Kapitel 16

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Als Wincent auch bei der Party nicht auftaucht, beginne ich langsam, mir Sorgen zu machen. Steff meinte doch vorhin, dass alle Coaches da sein würden. Ob ich ihm eine Nachricht schreiben soll? Aber ich will ja auch nicht aufdringlich sein. Ich quatsche gerade mit Steff und auch sie scheint echt nett und cool drauf zu sein. Sie erzählt mir gerade von den Wäbshows, die sie mit den Jungs von Silbermond in der Coronazeit ins Leben gerufen hat, als mein Handy klingelt. Es ist Emma. Ich entschuldige mich bei Steff und gehe kurz vor die Tür, um in Ruhe telefonieren zu können. „Hey, na? Hast du die Battles gut überstanden?" Ich erzähle ihr ein bisschen von den letzten Tagen im Studio, wohlwissend, dass sie eigentlich nur daran interessiert ist, wie es gestern mit Wincent gelaufen ist. „Na los, frag schon", lache ich dann irgendwann. „Was denn fragen?", fragt sie scheinheilig. „Ich weiß doch, dass du null an den Dreharbeiten interessiert bist. Ich hätte eh nicht gedacht, dass du dir den ganzen Monolog über die Arbeit anhören würdest." Jetzt lacht sie auch. „Hey! Ich bin sehrwohl an deiner Arbeit interessiert. Aber los, erzähl. Ich will alles wissen. Wie war's gestern?" Ich erzähle ihr alles in einer schnellen Kurzversion und ertappe mich selbst dabei, wie ich unaufhörlich grinsen muss, wenn ich darüber spreche. „Wow, du klingst echt glücklich, Lina. Das klingt nach einem tollen Abend, und ich wusste, dass du ihn umhauen wirst. Du hast den Job bekommen, und sogar noch mehr", lacht sie ins Telefon. Beim Gedanken an den Kuss gestern machen sich schon wieder die Schmetterlinge in meinem Bauch bemerkbar. Doch dann fällt mir der heutige Drehtag wieder ein und ich erzähle Emma, wie komisch Wincent drauf war und dass er mich nicht einmal angesehen oder Hallo gesagt hat. „Hey, mach dir keinen Kopf. Er hat bestimmt einfach viel um die Ohren mit der Tour und so. Außerdem meintest du doch, ihr dreht morgen noch Coach-Interviews, dann siehst du ihn ja sowieso spätestens morgen wieder." Das stimmt, morgen werde ich mit Wincent ein paar Videos aufnehmen und somit mit ihm alleine in einem Raum sein. Ob das komisch werden wird? Vielleicht hat Emma Recht und er hat wirklich nur viel um die Ohren momentan, schließlich hat er neben The Voice Kids ja auch noch seine normale Arbeit als Musiker zu erledigen und seine Tour vorzubereiten. Da wäre es doch normal, dass man mal nicht komplett bei der Sache ist. Irgendwie werde ich das Gefühl allerdings nicht los, dass da noch mehr dahinter steckt. Wincent war richtig neben der Spur heute und man hat ihm klar angesehen, dass ihn etwas belastet. Da ich auf dieses Thema aber gerade nicht noch näher eingehen will, antworte ich einfach: „Du hast Recht. Ich sollte dann auch wieder reingehen, es ist ziemlich kalt hier draußen und ich habe keine Jacke mitgenommen." „Alles klar, halte mich auf dem Laufenden." „Mache ich, bis dann!" Gerade, als ich auflegen will, fügt Emma noch hinzu: „Und, Lina? Du verdienst es, glücklich zu sein." Dann beendet sie den Anruf und ich bin so dankbar, eine so tolle beste Freundin in meinem Leben zu haben.

Auf dem Weg zurück ins Hotel werde ich erneut von meinem Klingelton aus den Gedanken gerissen. Nach einem kurzen Blick auf das Display gehe überrascht ran: „Hey, es gibt noch keine Neuigkeiten. Bist du echt so ungeduldig?", lache ich. Doch Emma lacht nicht. „Hallo? Ems?" „Ähm, Lina ..." Was hat sie denn jetzt? „Hey, ist alles in Ordnung?", frage ich besorgt. „Ich hab da gerade was gesehen, und du solltest das vielleicht wissen", sagt sie zögerlich. „Emma, was ist los? Wovon redest du?" Mein Handy vibriert an meinem Ohr, als eine neue Nachricht reinkommt. „Ich habs dir geschickt." Schnell öffne ich die Nachricht und ich habe das Gefühl, ich kriege keine Luft mehr. Auf meinem Bildschirm ist ein Foto zu sehen. Ein Foto, auf dem Wincent ein Mädchen küsst. Vor einem Hoteleingang. Vor meinem Hoteleingang. Und dieses Mädchen bin ich. Ich lese die darüberstehende Schlagzeile. Mir wird schwindelig. „Hey, alles okay bei dir?", höre ich Emmas Stimme gedämpft an meinem Ohr. Jemand muss das Foto gestern gemacht haben, als wir vor dem Hotel standen. „Shit", bringe ich nur hervor. Warum haben wir nichts bemerkt? Wir hätten vorsichtiger sein müssen. „Vielleicht war er deshalb heute so abwesend zu dir", meint sie. „Der Artikel ist von heute Nachmittag. Er hat in den Drehpausen bestimmt mit seinem Management Schadensbegrenzung betrieben", führe ich Emmas Gedanken fort. „Aber warum sagt er mir denn nichts?" Stille. „Shit", kann ich nur nochmal sagen. „Das ist garnicht gut. Was mache ich denn jetzt, Emma?" Ich stehe gerade auf einem Bürgersteig mitten in Berlin, starre auf das Foto auf meinem Handy und fühle mich einfach nur hilflos. „Vielleicht solltest du ihn mal anrufen", schlägt sie vor. „Meinst du? Aber offensichtlich will er nicht mit mir darüber reden, sonst hätte er es doch schon längst gemacht." Ich spüre, wie sich langsam Tränen in meine Augen bahnen. „Hey, ich bin mir sicher, er wusste einfach selbst nicht, was er machen sollte. Vielleicht wollte er dich auch einfach nur schützen und dich da raus halten." Das Bild wird spätestens morgen bestimmt die Titelseite jeder nächstbesten Klatschzeitschrift zieren. Scheiße. Ich versuche, die aufsteigenden Tränen runterzuschlucken. „Okay. Ich versuch mal, ihn anzurufen. Danke, Ems. Was würde ich nur ohne dich machen. Ich melde mich." Nachdem ich aufgelegt habe, suche ich sofort Wincents Nummer raus und tippe auf ANRUFEN. Mit zittrigen Händen halte ich mein Handy ans Ohr und beschleunige meinen Schritt, um so schnell wie möglich ins Hotel zu kommen. Es klingelt. Wieder und wieder. „Komm schon, geh ran", sage ich laut vor mich hin. Mailbox.

wenn ich grad nicht träum'Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt