30 | the truth

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Ich  nahm ebenfalls eine Scheibe Brot und begann sie langsam mit Frischkäse zu bestreichen. Elios Blick richtete sich auf meine Hände, und aus irgendeinem Grund wurde mir dabei unbehaglich.

"Meine Familie und ich haben oft unsere Wochenenden hier verbracht", begann er schließlich.  "Damals wussten meine Geschwister und ich nicht, in was für eine  Familie wir hineingeboren wurden." Ich biss von meinem Brot ab, doch das  Kauen schien mir plötzlich unmöglich. "Mein Vater war so gut wie nie  da. Wir hatten nicht viel von ihm. Aber wenigstens an den Wochenenden,  die wir hier verbrachten, nahm er sich Zeit für uns, und wir fühlten uns wie eine richtige Familie."

Ich schluckte mein matschig zerkautest Brot hinunter und war nicht in der Lage, einen weiteren  Bissen zu nehmen. Warum erzählte er mir das alles?

"Ich habe mir immer nur eine richtige Familie gewünscht" Elios Augen zuckten leicht zusammen. Dennoch wichen sie keinen  Moment von mir. Mitleid erfüllte mich bei diesen Worten. Es war das erste Mal, dass er aussprach, was ich immer in ihm vermutet  hatte. Er war nur ein kleiner Junge, der Liebe brauchte – jemand, der  seit dem ersten Tag darauf konditioniert war, ein Mafiaboss zu werden.

"Elio,  ich..." "Bitte, hör mir einfach zu. Wenn ich fertig bin kannst du alles sagen, was du willst, oder gehen." Elio nahm einen Schluck von seinem Kaffee, als  bereite er sich auf die nächsten Worte vor. "In dir habe ich die Familie gefunden, die ich mir immer gewünscht habe." Tränen sammelten sich in meinen Augen, doch ich versuchte, sie wegzublinzeln. "Ich habe dich  abgewiesen, dich verletzt und verraten. All die Dinge, die man nicht verzeihen kann", Elios Stimme klang gebrochen. Dennoch hörte ich ihm aufmerksam zu, ohne ihn zu unterbrechen. "Vito", plötzlich wurde seine  Stimme von unmenschlicher Wut durchzogen, als er diesen Namen aussprach.  Doch wer um alles in der Welt war Vito?

Elio offenbarte mir alles, angefangen von Vito bis hin zu Arian, von  Isabella und schließlich auch von Leano. Ein Moment des Schweigens legte  sich über uns, und ich wusste nicht, was ich sagen sollte; ob ich überhaupt etwas sagen sollte. Elio schluckte schwer. "Leano ist nicht mein leiblicher Sohn", verkündete er plötzlich, und alle letzten Emotionen wurden aus meinem Gesicht gewischt. Er war nicht sein leiblicher Sohn?
"Aber-?" Ich fand  kurz meine Stimme wieder, konnte jedoch nicht weiter sprechen.

"Isabella  hatte den perfekten Plan", begann er. "Sie ließ sich von einem Mann schwängern, der mir verblüffend ähnlich sah. Als sie mich anrief und  sagte, dass sie ein Kind von mir erwartete, konnte ich es zunächst nicht  glauben. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass sie so etwas  versuchte." Elio schien zu kämpfen, als er darüber sprach. "Als ich erfuhr, dass ich Vater werden sollte, wusste ich, dass das Kind nicht ohne Vater aufwachsen sollte. Also bot ich Isabella an, das Kind mir zu überlassen, aber sie lehnte ab. Sie bestand darauf, ein gemeinsames Familienleben mit mir zu führen, andernfalls würde sie dir alles erzählen."

"Ich hatte dir bereits einmal das Herz gebrochen, also wie sollte ich  dir gegenübertreten und dir sagen, dass ich ein Kind erwarte, und dann auch noch von ihr." Mein Atem wurde schneller und heftiger. Ich kämpfte  gegen die Tränen an. "Also entschied ich mich für das Unmögliche. Den Tod." Elio rang ebenfalls um seine Worte. "Ich habe meine Familie glauben lassen, ich sei tot. Nicht nur dir gegenüber." Meine Augen  weiteten sich vor Schock. "Amando und Darian waren die Einzigen, die Bescheid wussten. Sie hatten keine andere Wahl, als mir zu helfen",  gestand Elio und begann, an seinen Manschettenknöpfen zu spielen. Es war  seltsam, ihn so nervös zu sehen. "Nachdem Leano auf die Welt kam,  wollte ich nicht, dass er ohne seine Großeltern aufwächst. Also bin ich heimlich mit ihm nach New York geflogen und habe meinen Eltern die Wahrheit gesagt."

Während  Elio sprach, drangen Fragmente meiner Vergangenheit wieder an die  Oberfläche. Die Trauer. Der Verlust. Ich erinnerte mich an seinen  vorgetäuschten Tod. Elio bemerkte, wie ich nachdachte, und es schien,  als würde er erkennen, dass ich mich wieder erinnerte. "Sie haben sich  über Leano gefreut, keine Frage, aber sie sagten mir, dass sie dir nicht  ins Gesicht lügen könnten. Du hättest das nicht verdient. Und das  wusste ich auch." Elios Augen glänzten, als würde er Tränen  zurückhalten. "Sei nicht wütend auf meine Familie, Liya. Sie lieben dich  mehr, als du dir vorstellen kannst. Ich bin derjenige, den du hassen  solltest. Ich habe ihnen gedroht, dass sie Leano nie wieder sehen  würden, wenn sie auch nur ein Wort zu dir sagen würden."

Loved Back To Life-2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt