ps: jap, ich werde euch unter jedem Kapitel über eure Meinungen zu den Geschehnissen daraus befragen.
Mich interessiert einfach zu sehr, was ihr von meiner Fanfiction haltet und bin offen für positive und negative Kritik😉
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We go down together || Draco Malfoy Fanfiction [Harry Potter]
FanfictionIn der Zaubererwelt wird es immer düsterer als Anastasia ihr sechstes Schuljahr in Hogwarts beginnt. Die seltsame Stimmung bekommt sie überall innerhalb der Schlossmauern zu spüren. Sogar Draco Malfoy, den sie jahrelang nur als den arroganten Reinbl...