Kapitel 3 - Ein himmlischer Ausflug

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Draußen angekommen zog mich Gabby weg von der Eingangstür und um eine Hausecke in eine unbelebte Gasse. Ich hatte mich immer noch nicht beruhigt. Mein Atem ging viel zu schnell. Und ich hasste es, mich so verzweifelt und wütend zu fühlen.

„Also, was machen wir jetzt hier?", kam es von Joel, der sich gelangweilt an eine Wand lehnte.

Jetzt konnte ich ihn auch in voller Pracht bewundern. Dummerweise war der Anblick tatsächlich ganz reizend. Er war groß, definitiv größer als ich. Er war komplett in schwarz gekleidet und dazu auch noch sehr elegant. Die obersten Knöpfe seines Hemds waren geöffnet, was ich unglaublich sexy fand.

Halt, nein! Was dachte ich denn da?

„Du", ich ging auf ihn zu und bohrte ihm den ausgestreckten Zeigefinger in seine Brust, „Du hättest mich vor diesem Unfall beschützen sollen. Ich will eine Erklärung, warum du das nicht getan hast."

Er verdrehte die Augen, was mich noch wahnsinniger machte. Dann schloss er seine Hand um meinen Finger, um ihn von seiner Brust zu entfernen. Danach ließ er los, meine Hand fiel fast kraftlos nach unten. Die kleine Berührung hatte sich viel zu intim angefühlt. Und darüber ärgerte ich mich.

„Es war früh am Morgen", sagte Joel genervt. „Ich hatte keinen Bock, so früh zu arbeiten. Das ist doch normal." Und er zuckte doch tatsächlich mit den Schultern, als hätte er gerade das Normalste der Welt gesagt.

„Du warst zu müde, um deinen Job zu erledigen? Einen Job, der Menschenleben retten kann?"

„Es ist ein Job wie jeder andere Menschenjob auch. Und Menschen kommen auch nicht immer pünktlich."

„Das kann man doch nicht vergleichen!"

„Ich finde schon."

Oh man, das wurde ja immer besser. Wie konnte er so darüber denken?

„Ihr zwei, ich muss euch kurz unterbrechen, auch wenn ich das ja gerade sehr unterhaltsam finde."

Entgeistert sah ich zu Gabby. Was war an dieser Situation unterhaltsam?

„Adriel will uns sehen", sagte sie und ihr Blick ging dabei vielsagend in Joels Richtung.

„Shit", entfuhr es ihm. Es war das erste Mal, dass seine coole Fassade kleine Risse bekam.

Wer auch immer dieser Adriel war, er schien nichts Gutes zu bedeuten. Zumindest nichts Gutes für Joel. Und das geschah ihm recht. Hah!

„Müsst ihr dann gehen?", fragte ich an Gabby gewandt.

Wir müssen gehen. Du eingeschlossen."

Oh. „Wo gehen wir hin?"

„Zu Adriel. Bist du bereit?"

„Bereit wofür?"

Und zum zweiten Mal an diesem Tag wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich fühlte mich wie im freien Fall. Ich presste die Augen zusammen, bis ich das Gefühl hatte, dass mich etwas blendete. Und da ich wieder meinte, aufrecht zu stehen, öffnete ich die Augen wieder. Gleißendes Licht umfing mich. Alles um mich herum schien weiß zu sein. Bis ich mich genauer umschaute und eher feststellte, dass alles unsichtbar war. Es gab keine Wände, es gab auch keinen Boden. Ich schien komplett im Nichts zu stehen. Das Einzige, was nicht unsichtbar war, waren Gabby, Joel und ich.

„Was ist das hier?"

„Der Himmel", sagte Joel und klang, als müsste ich das wissen. So, als wäre ich total dumm. Wie hätte ich das erkennen können? Ist ja nicht gerade so, als ob ich hier täglich abhängen würde.

Plötzlich kamen seine Worte erst richtig bei mir an. „Was? Bin ich jetzt etwa doch tot?"

„Nein, keine Sorge", sagte Gabby. „Aber offenbar kannst du uns jetzt nicht nur sehen, sondern auch in unsere Welt. Sprich in den Himmel. Adriel hat mir das eben geschrieben." Sie hielt ein Smartphone hoch. Zumindest sah es wie eins aus. Kommunizierten Engel etwa wirklich so? Ich überlegte schon, diese Frage zu stellen. Aber eine andere Frage war viel wichtiger.

10 Dinge, die ich an meinem Schutzengel hasseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt