KAPITEL 21| MARTIN

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CLÉMENCE                                                      

Ich bin heute sehr früh aufgewacht und da war Enric nicht da. Zwischendurch kommt es vor, dass er mal früher weg muss und mich dann nicht aufweckt. Ich bin aufgewacht, weil ich nicht mehr müde war, deshalb bin ich aufgestanden und habe mich fertig gemacht. Auch wenn ich es sehr genieße, Menschen um mich zu haben, die ich mag, kommt es mir komisch vor. All das. Ein vernünftiges Dach über meinen Kopf, Menschen, mit denen ich lachen kann und keine Angst haben muss. Und jetzt bekomme ich auch ein Handy. Noch vor paar Monaten hätte ich nicht gedacht, dass ich das alles wieder haben werde. In meinem Kopf hatte es sich schon gepflanzs, dass ich bis ich sterbe auf der Straße leben werde.

Auch wenn ich mich schon daran gewöhnt habe bei Enric und Enzo zu sein, stelle ich mir oft die Frage, ob ich verrückt bin. Ich lebe bei einem Mann, der mich einfach mitgenommen hat und mich zwingt, ihn zu heiraten. Das schlimmste ist, dass es sich nicht mehr so anfühlt, als würde man mich zu etwas zwingen. An einigen Tagen schnürt sich mein Hals zu, wenn ich daran denke, wie ich hier hergekommen bin, aber dann vergeht es schnell wieder, wenn ich an all das Gute denke. Enric und Enzo. Nicht jeder würde so über die beiden denken, aber ich denke, dass die beiden gute Menschen sind. Auch wenn die nicht so aussehen. Die beiden haben es in kurzer Zeit geschafft, in mein Herz zu kommen. Ich sehe Enzo wie mein eigener Bruder. Bei meinem eigenen Bruder habe ich mich noch nie so frei und sicher gefühlt wie bei Enzo. Ein älterer Bruder beschützt seine kleine Schwester, aber er hat es nicht getan. Aber Enzo würde es tun. Und Enric. Enric hat mir das gegeben, wonach ich mich 4 Jahre lang gesehnt habe. Geborgenheit.

Das einzige, was mir Bauchschmerzen verbreitet, ist dieser Fremder, der mich entführen wollte. Ich möchte nicht zu viel über ihn nachdenken, weil ich dann nicht aufhören kann darüber zu denken. Dadurch fühle ich mich oft beobachtet und in Gefahr. An manchen Nächten wache ich verschwitzt auf und mein Atem geht sehr unregelmäßig. Meine Augen suchen automatisch das ganze Zimmer ab. Wenn, Enric neben mir liegt, kann ich mich schneller beruhigen, aber wenn ich alleine bin, dauert es etwas länger. Ich weiß nicht, was der Fremde von mir will, aber es ist anscheinend nichts gutes. Es kann nichts gutes sein, wenn er versucht, mich zu entführen. Enzo hat mich gar nicht darauf angesprochen, ich weiß nicht, ob er davon Bescheid weiß. Alleine möchte ich nicht mehr raus. Eine Person muss bei mir sein, so fühle ich mich sicherer. 
Plötzlich kommt von unten ein lautes Geräusch, was mich aufzucken lässt. Ich stehe auf und verlasse Enrics Zimmer. Ich laufe auf die große Treppe zu und schaue vorsichtig nach unten. Als ich einer der Wachen sehe, atme ich tief ein. Eine zerbrochene Vase liegt auf dem Boden und der Wachmann hebt die zerbrochenen Scheiben auf. Ich laufe nach unten, um ihm zu helfen. Als er meine Schritte hört, schaut er zu mir. Er hebt seine Hand hoch, um mich zu stoppen.

»Sie könnten sich verletzen«, sagt er, aber ich laufe trotzdem nach unten. »Ich passe schon auf und zusammen geht das schneller.« Er gibt nach und lässt mich mit aufräumen. Nachdem wir die großen Scherben aufgehoben haben, fegen wir die kleinen auch weg. Ich schaue zu dem Mann vor mir hoch, und lächle leicht. »Ich hoffe, Enric rastet nicht aus.« Er lächelt auch leicht und antwortet mir dann. »Nein, er rastet bei solchen Sachen nicht aus. Vielleicht sieht er nicht so aus, aber er ist der beste Boss, den wir haben können« dass er das sagt, wundert mich etwas. »Warum, es gibt doch bestimmt viel bessere?« Ich möchte wissen, was er dazu sagt. »Er bezahlt uns gut, aber das ist nicht mal das Beste. Viele denken das. Aber was ich denke ist, einen Boss zu haben, der immer Verständnis hat, ist das beste, was einem Arbeiter passieren kann. Er gibt uns oft Urlaub, obwohl wir nicht danach fragen. Manche von uns brauchen mehrere Tage Urlaub, weil die erkrankte Familienmitglieder haben, auf die sie aufpassen müssen. Die gibt er, ohne es zu hinterfragen. Und obwohl man die Tage nicht arbeitet, bezahlt er die so, als würden sie arbeiten. Was will man mehr? Er stellt uns alles zur Verfügung. Wenn, jemand kein zu Hause hat, kümmert er sich darum. Das einzige, was er von uns dafür verlangt, ist Loyalität. Es gab viele, die ihn verraten haben.«

Als er das alles über Enric erzählt, geht, mein Herz auf. Wie kann ein Mann so perfekt sein? »Natürlich kann es überall gute Arbeitgeber geben, aber ich bin mir sicher, den besten gefunden zu haben.« Ich nicke leicht, weil ich das auch denke. »Wie heißt du?«, frage ich ihn. »Martin« Ich nicke wieder. »Okay Martin, ab jetzt sind wir Best Buddies, weil ich dich super cool finde und wenn ICH das sage hast du echt viel Glück. Aber sag Enzo nichts, sonst redet er nicht mehr mit mir.« Das lässt Martin leicht auflachen, weil ich gespielt ernst gesprochen habe. »Okay.«

Nachdem ich mit Martin gesprochen habe, ist Enric nach Hause gekommen und hat mich abgeholt, jetzt sitzen wir im Auto und fahren in die Stadt. »Ich habe heute mit Martin gequatscht. Er hat gesagt, dass du der beste Boss bist, den man haben kann.« fange ich ein Gespräch an. »Martin arbeitet sehr lange schon bei uns, ich vertraue ihm. Du kannst ihm auch vertrauen.« Ich nicke, weil ich es jetzt schon tue. So leicht vertraue ich sonst nicht, aber Martin gibt einem das Gefühl ihm Vertrauen zu können und wenn Enric sagt, dass ich ihm trauen kann, dann ist das meine Bestätigung. »Er hat gut über dich gesprochen.« Ich fange an zu grinsen, weil ich eine Idee habe. »Also ich hätte niemals gut über dich sprechen können. Du bist komisch« sage ich mit gelangweilter Stimme. Enric schaut verwirrt zu mir, was mich fast auflachen lässt. »Warum das? Du meintest gerade noch, dass Martin gut über mich gesprochen hat, was soll an mir komisch sein?« fragt er mich. »Du siehst aus, als würdest du jeden schlagen, der dir in die Quere kommt und hast manchmal mehr Stimmungsschwankungen als eine schwangere Frau«, antworte ich ihm und schaue ihn dabei an. Als ich sein geschocktes Gesicht sehe, kann ich mich nicht mehr zurückhalten und lache los.

»Warte ab!« Ich fange an, noch mehr zu lachen, was Enric seinen Kopf schütteln lässt.

Nachdem Enric geparkt hat, sind wir noch bisschen in die Stadt gelaufen. Jetzt läuft er einfach in eine Richtung und sagt mir, dass ich mitkommen soll. »Wohin gehen wir denn?«, frage ich die ganze Zeit. »Wir sind gleich da«, sagt er nur und nimmt meine Hand in seine, die doppelt so groß ist wie meine. Wir laufen noch ungefähr 10 Minuten und kommen dann endlich an. Es sieht aus wie eine Firma. »Ich dachte, wir kaufen mir ein Handy?«, frage ich Enric. »Tun wir ja auch« In diesem riesigen Gebäude kommt direkt jemand auf uns zu, der mit Enric spricht. Dann führt er uns noch weiter und wir kommen in einem Raum am, wo ich sehr viele Handys sehe. »Gib uns das Neuste« höre ich Enric sagen. Nach Sekunden habe ich mehrere Handys vor mir liegen und kann mich für eine Farbe entscheiden. Ich entscheide mich für weiß. Als Enric gerade bezahlt, höre ich eine Stimme hinter mir.

»Die hat einen geilen Arsch, den würde ich gerne mal spüren.«
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CLÉMENCE DIONWo Geschichten leben. Entdecke jetzt