Erkenntnis

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Luc schluckte den Kloß in seinem hals hinunter. Er spürte Novas Angst und Unsicherheit, als wäre es seine eigene. Der Omega konnte jedem hier im Raum etwas vorspielen, aber nicht ihm. Diese gleichgültige Maske, verbarg nicht die Dinge, die Luc gesehen hatte und fühlte. 

Er griff nach dem Lippenstift in seiner Hosentasche und legte ihn auf den Tisch, ehe er ihn in die Mitte schob, wo sein Dad danach griff. Viel zu schnell um zu realisieren, was gerade passierte, war Nova aufgesprungen. Die beiden Bodyguards folgten dem Beispiel und der, den der Omega Tom getauft hatte, versuchte den Omega zu packen. Das Whiskyglas in Novas Hand zerbarst, als es auf Toms Schläfe traf und der Mann fiel zu Boden. Jerry, welcher auch tatsächlich so hieß, stand schützend vor ihm. Seine massige Gestalt versperrte Lucs Sicht auf den Omega, weshalb er aufstand, um sich einen Überblick zu verschaffen. Chase war auch aufgestanden, die Hand an der Stelle, von der Luc wusste, dass sich dort die Waffe des Alphas befand. 

,,Setz dich hin oder ich du wirst es bereuen.", drohte Nova zähneknirschend in Richtung Mika und Chase, welcher sich tatsächlich hinsetzte. Nicht aus Furcht, sondern weil er offenbar bemerkt hatte, das Jerry in Reichweite dafür war, Nova zu packen. 

,,Lasst ihn. Ihr macht es so nur schlimmer.", meinte Luc nur so laut, dass nur die Leute um ihn herum es hören konnten. Dabei landete Novas Blick auf ihm. Ungläubig und...verletzt. 

,,Ich habe gesagt, dass ich dich auch vor dir selbst beschützen werde. Vielleicht verstehst du das irgendwann.", sagte der Alpha vorsichtig und stand langsam auf. Er machte einen Schritt auf Nova zu, doch dieser wich zurück. Aus einer seiner zu Fäusten geballten Hände tropfte Blut auf den dunklen Teppichboden. 

Für einen Augenblick lang, hatte Luc tatsächlich das Gefühl, dass Nova überlegte. Dass der Omega versuchte zu verstehen. Doch dann, ließ er die Schultern hängen und sein Körper entspannte sich. Eine große, in Blut getränkte Glasscherbe fiel zu Boden, als sich auch seine Fäuste lösten und Nova ungläubig den Kopf schüttelte. 

,,Das war das einzige, was mich am Leben gehalten hat.", keuchte der Omega mehr zu sich selbst, als an ihn gerichtet und kehrte ihm den Rücken zu. 

,,Du hast mich gerade für vogelfrei erklärt.", Novas Stimme klang ruhig und gezwungen. Hätte Luc es nicht besser gewusst, wäre er darauf hereingefallen, doch er wusste es leider besser. Dier Stich in seinem Herzen, als der Omega davon ging, langsam und elegant, war unerträglich. Mit jedem Schritt, den Nova sich entfernte, wurde der Schmerz größer. Die Spinnenlilie zwischen dessen Schulterblättern lächelte ihn verräterisch an. Es interessierte ihn nicht, dass die Aufmerksamkeit des gesamten Tisches auf ihm lag. Jeder Blick anders als der vorherige. Jerry kümmerte sich gerade um den anderen Bodyguard, der langsam wieder zu sich kam.

,,Er kann gehen, sobald wir sichergestellt haben, dass es auch der richtige USB-Stick ist. Bis dahin bleibt er im Casino. Dafür wirst du sorgen.", wies sein Dad ihn an und reichte den Lippenstift weiter an Jack. 

***

Luc stand seit fünf Minuten vor der geschlossenen Türe. Nova wütete in dem Zimmer wie ein Sturm, zumindest klang es danach. Manchmal hörte er ein Krachen, dann ein Klirren, was wohl von den Vasen kam, und hin und wieder hörte er auch die verzerrte Stimme des Omegas. Hatte er wirklich das Richtige getan?

Nein. Alleine schon die Idee, Nova in sein Zuhause zu bringen war falsch gewesen. Sie hätten zu Zade gehen sollen. Verdammt wenn der Omega erst davon erfuhr, dass der Aphrodite zerstört worden war...

Er atmete so tief ein, dass seine Lungen sich anfühlten, als würden sie jeden Moment platzen, beim Ausatmen betrat er das Zimmer. Neben der Tür lagen die Reste einer Vase und auf dem Bett entdeckte Luc den allzu gut bekannten Motorradrucksack. Nova selbst stand am Fenster und starrte auf sein Handy. 

Der schwarze Lederanzug schmiegte sich wie eine zweite Haut perfekt um Novas schlanken Körper und betonte jede zarte Kurve, jede Rundung, einfach alles. 

,,Was hast du jetzt vor?", Luc ließ die Türe ins Schloss fallen und stellte sich davor, um dem Omega den Weg abzuschneiden. Nova hob den Kopf und seine Augen formten sich zu zwei dünnen Schlitzen. Sie wussten, dass es beiden schaden würde, wenn sie über längere Zeit voneinander getrennt sein würden. 

,,Ich verschwinde. Choi hat meinem Dad sicher schon Bescheid gegeben, dass ich nicht mehr wichtig bin und ihr habt was ihr wolltet. Ich bin frei, also verschwinde ich, bevor mein Dad mich in die Finger kriegt.", murmelte Nova kleinlaut und stopfte das schwarze Kleid, welches er eben noch getragen hatte, in den Rucksack. 

,,Nova bitte, lass es mich erklären.", bat Luc und trat von der Tür weg. Der Alpha überwand den Abstand zwischen ihnen und wollte eine Hand auf Novas Schulter legen, welcher aber augenblicklich zurückwich und gegen die Bettkante stieß. 

,,Ich will nichts mehr hören. Ich stand so kurz davor, zu kooperieren. Selbst dann noch, als Cathy mich verraten hat. Ihr habt schon mal einen von uns getötet, also könnt ihr das wieder tun, meine Chancen zu überleben wären höher gewesen, aber jetzt, Luc, jetzt hast du mein Grab geschaufelt und wenn der Tod mich holen will, dann soll er mich zumindest jagen müssen, denn freiwillig werde ich mich nicht in einen Sarg legen.", fauchte Nova und ein wildes Funkeln trat in seine Augen. Er hatte den Omega noch nie so feurig erlebt. Bisher war er immer so beherrscht aufgetreten, undurchdringbar, aber jetzt, wo alles den Bach runter ging, offenbarte Nova ihm seine Gefühle. Seine Ängste und Hoffnungen. 

,,Du weißt genauso gut wie ich, dass wir nicht voneinander getrennt sein können.", der letzte Hoffnungsschimmer, an den er sich klammern konnte. Nova war an ihn gebunden und er an den Omega, welcher abschätzig schnaubte: ,,Du bist so besessen davon, mich zu besitzen, dass du mich verloren hast, Luc."

Nova warf sich den Rucksack über und griff nach dem Helm. Kurz bevor er die Tür erreichte, hielt der Omega kurz Inne und drehte sich zu ihm herum: ,,Ich hätte dich geliebt, wenn du bewiesen hättest, dass du wirklich anders bist. Aber das waren bloß falsche Hoffnungen."

Als die Türe schwer ins Schloss fiel, spürte Luc jeden Zentimeter, den Nova sich von ihm entfernte. Er spürte den Schmerz, die Trauer und die Wut über sich selbst. Er hatte alles zerstört. Er war in das Leben des Omegas getreten und hatte es nur noch schlimmer gemacht. 

Luc bemerkte erst, dass er weinte, als die Tränen über seine Wangen rollten. Er hatte es tatsächlich geschafft, Nova zu verlieren. 

Der Alpha zuckte heftig zusammen, als die Türe aufgestoßen wurde und er seinen Dad im Türrahmen stehen sah, dahinter kam auch seine Mom zum Vorschein. Wie viel Zeit war vergangen, seit Nova durch diese Tür getreten war?

,,Wo. Ist. Er?!", knurrte sein Vater und presste die Lippen so fest zusammen, dass sie eine dünne Linie bildeten.

,,Beruhige dich erstmal. Es gibt wichtigeres, als diesen Stick!", der Omega zwänge sich an der massigen Gestalt seines Dads vorbei und verschränkte dann die Arme vor der Brust. 

,,Ich frage das jetzt einmal und wehe du lügst mich an, Luc! Besteht die Möglichkeit, dass Nova tatsächlich von dir schwanger sein könnte?", obwohl die Stimme seiner Mom wie immer ruhig und gefasst war, war es schwer den schweren Unterton zu ignorieren. 

Er schluckte. Diese Frage kam sicher nicht einfach so auf. 

,,Ich weiß es nicht.", nur eine halbe Lüge. 

,,Liz hat gerade angerufen, der Bluttest war zu aller Überraschung positiv. Also, wo ist er?", etwas zu grob als angebracht, wurde seine Mom zur Seite gestoßen. 

,,Er ist gegangen."

Wildcard [Omegaverse]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt