Teil 3

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Ohne auf diesen Jungen vor mir zu achten, schaute ich mich um, drehte mich einmal um meine eigene Achse, aber es brachte mir nichts. Wir standen mitten in einer Kreuzung. Durch den Fast-Unfall habe ich die Ampel, an der ich links abbiegen sollte, aus den Augen verloren. Verzweifelt legte ich meine Hände an meine Wangen. "Hey ich rede mit dir", unsanft packte der Junge mich an meinen Schultern, "geh von der Straße runter, anstatt wie ein verlorenes Huhn durch die Gegend zu blicken."
Ich ignoriertere seine Worte und suchte immernoch nach einem Schild, das mir den Weg zum Krankenhaus zeigt. Seine Hände, die immernoch auf meinen Schultern ruhten und einen unglaublichen Druck auf sie ausübten, störten mich bei meinem Vorhaben hinter mir nach einem Wegweiser zu suchen. "Nimm deine Hände von mir", sprach ich ihm deswegen zu. "Wow die Dame kann auch sprechen.", er nahm seine Hände runter, "wie oft soll ich dir noch sagen, dass du gefälligst von der Straße gehen sollst, damit ich fahren kann. Ich hab es eilig."
"Wo ist das Kinderkrankenhaus ?", Ich war schockiert über den festen Klang meiner Stimme. "Ich denke nicht, dass du ins Krankenhaus musst und für ein Kinderkrankenhaus bist du sowieso zu alt.", verspottete er mich, ich jedoch ging gar nicht drauf ein und fragte ihn erneut: "weißt du wo das Krankenhaus ist ? Ja oder nein ?" Er drehte seinen Kopf leicht nach rechts und nickte in die Richtung. Dies war mir Antwort genug. ich wandte mich von dem Jungen ab und lief zu der Ampel die in der Richtung lag und tatsächlich, als ich nach links blickte sah ich das Krankenhaus. "Gern geschehen", rief der unsympathische Junge mir noch, mit einem ironischen Unterton, hinterher.

"Baran Kara", teilte ich der Frau am Informationsschalter mit und tippte nervös mit meinen Händen auf den Tresen vor mir. "Zimmer 321, das ist im dritten Stockwerk", ohne mich zu bedanken lief ich so schnell ich konnte zu den Aufzügen und betätigte den Knopf um einen zu rufen, jedoch dauerte dies mir zu lange, weswegen ich auf die Treppen zusteuerte und ein Stockwerk nach dem anderen hinter mir lies.
Im dritten angekommen suchten meine Augen sofort nach der Nummer 321. Ohne anzuklopfen riss ich die Tür auf und stürmte in das Zimmer, Zimmer 321.
"Abla", ich drehte meinen Kopf in Sekundenschnelle in die Richtung aus der seine Stimme kam. "Baran", weinte ich nun noch mehr und ging mit großen und wackeligen Schritten auf meinen kleinen Bruder zu. Seine Erzieherin, die neben dem Bett stand, interessierte mich nicht. Das einzige was für mich zählte war mein kleiner Bruder, dem mittlerweile ebenfalls Tränen übers Gesicht liefen. Ich setzte mich zu ihm ans Bett und nahm ihn in eine Umarmung als hätte ich ihn Jahre nicht gesehen. "Abla, mir geht es gut. Hör auf zu weinen", seine Stimme zitterte und er legte einen Arm um meinen Nacken. Schnell löste ich mich von ihm um mich seiner Lage zu vergewissern. Mein süßer Bruder hatte einen Verband um seinen Kopf und seine braunen Augen schauten mich schmerzerfüllt an. "Schau mal, ich hab meinen ersten Gips", erst jetzt fiel mir sein rechter Arm, den er hochsteckte, damit ich ihn besser sehen konnte, auf der anderen Seite des Bettes auf. Eine plötzliche Wut überkam mich. "Frau Obst, wie kann sowas passieren?", meine Stimme hatte jeden Hauch eines zittern verloren und ich blickte der Erzieherin meines Bruders wütend in die Augen. "Besprechen wir das doch ein ander mal", erwiderte Frau Obst mir zurückhaltend. "Wollen Sie mich eigentlich auf den Arm nehmen ? Folgen Sie mir sofort nach draußen!", meine Stimmlage wurde noch viel fester. "Canim, ich komme gleich wieder", sprach ich nun wieder sanft zu meinem Bruder, der mir kurz zunickte und mir somit seine Erlaubnis gab zu gehen.

"Wie kann ein Kind von einer Kletterwand fallen, wenn dort drei Erzieherinnen sind, die dafür bezahlt werden diese Kinder zu beaufsichtigen ?", meine Frage klang viel mehr wie eine Aussage, doch trotzdem erwartete ich eine Antwort von ihr. Frau Obst sah verlegen durch den ganzen Gang, nur nicht in meine Augen: "wir hatten den Kindern strengstens untersagt auf die Kletterwand zu klettern." "Er ist vier Jahre alt, verdammt. Wo waren sie als er trotzdem dahinging ?", ich lachte kurz auf, weil meine Nerven strapaziert waren. "Es tut uns fürchterlich Leid.. wir haben nicht mitbekommen wie ihr Bruder zur Kletterwand ging. Erst als wir sein weinen gehört haben, haben wir ihn bemerkt", ihre Nervosität war nicht zu übersehen. "Sie haben Glück, dass es meinem Bruder gut geht. Sie können gehen und achten Sie demnächst auf die Kinder statt mit den anderen Erzieherinnen zu quatschen.", ich drückte die Türklinke von Nummer 321, "ach und sollte so etwas wieder passieren, werden sie mich erst richtig kennenlernen. Schönen Tag noch."

"Baran, du hast dir den Arm gebrochen und nicht beide Beine.", ich schaute ihn amüsiert an. "Aber Abla ich bin so müde, bitte", er lächelte mich zuckersüß an und rieb sich seine Augen. "Ich mache mal eine Ausnahme", ich hob ihn in meine Arme, er legte seinen Kopf auf meine Schulter, schloss seine Augen und schlief auch sofort ein.
"Er sollte die nächsten Tage so gut wie keine Schmerzen haben, aber sollte auch die erste Woche nicht in den Kindergarten gehen", teilte mir sein Arzt mit und Strich Baran, der auf meinen Armen schlief, über den Kopf. "Wie lange wird er den Gips tragen müssen ? Und sind sie sich sicher, dass seine Verletzung am Kopf nicht so schlimm ist ?", ich blickte zum Arzt hoch, der mich anlächelte: "drei bis vier Wochen, dann ist ihr kleiner Bruder den Gips los. Zum Glück ist der Arm nur angebrochen und nicht durchgebrochen. Und ja, ich bin mir sicher, dass seine Kopfverletzung nicht schlimm ist. Schönen Tag Frau Kara und kommen Sie einmal die Woche vorbei um alles zu kontrollieren." Ich lächelte den Arzt erleichtert an, verabschiedete mich von ihm und machte mich mit Baran auf den Armen auf den Weg nach Hause.

Das Lächeln meines HerzensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt