28)Aussprachen und ein unbekannter Gehilfe

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Angie POV:

Ich konnte einfach nicht stillhalten. Nachdem German uns zurück gefahren hatte, setzte ich mich ans Klavier und spielte eine Melodie nach der anderen, lief nervös auf und ab und trank eine Menge Tee. Ich konnte mich nicht einfach hinsetzen und nichts tun, irgendetwas blockierte sich dabei in mir. German schien das zu stören, jedenfalls kam er nach geraumer Zeit aus seinem Büro und herrschte mich an, ich solle doch ins Studio gehen und meine Energie in etwas Sinnvolles umwandeln. Er schien nicht sauer, eher besorgt. Ich folgte seinem Rat, war aber einfach nicht zu beruhigen. Hoffnung hatte sich in mir eingenistet wie ein Parasit und versperrte jegliche vernünftige Aktion. Pablo schickte mich in sein Büro. "Was ist los mit dir, Angie?", fragte er mich unwirsch. Verwundert blickte ich meinem besten Freund in die Augen. "Was mit mir los ist? Wir haben eine heiße Spur, wenn alles gut geht, habe ich bald Gewissheit", antwortete ich unsicher. Was war nur mit Pablo los? "Nicht wir haben eine Spur, sondern die Polizei", verbesserte er mich. "Schon klar", murmelte ich zur Bestätigung. Was wollte er von mir? "Ich halte es für keine gute Idee, wenn du dich so sehr in die Ermittlungen einbringst, du begibst dich in große Gefahr! Du wurdest schon angefahren, was muss den noch passieren? Wer weiß zu was der oder die alles fähig sind?", fuhr er mich wütend an. Was war denn nun los? Wo kam der plötzliche Wandel denn her? "Beruhige dich, die Polizei passt schon auf, dass mir nichts passiert. Und sonst ist German für mich da, kein Grund sich verrückt zu machen. Und außerdem braucht die Polizei meine Mithilfe, das war eine persönliche Tat und niemand kennt mich so gut wie ich mich selbst. Du weißt auch nicht alles über mein Leben und meine Vergangenheit, genauso wie German. Wenn ich nicht mitarbeite, würden die Ermittlungen noch immer auf der Stelle treten, verstehst du das nicht?", wies ich ihn zurecht. "Natürlich", fuhr er nun sanfter fort, "aber du hast dich seit dem Unfall so sehr verändert und ich mache mir Sorgen um dich, das musst du doch auch verstehen! Du lässt dich kaum noch hier blicken, nur, wenn es etwas Neues gibt und du meine Meinung hören willst. Ich habe Angst, dass unsere Freundschaft kaputtgeht, weil da etwas so Großes zwischen uns steht." Ich seufzte. "Pablito, darum musst du dir keine Sorgen machen, ehrlich! Ich weiß, was ich an dir und unserer Freundschaft habe, darauf kannst du dich verlassen", besänftigte ich ihn. Er schien sich zu entspannen, dann umarmte er mich. Auch ich entspannte mich. Man sollte öfter über Unausgesprochenes sprechen. Und da fiel mir ein, mit wem ich auch mal etwas klären sollte. "Ich komme morgen vorbei und zwar nicht um zu reden, sondern um zu unterrichten, versprochen", beteuerte ich. Pablo lächelte mir zum Abschied zu und ich erwiderte sein Lächeln. Gute Freunde waren selten. Ich konnte froh sein, welche zu haben. 

"German?", rief ich, als ich in unser Haus zurückkehrte. "Ja?", schallte es aus seinem Büro zu mir herüber. Ich lief zu ihm und nahm gegenüber von ihm Platz. "Konntest du etwas zur Ruhe kommen?", schmunzelte er. Ich nickte. "Ich muss dich etwas fragen", fing ich an. German zog die Augenbrauen hoch. "Muss ich Angst haben?", erkundigte er sich. "Ich bin einfach mal ganz direkt. Was genau ist das zwischen uns?", platzte es aus mir heraus. Ich war wirklich verwirrt. Mal hier ein Kuss, mal da, dann die eine oder andere Anspielung, aber Klartext wurde noch nie gesprochen. Ich wollte es wissen. 

German POV:

Angie überrumpelte mich ziemlich. Sie hatte Recht mit ihrer Frage, sie war mehr als berechtigt, auch ich hatte schon darüber nachgedacht, aber nicht den Mut gehabt, die Frage auszusprechen. Angie starrte mich interessiert an. "Und?", hakte sie nach. Ich räusperte mich. "Also, ähm, du bist eine unglaubliche, wunderschöne Frau und es wäre mir eine Ehre, wenn wir zusammen wären. Also so wirklich, nicht nur so halb und so halb heimlich und, ach egal, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, du hast mich überrascht", stammelte ich zusammen wie ein verliebter Teenager. Aber eigentlich ist man für die Liebe nie zu alt. Meine gestotterte Ansprache hatte Angie ein wunderschönes Lächeln entlockt. "Ich wäre auch froh", erwiderte sie meine Worte. "Super", antwortete ich immer noch von einer merkwürdigen Nervosität belagert. Ich war froh, dass diese Situation vorbei war, das war merkwürdig. Ich nahm Angies Hand, die auf meinem Schreibtisch lag. "Wir schaffen das zusammen, versprochen", versicherte ich ihr. Dann beugte ich mich vor, um sie zu küssen. "Danke", flüsterte sie, als wir uns wenig später von einander lösten. 

In dem Moment klingelte das Telefon. Angie zuckte zusammen und in diesem Moment verfluchte ich die Person, die für den ganzen Quatsch verantwortlich war noch mehr. Keiner hatte das Recht dieser Person Angst einzujagen. Ich nahm den Hörer ab und warf einen Blick zu Angie. Sie versuchte ihre Angst hinter einem Lächeln zu verstecken, was ihr jedoch nicht sonderlich gut gelang. "German Castillo", meldete ich mich und wartete auf eine Antwort. "Hier ist Senior Diaz", antwortete er. Ich atmete hörbar aus und auch Angie schien zu verstehen, dass keine Gefahr drohte. "Wir konnten den Aufenthaltsort von Matias LaFontaine auch ohne die Karte ermitteln. Er wohnt zusammen mit seiner Schwester Jade in Lyon, in Frankreich, was zu dem Telefon passt", informierte er uns knapp. Ich hatte das Telefon auf laut gestellt, damit Angie mithören konnte, was es Neues gab. "Und?", wollte ich wissen. "Er hat jedoch in letzter Zeit keine Flugtickets gebucht, der Brief in Spanien kann also nicht von ihm stammen, beziehungsweise, konnte nicht von ihm dort hingelegt worden sein. Entweder, er ist dafür nicht verantwortlich, oder er hat noch einen oder eine Gehilfin, die das für ihn erledigt hat. Es tut mir Leid, aber ich glaube, die Ermittlungen sind noch lange nicht abgeschlossen", eröffnete er uns. "Danke für die Neuigkeiten", bedankte ich mich und legte schließlich auf. "Heißt das, ich bin noch immer in Gefahr?"erkundigte sich Angie mit vor Schreck aufgerissenen Augen. Ich kaute nervös auf meiner Unterlippe. "Ich fürchte ja", musste ich zugeben. Das Spiel war noch nicht vorbei.

Germangie- Er zeigte mir mein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt