Er wechselte drei mal seine Klamotten, bis er ins Auto stieg und los fuhr. Mit klopfendem Herzen ging er auf das Gefängnis zu. Er zeigte dem Wachmann seinen Ausweis. Dieser durchsuchte ihn, reichte ihm einen Besucherausweis und führte ihn durch mehrere Türen, bis er in einem Raum saß mit vielen Tischen und Stühlen aus Metall. Mehrere Häftlinge in gelben und Orangenen Overalls waren hier zusammen mit Frauen und Kindern. Ian fühlte sich etwas fehl am Platz, zwischen all den Frauen und Kindern die ihre Männer besuchten. Als die Tür gegenüber seines Tisches aufging, trat jemand in den Raum. Schwarze Haare, tattowierte Finger, aber den Rest konnte er kaum erkennen. Es war Mickey. Aber… irgendwie auch nicht. Sein rechtes Auge war blau unterlaufen und geschwollen, die Lippe und die Schläfe aufgeplatzt. An der rechten Wange ein tiefer Schnitt, der frisch genäht aussah. Ian hielt kurz den Atem an. Sein Herz raste und sein Magen zog sich zusammen.
Mickey sah sich um. Als er die roten Haare entdeckte, lächelte er und verzog das Gesicht im Schmerz. Versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
Der Wärter nahm ihm die Handschellen ab und Mickey ging auf den Tisch zu. Ian war geschockt über den Anblick und unsicher, wie er seinen Ehemann begrüßen sollte. Mickey überflog den Raum mit seinem Blick und sah sich um. Es waren auser ihm drei andere Häftlinge hier. Ian stand auf und Mickey kam zu ihm und umarmte ihn. Ian war zärtlich, hatte Angst ihm weh zu tun. Mick flüsterte ihm ins Ohr „schön dich zu sehen. Hab dich vermisst“ die Umarmung dauerte deutlich länger als bei gewöhnlichen Freunden, aber sie wussten, dass es heute alles war, was sie beide bekommen würden. Mickey ließ los und Ian tat es ebenfalls. Er berührte ihn freundschaftlich an der Schulter und sah ihn an. So wie Mickey eben Ian ansieht, wenn er Hals über Kopf in ihn verliebt war. So viel Liebe und Schmerz lag in seinem Blick. Kein körperlicher Schmerz. Ein zerbrechendes Herz. Dann setzten sie sich. Ian war immer noch geschockt, setzte sich aber ebenfalls. „Ich hoffe der andere liegt auf der Krankenstation“ Sagte Ian und sah besorgt in Mickeys Gesicht. Versuchte zu lächeln. Es gelang ihm nicht. Er wollte sich um ihn kümmern, jede einzelne Wunde küssen und den Mann in den Armen halten. Nur halten und heilen.
Mickey blickte auf den Tisch, bevor er den Blick wieder hob und schmerzvoll lächelte. „Hab mich nicht gewehrt. Will nicht einen Moment länger sitzen als nötig.“
Ian zog die Augenbrauen hoch. Ungläubig, dass sich sein Mick zusammenschlagen lassen würde. „Mick, wenn du dich nicht wehrst, wissen sie dass sie es mit dir machen können und werden nicht aufhören.“ Ian sah voller Sorge in sein Gesicht.
„Ich werde nicht länger sitzen als nötig.“ Sagte Mickey bestimmend und legte seine Hände vor ihm auf den Tisch. Sah sie an. Blinzelte Tränen weg. Versuchte stark zu sein.
„Mickey. Sie werden dich umbringen. Ich überweise dir Geld. Dann kannst du dir Schutz kaufen.“
Mickey lächelte halb und sah ihn an. Viel Schmerz in seinem Blick. Und... Schuld? „Schutz erkauft man sich nicht mit Geld, Liebling.“ Seine Stimme zitterte und Ian realisierte, was er gerade gesagt hatte. Er stieß ein „Oh“ aus und sein Herz schmerzte. „Mick, was... was kann ich tun…“
„Nichts. Du kannst nichts tun, nur… Besuch mich oft ja? Ohne das halte ich nicht durch. Ohne dich halte ich nicht durch“ Sagte er sanft und Ian legte seine Hände ebenfalls auf den Tisch. Unsicher, ob er Mickeys Hand nehmen sollte. Aber der Schwarzhaarige griff über den Tisch und legte seine kleinere Hand in die große des Rothaarigen. Er sah erst den Ring am Finger an, dann in Ians Augen. Er unterdrückte seine Träne. „Kannst du mir vergeben? Du weißt, ich würde dich nie betrügen, wenn…" „schhhht.“ machte Ian und auch ihm standen die Tränen in den Augen. Er schluckte hart „Ich weiß Mickey. Ist in Ordnung. Nur pass auf dich auf ja? Tu alles, was sie verlangen. Denk nicht an mich. Ich… ich komm klar damit. Nur… komm zu mir zurück… lebend… bitte“ Er strich mit seinem Daumen über die tattoowierten Fingerknöchel des anderen. Mickey nickte und schluckte hart. „Ja. Ich… ich verspreche es.“ Er schniefte und versuchte die Gedanken zu vertreiben die sich in seinem Kopf einnisteten. Er atmete tief durch und versuchte sich den Schmerz der seine gebrochene Rippe ihm bereitete nicht anmerken zu lassen. „Hast du es deiner Familie schon gesagt?“ Ian sah ihn an und war dankbar über den Themenwechsel.
„Ja. Debby is ausgeflippt. Auf die gute Art. Fiona auch. Auf die schlechte Art.“ Ian wischte eine letzte Träne aus dem Augenwinkel und legte sofort wieder seine Hand auf Mickeys.
„Die Bitch mochte mich noch nie. Nicht mal, als ich bei dir geblieben bin, während deiner Diagnose.“
„Ich glaube sie ist bloß neidisch, weil ich vor ihr geheiratet hab. Oder es ist, weil sie nicht dabei war.“
„Nein. Sie hasst mich. Das weiß ich. Aber ich werds ihr beweisen. Ich werde der beste Ehemann sein, den du dir vorstellen kannst.“
Ian grinste. „Ziemlich hohe Ansprüche die du an dich selbst stellst, Milkovich.“
„Hast du Vergleichswerte was Ehemänner betrifft?“
Ian schüttelte den Kopf und beide lachten. Herzlich. Echt. Liebend.
„Milkovich, 2 Minuten.“ Sagte einer der Wärter streng. Ihnen fiel erst jetzt auf, dass sie bis auf den Wärter ganz allein im Besucherzimmer waren. Mickey stand auf und Ian tat es ihm gleich. Ian öffnete seine großen Arme und Mickey legte sich in sie. „Danke“ flüsterte Mickey leise an Ians Brust „Danke, Freckles. Ich…“ Er sah sich zum Wachmann um und dieser nickte kurz und drehte sich zur Tür um. „Ich liebe dich“ Sagte Mickey kaum hörbar und küsste Ian sanft. Ian lächelte. „Ich dich auch“ sagte er als Mickey nach einem langen und intensiven Kuss abließ. „Wärter werden mit Geld gekauft.“ Lächelte er und streichelte ein letztes Mal seine Wange bevor er sich zum Gehen abwandte. Ian hielt ihn am Handgelenk und sagte „Pass auf dich auf“ Mickey nickte und ging mit dem Wärter zur Tür hinaus.
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