16) Keine Verdächtige und ein falscher Streit

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Angie POV:

Immer noch verwirrt starrte ich Jackie und German an. "Wieso nein?", fragte zum Glück der Polizist vor mir. "Esmeralda kann das einfach nicht gewesen sein, sie ist ein viel zu gutmütiger Mensch um jemanden anzufahren. Außerdem kennt sie die Konsequenzen und würde niemals riskieren, dass man ihr die Tochter wegnimmt", antwortete German ruhig. Mein Blick wanderte zu Jackie. "Und was meinst du?", wollte ich wissen. Sie erwiderte meinen Blick und beantwortete meine Frage:" Das ist nicht schwer. Esmeralda kann es nicht gewesen sein, da sie gar kein eigenes Auto hat. Das gehört ihrem Ex-Mann Joaquin. Sie hat es nur, wenn er in der Stadt ist, da sein einziges Fortbewegungsmittel ist. Und das ist er momentan nicht." "Und woher genau wissen Sie das?", fragte der Polizist Jackie. Jackie wurde verlegen und ihre Wangen verfärbten sich zart rot. "Wissen Sie, ich habe mich in ihn verliebt. Aber Esmeralda liebt ihn noch immer und so haben wir uns nicht nur einmal gestritten. So habe ich das ein oder andere über ihn herausgefunden", überwand sie sich. Oha, den Streit hätte ich gerne miterlebt, böse gegen böse... "Also scheidet Esmeralda als mutmassliche Täterin aus?", fragte German. Der Polizist nickte. Ich bemerkte jedoch, wie German Jackie zublinzelte und in Jackies Augen eindeutig Triumph aufblitzte. Wofür denn? Dass Esmeralda nicht mehr verdächtigt wird? 

"Gibt es noch jemand Verdächtigen?", erkundigte sich Jackie, als wir das Polizeipräsidium verlassen hatten. Ich schüttelte nur den Kopf. Ich sehnte mich einfach nach einer Tasse heißem Tee und einer warmen Decke. Ramallo fuhr Jackie in ihr Hotel und German und mich nach Hause. Ohne noch ein Wort zu sagen, verschwand ich auf meinem Zimmer. Wie konnte das sein? So viele, die ein Motiv haben und keiner war es? Da stimmte doch etwas hinten und vorne nicht! Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Es war Violetta, die unaufgefordert eintrat. "Und, habt ihr ihn?", fragte sie mich mit vor Neugierde funkelnden Augen. Ich schüttelte langsam den Kopf. "Nein Vilu, aber ich habe einen Brief bekommen", antwortete ich ihr. Violetta zwinkerte mir zu. "Einen Liebesbrief? Sag, wer steht auf dich?", rief sie. "Na, schön wäre es. Der Brief ist genau das Gegenteil. Hier, lies ihn dir selbst durch", gab ich zurück und reichte ihr den Brief. Als meine Nichte geendet hatte, schaute sie mich mit weit aufgerissenen Augen an. "Weißt du, was ich nicht verstehe? Du bist ein lieber Mensch, hast eigentlich doch keine Feinde und dann  bekommst du so einen Brief? Das macht einem ja eine Höllenangst! Du hast doch niemandem etwas getan, oder?", fragte mich Violetta mit fragendem Blick. Da hatte sie natürlich Recht. Na ja, zumindest fast. "Abgesehen davon, dass ich sowohl Maria, Jade und Esmeralda den Freund ausgespannt habe? Und Jackie genauso?", stellte ich trocken fest.Vielleicht ist an Jades Spitznamen ja tatsächlich was dran, wahrscheinlich bin ich tatsächlich eine Männerdiebin. "Du denkst, einer von ihnen, könnte...?", fing Violetta ungläubig an. Ich nickte vorsichtig. "Aber nein, Jade und Jackie können es nicht gewesen sein und Esmeralda eigentlich rein der Beweise her auch nicht. Aber mein Gefühl sagt mir, dass da etwas faul ist. Vor allem, wieso sollte sich German mit Jackie gegen mich für Esmeralda verschworen haben? Das ergibt doch keinen Sinn", erklärte ich ihr. "Ich bin ehrlich Angie. Wenn du mich fragen würdest, ob Esmeralda das alles gewesen sein könnte, würde ich sofort nein sagen. Und du weißt, wie wenig ich sie nach dem, was sie Papa angetan hat, noch leiden kann", gab mir Violetta klar zur Kenntnis. "Natürlich, es klingt abstrakt, aber warum verdammt nochmal, streitet ihr das alle so vehement ab? Das klingt ja grade so, als hättet ihr das ganze alles zusammen geplant und habt Angst, dass euer Plan misslingt", schrie ich verzweifelt. Auf meine Worte folgte ein langes Schweigen. Dann stand Violetta auf und verließ mein Zimmer. Die Tür knallte und ich realisierte, was ich gerade getan hatte. "Verdammt!", rief ich verzweifelt. Ich merkte, dass mir Tränen kamen, doch ich blinzelte sie weg. Wenn niemand zu mir hält, versuche ich es eben auf eigene Faust, beschloss ich und schnappte mir entschlossen meine Tasche. Aufgeben? Niemals!

Leise schlich ich mich aus dem Haus, doch ich hätte mir keine Mühe machen müssen, Violetta streitete lautstark mit German. Irgenwie hatte ich das Gefühl, dass es dabei um mich ging. Ich schlug den Weg zum Studio ein und betrat das Lehrerzimmer. Und wie ich gehofft hatte, der Einzige, der auch jetzt noch hier war, war Pablo. "Pablito, kannst du mir kurz zuhören?", fragte ich ihn so lieb wie möglich. Er blickte von seinen Unterlagen auf und nickte. "Leg los", forderte er mich auf und das tat ich. Ich berichtete ihm von Jackie und dem Besuch bei ihr, dem Gespräch im Polizeipräsidium und dem misslungenen Gespräch mit Violetta. Pablo hörte mir schweigend zu. "Und was denkst du? Kannst du dir tatsächlich vorstellen, dass German dir irgendetwas antun könnte?", fragte mich Pablo. Ich war vollkommen verwirrt. Pablo hatte doch noch nie gut geheißen, was zwischen German und mir lief."Ehrlich gesagt, nein. Er kann doch sowas nicht, dazu ist er zu gut!", antwortete ich verzweifelt. "Du liebst ihn, Angie. Mach es nicht durch so etwas kaputt. Denn das macht dich kaputt und das ist schrecklich. Rede mit ihm und Violetta und kläre das, okay? Aber jetzt geh erstmal nach Hause, schlafe dich einmal aus und dann sehen wir weiter. Und was die Esmeralda Sache betrifft, darüber reden wir morgen, wenn du wieder im Studio bis, verstanden?", meinte Pablo. "Danke", sagte ich bescheiden und umarmte ihn.

Pablo hatte Recht. Ich sollte mir das mit German nicht zerstören, auch wenn ich nicht wusste, was das überhaupt genau war. Aber ich liebe ihn und das sollte er wissen. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Doch davor musste ich noch etwas anderes tun. Und dafür war genau der richtige Zeitpunkt.

Germangie- Er zeigte mir mein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt