Als Nova die Augen aufschlug, erkannte er erst bloß Umrisse von den Möbeln des Schlafzimmers. Seine Kehle war ausgetrocknet und jede Faser seines Körper schmerzte. Besonders sein Kopf.
Langsam setzte er sich auf und atmete einige Male tief durch. Das Bett neben ihm war leer, roch aber sehr stark nach Lucs Pheromonen. Offenbar hatte der Alpha sich wohl erlaubt, bei ihm zu bleiben... Als Nova die Decke wegschlug, bemerkte er seine Nacktheit. Oh Mann. Träge verließ er das weiche Bett. Auf dem Stuhl neben dem Schreibtisch, lag ein Stapel Kleidung, der offenbar für ihn gedacht war, nachdem Luc nicht aussah wie jemand, der gerne Blümchen und kurze Stoffhosen trug.
Der Kleidungsstil schrie förmlich nach Cathy. Auch die Unterwäsche war nicht ganz sein Geschmack, aber besser als nichts. Nova schlüpfte in die Hose, hellblau mit Veilchenmuster, zog sich aber sein eigenes, schwarzes Langarmshirt über. Dabei bemerkte er eine Kanüle an seiner Armbeuge. Stirnrunzelnd löste er das Klebeband und zog die Nadel aus seinem Arm, ehe er sie ins Licht hielt. Sah aus wie Kanülen, die für eine Infusion verwendet wurden. Was es damit auf sich hatte, würde er noch herausfinden.
Seine Beine fühlten sich an wie Gummi, als er ein paar Schritte durch den Raum ging, um sicher zu stellen, dass er nicht über die Treppe stürzen würde.
Er vergewisserte sich kurz, dass der Lippenstift, seine wohl wertvollste Habseligkeit, noch immer da war, wo sie sein sollte und verließ dann das Schlafzimmer des Alphas, in seiner Hand die Kanüle. Aus dem Badezimmer hörte Nova das Geräusch von Wasser und eine unsichtbare Spur an Lucs Pheromonen führte in dieselbe Richtung. Zwar hätte er den Alpha gerne aufgesucht, aber der Durst trieb ihn nach unten in die Küche.
Die einzelnen Stufen hinunter zu gehen, erwies sich doch als anstrengender als gedacht. Er merkte den Mangel an Nahrung und den darauf folgenden Hunger nur zu deutlich. Sein Magen knurrte und rumorte.
Hinter der Kücheninsel stand rücklings Cathy, im pinken Häschenpyjama und rührte eine Tasse Tee um.
,,Ich bin ehrlich gesagt verwundert, dass ich noch hier bin.", Nova blieb vor der Kochinsel stehen und wartete kurz. Das Mädchen zuckte zusammen und wirbelte herum, ehe sie ihm finster entgegen blickte.
,,Du hast mich erschreckt!"
Er warf die Kanüle vor sie und fragte: ,,Was hat es damit auf sich?"
Sie runzelte die Stirn und brauchte einige Sekunden lang um zu erkennen worum es sich bei dem kleinen Plastikteil handelte. Dann fiel ihr Blick auf seinen Arm: ,,Das solltest du nicht selbst rausziehen, aber das ist jetzt wohl egal. Damit habe ich dir vermutlich das Leben gerettet. Gern geschehen."
Beinahe lachte er. Beinahe.
,,Nimm es mir nicht übel Kitty,..."
,,Cathy. Ich heiße Cathy."
,,Wie auch immer, aber ich bin mir sicher, dass du mir dieses Ding lieber in den Hals gerammt hättest, als mir damit zu helfen."
Sie gab ein verachtendes Grunzen von sich und schüttelte leicht den Kopf: ,,Nicht alle sind so wie du. Ein einfaches Danke hätte gereicht."
,,Danke. Verrätst du mir jetzt, was es damit auf sich hat?"
,,Dein Fieber wurde immer schlimmer und dein Körper ist völlig überhitzt und war dehydriert. Ich habe einen Arzt gerufen, der dir erstmal zwei Ladungen Beruhigungsmittel spritzen musste. Du hast zwei Infusionsbeutel gebraucht, die ich gewechselt habe. Offensichtlich geht es dir jetzt ja besser...obwohl...du siehst immernoch ziemlich scheiße aus.", sie nippte an ihrer Tasse und schenkte ihm eines der süßesten Lächeln, die er je gesehen hatte. Jetzt machte sie sich also auch noch über ihn lustig?
Wenn er nicht gerade andere Sorgen hatte, würde er darauf eingehen, doch jetzt interessierte ihn etwas anderes.
,,Ihr habt einen Arzt gerufen?!"
,,Ich hätte dich lieber ins Krankenhaus gebracht."
Er hatte Luc doch klar und deutlich gesagt, dass niemand wissen durfte, wo er war. Das durfte doch nicht wahr sein!
,,Keine Sorge, sie hat versprochen, niemandem etwas zu sagen. Luc vertraut ihr....Sie hat dir auch deine Pillendose gebracht. Vermutlich weißt du selbst, was für Gift dieses Zeug ist, oder? Sie meinte auch, das wäre die Ursache für dein extremes Fieber gewesen. Alles was sie da angestaut hatte, musste jetzt eben raus. Und sie hat gesagt, deine nächsten Fieber würden nicht anders aussehen. Wieso nimmt man solche Drogen?", sie schien diese Frage tatsächlich ernst zu meinen.
,,Besser als während deinem Fieber von Fremden missbraucht zu werden. Wo sind meine Pillen?"
,,Weg. Liz hat sie entsorgt, dir aber die Dose dagelassen.", sie stellte die Tasse ab und zuckte mit den Achseln.
So viel dazu...Wäre ja auch zu schön gewesen, zumindest etwas wieder zu haben. Und bei Liz handelte es sich wohl um die Ärztin...
Nova ging um die Kochinsel herum und bemerkte, wie sie zurückwich, als er vor ihr stehen blieb und ein Glas aus einem der Oberschränke holte. Sie nagte an der Innenseite ihrer Wangen und mied es, ihn anzusehen. Schüchterte er das Mädchen etwa so ein oder war da noch etwas anderes?
Was auch immer es war, im Moment interessierte ihn bloß das Glas Wasser. Angenehm kühl stillte es den Durst in seiner Kehle und er fühlte sich schon jetzt ein wenig. Nova leerte das Glas und füllte es erneut. Dann schnaubte er amüsiert.
,,Ich sollte dir wohl dafür danken, dass du mich trotz deines Hasses auf mich nicht verpetzt hast.", etwas in Nova zerbrach, als er ein Klicken hörte. Das Klicken, einer geladenen Waffe. Ein Geräusch, das er nur zu gut kannte. Langsam drehte er den Kopf zur Seite, zu Cathy, welche ihn beinahe schon entschuldigend ansah.
,,Geh nach draußen, Cathy. Dein Das wartet vor der Türe.", eine tiefe, männliche Stimme folgte auf das Geräusch der Waffe und Novas Finger legten sich so fest um das Glas, dass seine Knöchel weiß hervor traten. Sie hatte ihn verraten.
Ihre hastigen Schritte wurden schnell leiser, bis eine Tür ins Schloss fiel und ein ungutes Gefühl sich in ihm breit machte.
Nova atmete tief durch. Er musste nur ein wenig Zeit schinden, bis Luc aus der Dusche kam. Ein weiteres Mal füllte er das Glas mit Wasser. Der Omega entspannte seine Schultern, setzte eine ausdruckslose Miene auf und drehte sich um. Auf der anderen Seite der Kochinsel stand ein großer Alpha, den er als Ash Lockwood erkannte, Lucs Dad, das durfte er nicht vergessen. Der Lauf einer Pistole war auf ihn gerichtet. Nichts Neues.
,,Du wirst mich nicht erschießen, Ash.", man brauchte ihn lebend. So viel war sicher.
,,Nein, werde ich nicht. Ich bin kein Freund der Gewalt.", er senkte die Pistole und sie verschwand hinter seinem Rücken. Die Körpersprache des Alphas sprach da anderes...
Nova strich sich ein paar lose Haarsträhnen aus dem Gesicht und trank das Glas in einem Zug leer. Er würde es noch brauchen...
,,Ich auch nicht, aber die Sache ist die...", er machte eine kurze Pause und versuchte sein rasendes Herz zu beruhigen. Die Panik, die in ihm aufstieg würde ihn nur unaufmerksam machen. Schwächer, als er in seinem Zustand ohnehin schon war. Nova musste alles an übriger Kraft sammeln. Diesen Kampf würde er nicht gewinnen, er musste ihn nur hinauszögern.
Er kehrte dem Alpha den Rücken zu und stellte das Glas dann ab, um seine Glieder zu lockern. Nova versuchte die Schmerzen, die diese Bewegung verursachte zu ignorieren. Schluckte sie hinunter, wie er es gelernt hatte. Keine Schwäche, keine Gnade.
,,...du wirst Gewalt brauchen, wenn du mich kriegen willst.", beendete er seinen Satz und legte seine Finger möglichst unauffällig um das Glas, ehe er sich blitzschnell umdrehte und es nach dem Alpha warf. Man würde ihn nicht kriegen. Nicht heute und nicht hier.

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Wildcard [Omegaverse]
RomanceFortsetzung von Lovegame! (Man muss den Vorgänger aber nicht gelesen haben) Eigentlich sollte es nur ein kurzer Casinobesuch werden, doch als Luc Nova, einen mysteriösen Omega, an der Bar trifft, ist es um ihn geschehen. Völlig vernarrt in Nova, ver...