DEAR JONATHAN

Kapitel 11

Nachdem der Schultag vorbei war, kehrte ich nach Hause zurück und machte mich sofort an meine Hausaufgaben. Der Unterricht war anstrengend gewesen, und ich fühlte mich erschöpft, aber die aktuelle Situation verlangte von mir, trotzdem weiterzulernen. Die Konfrontation mit Eli und die unangenehme Situation in der Schule hatten mich abgelenkt, aber ich wollte nicht zulassen, dass diese Probleme meine schulischen Leistungen weiter beeinträchtigten.

Nachdem ich eine Weile gelernt hatte, machte ich eine kurze Pause und setzte mich dann ans Klavier. Ich spielte das neue Stück, das ich im Klavierunterricht gelernt hatte, und konzentrierte mich darauf, jede Note perfekt zu treffen. Ich spürte einen Windzug und blickte auf. Meine Mutter betrat das Zimmer, Ilja im Schlepptau. Die Luft war zum Schneiden dick und ich konnte mir sofort denken, weshalb die beiden hier waren. Zwar wusste ich, dass diese Konfrontation unausweichlich war, jedoch hatte ich gehofft, meine Mutter würde wenigstens alleine auf mich zukommen.

"Camila", begann meine Mutter ihren Satz mit scharfem Ton, "wir müssen über deine Leistungen in Mathe sprechen."

Ich schluckte schwer und wendete meinen Blick ab. Die Anwesenheit von Ilja machte die Situation noch unangenehmer, denn ich wusste, dass er wenig Interesse an meinem Wohlergehen hatte, sondern stattdessen die Möglichkeit auskostete, seine Macht zu demonstrieren.

"Es tut mir leid, Mamá", murmelte ich eine halbherzige Entschuldigung, ohne sie anzusehen. "Ich weiß, du bist enttäuscht-" Ich wurde von Iljas Worten unterbrochen.

"Enttäuscht ist ein Understatement, Camila. Das ist absolut inakzeptabel. Wie konntest du uns das vorenthalten?" Ich zog scharf die Luft ein. Was fällt ihm eigentlich ein, sich so in mein Leben einzumischen? Er ist immerhin nicht mein Vater. Zum Glück.

Ich unterdrückte das Verlangen, ihm zu widersprechen, und zwang mich, ruhig zu bleiben. Seine Anwesenheit machte es mir äußerst schwierig, meine Gefühle zu kontrollieren, aber ich wusste, dass ich mich zusammenreißen musste, um nicht noch mehr Ärger zu bekommen. Meine Mutter seufzte und sah mich enttäuscht an. "Wir müssen eine Lösung finden, Camila. So kann es nicht weitergehen."

Ich seufzte und legte meine Hände auf die Tasten des Klaviers. "Ich weiß, Mamá. Ich werde mein Bestes geben, mich zu verbessern."

Ilja schnaubte verächtlich und trat näher.

"Dein Bestes reicht offensichtlich nicht aus, Camila. Vielleicht solltest du weniger Zeit mit dem Klavierspielen verschwenden und dich auf die wichtigen Dinge konzentrieren."

Ich biss mir auf die Lippe, und nahm einen metallischen Geschmack wahr. "Das Klavierspielen ist keine Zeitverschwendung, Ilja", intervenierte meine Mutter scharf. "Es ist wichtig für Camila. Ihr Vater hat es ihr beigebracht." Überrascht blickte ich auf. Ich hatte nicht erwartet, dass meine Mutter so für mich die Initiative ergreifen würde, doch es schien, als sei mein Vater nach wie vor ein sensibles Thema für sie.

Ilja schnaubte verächtlich, doch er wagte es nicht, meiner Mutter in diesem Moment zu widersprechen. "Das ändert nichts an der Tatsache, dass sie ihre Schularbeiten ernster nehmen sollte." Meine Mutter nickte zustimmend. Mit diesen Worten verließ Ilja das Zimmer, das Thema schien für ihn erledigt. Meine Mutter verweilte noch einen Moment in meinem Zimmer.

"Camila, ich hoffe, du verstehst meine Sorge. Du bist klug und talentiert, aber du musst hart arbeiten, um erfolgreich zu sein." Ich schluckte. Die Worte drangen tief zu mir durch und ich wusste, dass ihre Sorge nicht von irgendwoher kam. Schließlich hatte ihr Ehrgeiz dazu geführt, dass ich so ein sorgloses Leben führen konnte. Wenig später verließ sie mein Zimmer. Nach kurzem Zögern wählten meine Finger die Nummer meines Vaters. Ein Mix aus Hoffnung und Angst durchfuhr mich. Was wenn er nicht antwortete? Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und drückte auf den grünen Hörer.