- 6: Klaviertöne -

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Verteidigung gegen die dunklen Künste war mein Lieblingsfach. Bis Snape es in diesem Schuljahr begann, zu unterrichten. Nein. Es war noch immer mein Lieblingsfach. Ich ließ es mir nicht von ihm verderben. Niemals.

In seinem Unterricht versuchte ich ganz extrem, einen klaren Kopf zu bewahren. Keine Gedanken zulassen, die uns Punkte kosten könnte, weil du nicht aufpasst, bitte Ana. Doch schräg hinter mir saß Draco. Und wenn ich meinen Kopf gesenkt hielt, um meine Feder über das Stück Pergament zu führen, konnte ich im Augenwinkel seinen Blick auf mir haften sehen. Ich konnte ihn förmlich auf mir spüren.

Bloß nicht ablenken lassen. Als mein Kopf sich wie von selbst zu ihm drehte, sah er gleich wieder weg. Also konzentrierte ich mich auch wieder auf das Abschreiben.

Eigentlich war Verteidigung gegen die dunklen Künste nur noch eine Qual. Es war dieses Fach, bei dem die Zeit nicht zu vergehen schien, seit Professor Snape der Lehrer war.

Viel zu oft wurde ich in den Stunden mit den Blicken des unheimlichen Lehrers durchlöchert. Als könnte er meine Gedanken lesen. Doch ich tat alles, um keine Punkte zu verlieren. Bestimmt suchte er, während er in meinen Kopf eindrang, wie es sich anfühlte, nach Gründen, Gryffindor Punkte abzuziehen. Denn daran fand er schon immer seine Freude. Seit ich nach Hogwarts kam, war das wohl seine Lieblingsbeschäftigung uns gegenüber. Alles für sein Haus Slytherin und den Hauspokal.

Zum Glück musste ich nicht mehr lange durchhalten und ich befand mich mit dem Quidditch-Team von Gryffindor zum ersten Training auf dem Quidditch-Feld. Ich konnte es kaum erwarten, diesen Sport zu trainieren.

Mit meinem Nimbus 2003 kam ich auf den Platz gelaufen, wo Harry bereits eine Ansprache hielt. Man könnte meinen, die Nimbus-Modelle waren längst nicht mehr die beliebtesten. So war es auch, dennoch wurden sie weiterentwickelt. Meiner war jetzt schon vor drei Jahren herausgebracht worden. Ich hatte einmal den Feuerblitz von Harry ausprobieren dürfen, aber kam ganz und gar nicht damit zurecht, weshalb ich lieber bei den einfacheren Besen blieb. Er war aber auch nicht schlecht.

Auf den Tribünen saßen ein paar Freunde der Spieler. Da waren auch Hermine und Luna. Als Ginny mich entdeckte, winkte sie mich zu sich.
»Dann kann es ja jetzt losgehen«, sagte Harry zufrieden. Ich fühlte mich wirklich geehrt, die Nummer 7 auf meinen Rücken tragen zu dürfen. Nun lag es in den Quidditchspielen einzig allein an mir, den goldenen Schnatz für mein Team zu fangen und Gryffindor zum Sieg zu führen. Mit meiner großen Menge Ehrgeiz war ich bereit und würde alles dafür tun.

Ich schwing mich auf den Stiel, der aus dunklem Holz gefertigt war und ihn dadurch sehr edel aussehen ließ. Dann flog ich in die Höhe und winkte irgendwo Hermine und Luna zu, die stolz zurück winkten. Harry wollte sich das Training aus unserer Perspektive ansehen. Er hielt einen Ball in seiner einen Hand, der nicht der goldene Schnatz war, während er sich mit der anderen an seinen Besen festhielt.

Für das Training war es mir sowieso lieber, nicht nach dem Schnatz zu jagen. Harry warf den Ball, als ich bereit war. Sofort düste ich mit meinem Nimbus los. Ich beugte mich stark nach vorn und klammerte mich vorn am Besenstiel fest.

Den Ball hatte ich fest im Visier. Da der Ersatzball nicht von selbst fliegen konnte, raste er in Hochgeschwindigkeit auf die Erde zu. Ich hinterher. Ich war nur noch knapp von ihm entfernt, also streckte ich meine Hand nach ihm aus. Dann fing ich ihn und bremste mit meinem Besen kurz vor dem Boden.

Voller Freude präsentierte ich den anderen meinen Erfolg. Ich warf den Ball kurz hoch und fing ihn wieder auf. »Vergiss nicht, dass der Schnatz etwas komplett anderes sein wird, Ana. Der ist nämlich so flink wie ein Wanderfalke. Oder sogar mehr«, sagte Ron.

Ginny kam auch angeflogen. »Ich bin mir sicher, das weiß sie selbst, Ron. Ana ist die perfekte Sucherin. Kümmere dich lieber darum selbst ein guter Treiber zu sein.«
»Danke, Ginny, aber sei nicht so hart mit ihm. Er macht sich so schon genug Druck«, sagte ich.
»Anastasia! Ich denke, du bist mehr als bereit«, kam es von Angelina, die daraufhin stolz lächelte. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie dankbar ich war.

• • •

Eine weitere Leidenschaft von mir war das Klavierspielen. Das war auch irgendwie die schönste. Der zarte Klang war etwas so wundervolles. Wenn ich ihn wirklich brauchte und mich danach sehnte, öffnete sich für mich die Tür zum Raum der Wünsche.

Groß und leer war der Saal, der nur für mich an diesem Nachmittag existierte. In der Mitte stand der große schwarze Flügel, an dem ich saß und über mir hing ein goldener Kronleuchter. Als wäre das alles nötig.

Mit jeder Taste, die ich spielte, erklang ein neuer Ton. Sanft und fein. Und sie verbanden sich zu einer melancholischen Melodie. Ich hatte die Augen geschlossen, um es voll und ganz in meinen Venen fühlen zu können. Denn es ging so tief unter meine Haut.

Die Gedanken ruhten und ich war nur mit der Klaviermusik allein. Gefühle waren das, was mich leitete, wenn ich spielte. Es war nichts anderes als Improvisation. Ich nahm Klavierunterricht ,seit ich denken konnte. Bis zu dem Tag, an dem ich nach Hogwarts kam. Und ich hörte nie auf, dieses Instrument zu spielen. Bei den Weasleys stand auch eines und auch Hermine konnte spielen.

In meiner Trance, die mir die Töne verschafften, merkte ich nicht einmal, dass jemand den Saal betrat. Erst als Schritte durch den Saal hallten, hörte ich schlagartig auf zu spielen.

Verwundert blickte ich in Richtung Tür. Dort stand Draco. Wie konnte es sein, dass sich die Tür für ihn offenbarte? Das war doch der Raum, den ich brauchte. Was hatte es zu bedeuten, dass er ihn so einfach betreten konnte?

»Lass dich nicht stören«, sagte er kühl. Er dachte wohl, es wäre so leicht, wenn ausgerechnet er als Zuhörer hereinkam. Doch ich spielte weiter. Ich verlor die Leichtigkeit und Unbeschwertheit nicht, obwohl ich seine Anwesenheit deutlich spürte.

Draco näherte sich mir und den Flügel. Ich spielte weiterhin, aber sah auch ihn im schwarzen Anzug vor mir sich bewegen. Und mein Puls beschleunigte sich wieder einmal.

Immer leiser spielte ich, immer langsamer, bis ich zum Ende kam, den letzten Ton gedrückt hielt und somit zum Abschluss der Melodie kam. Stille.

»Wie bist du hier reingekommen?«, fragte ich, um die Stille zu brechen.
»Ich hörte das Klavier«, begann er. »Dann sah ich die Tür und konnte sie ohne Probleme öffnen.«
»Wie ist das möglich?«, murmelte ich, aber die Frage ging nicht direkt an ihn. »Der Raum der Wünsche öffnet sich immer nur, wenn man ihn braucht. In der Gestalt, die man braucht.«

»Ob du es glaubst, oder nicht, das weiß ich selber, O'Conner.« Wie immer wollte er seinem Ruf gerecht bleiben und kalt wirken. Ich erhob mich vom Klavierhocker. »Nun. Ich gehe jetzt. Was du machst, ist mir egal.« Ich verließ den Saal und damit den Raum der Wünsche. Die Tür war dann nicht mehr sichtbar für mich.

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autor note:

Anas erste Trainingsstunde als Sucherin von Gryffindor im Quidditch hat sie schon mal hinter sich gebracht.

Wie kann es wohl sein, dass Draco den Raum der Wünsche betreten konnte, während sie dort Klavier spielte?
ps: Ich fand die Idee einfach nur super

Wer von euch kann auch Klavier spielen?
ps: Ich habe mal Klavierunterricht genommen, aber nur ein Jahr ungefähr. Kann also leider nicht so unbedingt gut spielen :(

We go down together || Draco Malfoy Fanfiction [Harry Potter]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt