Teil21

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Wer ist da?, fragte er mit den Händen.

„Zhéi?"

Ein Zucken lief durch seinen Körper, er riss die Augen auf und starrte mit leerem Blick in meine Richtung.

„Zhéi? Liebling?"

Seine Hände zitterten leicht.

Kara?

„Ja."

Komm schnell her!

Mit zwei raschen Schritten stand ich vor ihm und er zog mich an sich.

Sag was!

„Kannst du mich wirklich hören?"

Meine Stimme klang so freudig erregt wie ich mich fühlte.

Sag noch mehr.

„Ich weiß nicht, was ich sage soll. Hörst du meine Fragen?"

Eine Hand legte sich auf meine Schulter, es war der Akustiker, der unbemerkt ins Zimmer gekommen war. „Erwarten Sie nicht zu viel, Mrs Farmer. Im Moment hört ihr Mann nur ein Rauschen, wenn wir sprechen. Das Gehirn muss das Hören erst wieder lernen. Wir hatten eine lange Sitzung und er konnte mir genau erklären, welche Prioritäten er hat. Danach wurde ja auch das Implantat ausgewählt. Für ihn sind die Geräusche der Natur das Wichtigste, und diese werden jetzt auch zuerst geschult. Ich habe eine App auf seinem Handy installiert. Da er diese nicht selbst bedienen kann, erkläre ich Ihnen jetzt, wie das Ganze funktioniert: Das Gehirn muss die Geräusche erst wieder zuordnen und in etwas sinnvolles umwandeln. Dazu gehört Übung. Im Moment hört sich für ihren Mann alles gleich an, ein Rauschen, welches keinen Sinn ergibt. Mit dieser App kann er das Gehirn trainieren. Es gibt Lektionen über die Sprache und welche mit Geräuschen. Diese werden direkt an das Implantat gesendet. Natürlich können Sie es auch auf Mithören stellen, damit Sie wissen, was Ihr Mann trainiert. Es wird ein paar Tage dauern, bis er das ein oder andere Geräusch identifizieren kann. Haben sie nicht so hohe Ansprüche. Wahrscheinlich braucht er mehr als ein halbes Jahr, bis er Sprache und Geräusche klar wahrnimmt."

Das alles hatte man uns auch schon vor der OP erklärt, doch ich Trottel hatte gehofft, dass es schneller geht. Wir hatten kein halbes Jahr mehr! Zhéi hatte sich eine Timeline gesetzt! Wenn er in zwei Monaten nicht zufrieden war, würde er...

„Wir sehen uns in drei Wochen wieder, da werde wir dann weitere Feinabstimmungen vornehmen." Der Akustiker verabschiedete sich von uns und einen Momentlang wusste weder Zhéi noch ich, was wir nun tun sollten. Dann zupfte ich ihn am Shirt.

Komm, lass uns gehen.

Zhéi hakte sich bei mir unter und wir verließen das Krankenhaus. Wir waren noch nicht ganz durch die Tür als er abrupt stehen blieb, sich die Ohren zu hielt und kalkweiß wurde. Er verzog das Gesicht als habe er große Schmerzen und riss sich die Hörhilfe herunter.

Es ist zu viel, es ist zu viel

Immer wieder wiederholte er die Gebärden und ich nahm seine Hand.

Es ist ok.

Zhéi entspannte sich etwas und ließ sich zum Auto führen. Ich nahm ihm sanft das Hörgerät aus der Hand und schaute mir auf dem Handy die Einstellungen an. Ohje, der Lautstärkenregler stand auf „high", kein Wunder, dass er es nicht ertragen hatte. Ich ließ Zhéi einsteigen und startete den Wagen. Noch immer zitterten seine Hände und ich griff danach, streichelte beruhigend mit dem Daumen über seinen Handrücken bis er mir mit einem Nicken mitteilte, das es ihm besser ging. Wir fuhren aus der Stadt und auf einem geeigneten Parkplatz hielt ich an, um mich richtig mit ihm unterhalten zu können. Ich hatte vorsichtshalber den Drucker mitgenommen und stellte nun meine Fragen:

Wenn die Seele zerbrichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt