Kapitel 12

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Der Rest des Tages verging erstaunlich schnell, dafür, dass ich eigentlich die ganze Zeit nur darauf wartete, dass die Uhr endlich 21 Uhr zeigte. Ich hatte mich bereits fertig gemacht und mein Blick fiel erneut auf die Uhr. Jonathan sollte jeden Moment hier sein. 21 Uhr, plus-minus 15 Minuten, erinnerte ich mich an seine Worte.

Ich ging ungeduldig vor meinem Fenster auf und ab. Die Minuten vergingen und Jonathan war immer noch nicht aufgetaucht. Langsam begann ich nervös zu werden. Eine halbe Stunde verging, dann eine, schließlich zwei und es gab immer noch kein Zeichen von Jonathan. Verunsichert blickte ich immer wieder auf mein Handy, als würde ich auf eine Nachricht von ihm warten. Dabei hatte er mir, seit ich ihm bei einem unserer ersten Treffen meine Nummer gegeben hatte, nicht einmal geschrieben. Hatte er seine Meinung geändert? Hatte er etwas Wichtigeres zu tun?

Die Ungewissheit quälte mich, und ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, was ich falsch gemacht hatte. Tränen der Frustration stiegen mir in die Augen. Jonathan hatte mich ohne ein Wort der Erklärung einfach stehen lassen und ich konnte einfach nicht verstehen, warum. Ich nahm mein Handy in die Hand und wählte nach kurzem Zögern Elis Nummer. Dieser begrüßte mich fröhlich.

"Vielleicht hattest du recht, Eli...", sagte ich leise, meine Stimme von Enttäuschung geprägt.

"Natürlich hatte ich das. Ich habe doch gesagt, du sollst dich von Bates fernhalten", erwiderte Eli knapp und ohne jegliche Sympathie in seiner Stimme.

Seine Worte trafen mich wie ein Schlag und ließen mich noch verwirrter zurück. "Woher weißt du, worum es geht?" Er verstummte kurz, ehe er kryptisch antwortete: "Nur so ein Gefühl." Seine Worte verstärkten mein Unbehagen. Was wusste Eli, das ich nicht wusste? Und was hatte Jonathan dazu gebracht, mich einfach stehen zu lassen?

"Was meinst du mit 'nur so ein Gefühl'?", hakte ich nach.

Eli schwieg einen Moment, bevor er antwortete: "Es ist schwer zu erklären, Camila. Manchmal spürt man einfach, dass etwas nicht stimmt, verstehst du?" Ich spürte, dass ich nicht viel mehr aus Eli herausbekommen konnte. Trotzdem ließ mich das Gefühl nicht los, dass er irgendetwas vor mir verbarg. Als die Nacht hereinbrach und die Sterne am Himmel aufleuchteten, fühlte ich mich allein. Meine Gedanken rasten und ich kam einfach nicht zur Ruhe. Aber am Ende blieb mir nur die kalte, trostlose Realität: Eli schien mit Jonathan recht gehabt zu haben, und ich musste lernen, damit umzugehen.

Der nächste Morgen brach an, als ob nichts geschehen wäre. Ich ging zur Schule, versuchte meine Gedanken zu ordnen, aber das Gefühl der Verunsicherung blieb. Als ich Jonathan auf dem Schulflur begegnete, warf er mir nur einen flüchtigen Blick zu, bevor er weiterging, als ob ich gar nicht existierte. Mein Herz sank bei seinem Verhalten, und ich konnte nicht anders, als mich gefühlsmäßig zurückgewiesen zu fühlen. Das Gespräch mit Eli vor dem Unterricht verlief sehr viel oberflächlicher als sonst und ich kam nicht umhin, mich zu fragen, woher die plötzliche Verhaltensänderung der beiden Männer rührte.

Auch im Unterricht konnte ich mich kaum konzentrieren. Meine Gedanken schweiften ständig zu Jonathan ab. Als die Stunde vorbei war, wurde ich von meiner Lehrerin zum Gespräch gebeten, und ich wusste sofort, dass es um meine schlechten Mathe-Noten ging. "Camila, ich mache mir Sorgen um dich", begann sie sanft, aber bestimmt. "Seit wir das letzte mal gesprochen haben, haben deine Noten sich nicht verbessert, und ich sehe, dass du im Unterricht oft unkonzentriert bist. Es tut mir leid, aber ich kann nicht länger zusehen, wie deine Leistungen abfallen." Ich senkte beschämt meinen Blick, wissend, dass ich mich nicht wirklich darum bemüht hatte, etwas an dieser Tatsache zu ändern.

"Es tut mir leid, Mrs. Johnson", murmelte ich leise, "ich versuche wirklich, mich zu verbessern, aber es fällt mir zurzeit schwer, mich zu konzentrieren." Sie seufzte leise. "Camila, ich glaube an dich. Aber du musst auch an dich glauben. Übernächste Woche ist die Klausur. Du solltest die Chance nutzen, um deine Note zu verbessern. Ansonsten sehe ich leider keinen anderen Ausweg, als dich von dem Fotografie-Wettbewerb auszuschließen. Ich weiß, was dir dieser Wettbewerb bedeutet und ich weiß erst recht, dass du deine Noten in den Griff kriegst, wenn du dich wirklich darauf konzentrierst." Ich nickte, denn mir war klar, dass sie recht hatte. "Ich werde mein Bestes geben, Mrs. Johnson. Ich verspreche es."

DEAR JONATHANWo Geschichten leben. Entdecke jetzt