12 - Zu tief ins Glas geschaut

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Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich mich der Ladentür näherte, hinter der Max stand. Ein Stich der Nervosität durchzuckte mich, doch gleichzeitig überkam mich auch Wut. Warum tauchte er auch immer in den unpassendsten Momenten auf?

Ich öffnete die Tür, den Blick auf meine Arbeit gerichtet, und begrüßte ihn mit einem genervten Tonfall. "Was willst du, Max?"

Sein Blick glitt über den Laden, als würde er nach etwas Besonderem suchen. "Alles in Ordnung? Kommt nicht so häufig vor, dass hier nachts Licht brennt."

Ich rollte mit den Augen. "Du wohnst seit ein paar Tagen hier, Badboy. Woher willst du wissen, was gewöhnlich ist?"

Er ließ sich von meiner patzigen Antwort nicht beirren. "Lässt du mich jetzt rein, oder nicht?"

Ich schnaufte verärgert, öffnete jedoch die Tür und kehrte zurück zu meiner Arbeit. Die Stille war drückend, aber ich hörte, wie er die Tür schloss und sich mir näherte. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ausgerechnet jetzt. Ich wollte das nicht. Nicht jetzt. Nicht vor Max.

Um sicherzustellen, dass er meine Tränen nicht bemerkte, drehte ich mich weg und wischte diskret meine Augen trocken. Doch vermutlich war meine Schminke jetzt überall verschmiert, daher lief ich ohne ein weiteres Wort in Richtung des kleinen Badezimmers. Ich nahm ein Taschentuch, betupfte es mit Wasser, entfernte den dunklen Rand unter meinen Augen und versuchte mir Mut zuzusprechen. Dann kehrte ich zurück, wo Max sich im Laden umsah.

"Du hast hier etwas wirklich Schönes auf die Beine gestellt. Das ist deine Leidenschaft, oder?", bemerkte er.

Ich nickte knapp.

"Du kannst stolz darauf sein", fuhr er fort.

Es war das erste Mal, dass ich ihn nicht wie einen Badboy sah. Wie hätte wohl Jake Rivers reagiert, wenn er mich hier im Laden gefunden hätte?

***
Verheult saß ich auf der Straße, als plötzlich Jake neben mir auftauchte. Er setzte sich ohne zu zögern neben mich und reichte mir ein Taschentuch. Seinen Arm legte er um mich und spendete mir mit seiner Nähe Trost. Ich schluchzte und erzählte ihm, was passiert war und er sprach mir gut zu.

"Du musst nicht traurig sein. Alles wird wieder gut werden", sagte Jake mit ruhiger Stimme. Ich drehte mein Gesicht dankbar in seine Richtung und lächelte ihn aufrichtig an. Er legte seine Hand auf meine Wange, strich sanft eine Träne weg und sah mir tief in die Augen.

In diesem Moment war ich ihm verfallen, mit jeder Faser meines Körpers. Und er wusste das. Er nutzte den Moment aus, näherte sich mir und küsste mich zärtlich auf die Lippen.
***

Doch ich war anders als Ella. Selbst wenn Max es ausnutzen wollte, hätte ich es nicht zugelassen. Dieser Mann würde mir nicht das Herz brechen.

"Warum bist du hier?", fragte er, während sein Blick über mein Kleid wanderte. "Solltest du in diesem Outfit nicht irgendwoanders sein?"

Mit einem seufzenden Schütteln des Kopfes wandte ich mich den Blumen zu. "Ich könnte, wenn ich gewollt hätte", erwiderte ich knapp und begann, die vertrockneten Blumen aus der Vase zu nehmen und sie auf meinen Arbeitstisch zu legen.

Max beobachtete mich schweigend, wahrscheinlich unsicher darüber, was er sagen sollte. Nach einer Weile durchbrach ich die Stille. "Warum seid ihr Männer eigentlich so?", fragte ich genervt.

Sein Gesicht blieb ruhig, als er antwortete. "Wie sind wir denn?"

"Ihr wollt alle nur das eine", fuhr ich fort. "Gibt es eigentlich noch Typen außer vielleicht deinem Bruder, die nicht nur auf Sex aus sind? Die nicht nur mit ihrem Penis denken?"

Seitenwechsel (ONC 2024)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt