- 11: Expecto Patronum -

16 4 2
                                    

»Gut gespielt heute beim Quidditch-Spiel«, sagte er mir und ich bedankte mich stolz. »Bist du nicht etwas enttäuscht darüber, dass Gryffindor gewonnen hat und nicht Slytherin?«
»Normalerweise schon. Es liegt aber auf der Hand, dass du so viel mehr drauf hast, als unser Sucher«, gestand er mir seine Meinung.
»Dann hättest du wohl besser euer Sucher bleiben sollen«, meinte ich. »Ich finde, du warst wirklich, wirklich gut. Auch wenn du Harry nicht schlagen konntest.«

Mein Blick huschte Richtung Himmel und ich lehnte meinen Kopf zurück an die steinerne Wand, an der wir saßen. Über die Umarmung, wenn man es so nennen konnte, von vorhin, hatten wir bisher kein Wort verloren. Dabei fragte ich mich die ganze Zeit, ob sie angemessen war. Aber wenn nicht, hätte er sich ganz sicher zurückgezogen.

Sein Geruch war einer, den man viel zu gern einatmete, wenn man ihn nur einmal roch. Einen, den man am liebsten niemals wieder vergessen wollte. Er roch nach etwas holzigen. Verschiebe Hölzer, dessen Mischung ich wohl zu mögen schien. Davon hatte ich keine Ahnung, bis zu diesem Moment, in dem ich seinen Duft einatmete. Ein Duft, von dem man abhängig werden konnte.

Obwohl alles nur noch kalt und leer wirkte. Vor allem dieser Mensch, der neben mir saß, war er doch so warm. Es war so schön ihm so nah zu kommen, es hätte niemals wieder vorbeigehen sollen. Denn ich hatte Angst vor dem, was noch kam. Vor der Zukunft. Und mein eigener Schwur, der besagte das Hier und Jetzt genießen, war so viel schwerer zu befolgen, als ich erwartet habe.

Ich dachte an unsere erste Begegnung, die wir auf diesem Turm hatten. Da war es noch so anders zwischen uns. Zwischen uns. Was bedeutete zwischen uns? War etwas zwischen uns?

Wenn es leise war, wenn wir zusammen waren, dann war es in keinster Weise angespannt. Es war... so schön. Mir gefiel es, ihn so kennenzulernen, denn ich kannte ihn nicht. Ein neuer Wunsch ist in mir entstanden. Der Wunsch, ihn richtig kennenzulernen. Und in seinem Schweigen den Draco zu sehen, den er vor allen anderen versteckte.

»Kannst du mir nur diese eine Frage beantworten?« Ich wandte mich wieder zu ihm und er sah auch zu mir. »Was führt dich Nacht für Nacht, die du herkommst, ausgerechnet auf diesen Turm?« Möglicherweise hatte ich den Funken Hoffnung, ich wäre dieser unterbewusste Grund für ihn herzukommen. Er sagte immerhin einst schon, dass er das hier vielleicht sogar brauchte. Und brauchen war ein mächtiges Wort. Etwas und bedingt zu brauchen, war sehr wertvoll, wenn man es auch hatte.

Eine Stille trat ein. Eine Stille, in der ich nur zu ihm schaute und auf seine Antwort wartete. Inzwischen wusste ich zu gut, dass er nicht unbedingt gern sprach und ganz uns gar kein Mensch der großen Worte war. Aber es reichte auch, wenn es einer von uns war. Und Worte lagen mir immer schon.

»Dasselbe wie du, schätze ich«, entschied er dann zu sagen.
»Dasselbe wie ich? Du weißt doch gar nicht, was meine Gründe und Absichten hierbei sind. Erkläre es mir. Sag mir, was denkst du, zieht mich nachts hierher«, forderte ich ihn sanft und gleichzeitig neugierig auf.

»Die Verbundenheit zur Nacht. Die Ruhe, die sie dir schenkt. Das Freisein der Gedanken und Gefühle und das Loswerden von den negativen, bis man am nächsten Tag wieder damit konfrontiert wird.« Ich hörte ihm so gespannt zu und war erstaunt. In diesem Moment merkten wir beide, dass er gar nicht mehr über mich sprach. Und genau deshalb habe ich ihn diese Frage gestellt. »Eine bestimmte Stimme«, beendete er seine Erklärung urplötzlich.

Eine Stimme. Das konnte eine Stimme in ihm bedeuten, die ihm sagte, was er tun sollte. Die Stimme, die jeder in sich trug. Oder eine Stimme, wie die eines Menschen, mit dem man reden konnte. Welche war gemeint?

»Eine Stimme?«, brachte ich die Frage heraus. Da trafen sich unsere Blicke. Unsere Augen. Und seine Augen, dessen Schönheit an diesem dunklen Ort kaum sichtbar gemacht werden konnte.

Ich brauchte keine laute Antwort mehr. Dieser Augenkontakt war so viel lauter, als Worte es je sein könnten. Seine wunderschönen blauen Augen sagten so viel mehr, als Worte es je tun könnten.

Ohne etwas zu sagen, griff ich nach seiner Hand. Das klang schon zu aggressiv. Ich legte meine Hand auf seine und rückte näher. Und dann redeten wir gar nicht mehr. Ich ließ mein Herz höher schlagen und ich ließ die Gefühle zu. Denn ich hatte wirklich Gefühle für ihn.

• • •

Die Nächte, in denen ich mit diesem Jungen zusammen war, waren unbeschreiblich. Doch mit ihm wollte ich mehr sehen, als das. Es sollte mehr werden, als die Nacht. Es sollte auch der Tag werden.

Während der Schnee aus den grauen Wolken fiel, gab es nur uns. Wir spazierten Hand in Hand durch die verschneite Gegend von Hogsmeade. Weit und breit war keiner zu sehen, wo wir waren. Wir waren vom eigentlichen Dorf entfernt. Außerhalb von den Wegen am Rand des Waldes. Und ich hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Doch darüber musste ich nicht nachdenken. Denn alles, was zählte, war, dass wir zusammen Hand in Hand liefen.

Von dort aus sahen wir die Heulende Hütte, die Harry, Ron und Hermine im dritten Schuljahr von innen kennenlernen durften. Davon erzählten sie mir damals. Schon so lange war es her und so viel war seitdem passiert. Nun war ich hier mit Draco Malfoy. Das bewies schon so gut wie alles. Das bewies, wie viel passiert war und sich verändert hatte.

Ich zückte meinen Zauberstab. Er bestand aus Akazienholz und hatte den Kern einer Drachenherzfaser. Der vierzehn Komma fünf Zoll lange Zauberstab hatte einen hellbraunen, dickeren Griff, der mit einer abgerundeten Spitze endete. Vom Griff zeichnete sich eine Linie über das dunklere Holz, wie eine Ranke, die sich um den Stab wickelt, doch nur bis zur Hälfte.

»Expecto Patronum«, rief ich und aus dem Stab kam blaues Licht und eine kleine Gestalt in der Form eines Fuchses, der durch den Schnee zu hüpfen begann. Ich musste lächeln. Ich liebte die Magie. Niemals hätte ich es mir vorstellen können, bis vor sechs Jahren.

Draco sah auf und beobachtete den Fuchs ebenso.
»Zauberei ist etwas einzigartiges und so wunderbares. Ich bin so glücklich Teil von dieser Welt sein zu dürfen.«

Mitten im Sprung löste sich mein Fuchs-Patronus wieder auf. Wir sind stehen geblieben und standen uns gegenüber. »Ich möchte, dass du mich kennenlernst. Und ich möchte dich kennenlernen. Ein Patronus sagt viel über einen Zauberer oder eine Hexe aus. Deshalb habe ich ihn dir gezeigt. Der Fuchs passt wirklich gut zu mir, wenn man darüber nachdenkt. Der Patronus hilft mir zu verstehen, wer ich selbst eigentlich bin. Durch ihn habe ich mich endgültig kennengelernt.« Ich ließ eine Pause. »Klingt seltsam, ich weiß«, lachte ich.

Seine Hände nahm ich nun beide und sah zu ihm auf. Ich sah in seine blauen Augen, die glänzten wie Stahl.
»Ich sehe dich, Draco. Mit allem, was du bist. Ich sehe alles von dir, auch wenn wir noch nicht lange miteinander zu tun haben. Egal, was es ist, das dich still macht. Ich möchte, dass du weißt, dass du nicht allein bist. Dass du nicht allein sein musst. Ich sehe dich.«

Und dann war kaum noch Luft zwischen uns, bis sich unsere Lippen berührten und ein Feuer in mir entfachte, von dem ich nie gedacht hätte, dass es existieren könnte.

_______________________________________

autor note:

Hier sind wir im wohl schönsten Kapitel der Geschichte. Auf jeden Fall des 1. Teils. Das Schreiben diesen Kapitels hat mir so spaß gemacht und war so leicht, ich war sehr schnell fertig.

Hier seht ihr, was meine Stärken beim Schreiben sind. Ich glaube, ich bin wirklich gut darin, Gefühle zu beschreiben und Vergleiche daraus zu ziehen. Ihr könnt ja gern Mal eure Meinung dazu in die Kommentare schreiben.

Ana und Draco sind sich ziemlich nahe gekommen. Man könnte sagen endlich.

Vor ein paar Tagen musste ich Angst um diese Geschichte haben und wusste nicht, ob sie ab hier weitergehen kann, weil plötzlich alle Kapitel weg waren. Näher erklärt habe ich den Vorfall in einem Kapitel, das erst im 2. Teil kommt.

Alles ist wieder da, also alles gut. Ich bin extrem froh darüber.

We go down together || Draco Malfoy Fanfiction [Harry Potter]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt