KAPITEL 8| »ES TUT MIR LEID ROSA BITTE VERZEIH MIR.«

1.8K 70 32
                                    

                          CLÉMENCE

Ich sitze gerade in meinem Zimmer mit Enzo. Ich erzähle ihm, was passiert ist und er hört mir zu. Er unterbricht mich nicht und hört mir einfach zu. »Ich kann dich verstehen, es war hart und ist immer noch hart für dich. Aber ich glaube, ich weiß, warum er das getan hat.« Ich schaue Enzo ernst an und drehe mein Kopf leicht zur Seite, und damit frage ich ihn, ob das sein Ernst ist, ohne eine Frage zu stellen. »Natürlich meine ich damit nicht das, was er getan hat, richtig ist. Ich sage nur, ich glaube, ich weiß warum.« sagt er jetzt. Ich nicke leicht. »Und was denkst du, warum er das getan hat?« stelle ich ihm jetzt laut eine Frage. »Ich glaube, das sollte er dir selber sagen, aber frag ihn nicht, warte bis er bereit ist und es dir selber erzählt« Ich denke kurz nach und nicke dann wieder einfach. Enzo nimmt mich in den Arm und drückt mich ganz feste an sich. »Dulce flor«, (Übersetzt: Süße Blume) murmelt er an meinem Kopf. Ich weiß nicht, was das heißt, aber ich frage auch nicht nach. Es hört sich schön an. Plötzlich geht die Tür auf und Enric ist zu sehen. Als seine Augen, die auf meine, und auf Enzos treffen, sieht man deutlich seine Wut. Er kommt auf uns zu und das lässt mich zusammenzucken. Enzo bemerkt es und steht vom Bett auf, um Enric zu beruhigen. Aber bevor Enzo was sagen kann, trifft Enrics Faust Enzos Gesicht. Enric hat Enzo so fest geschlagen, dass Enzo nach hinten auf mein Bett geflogen ist. Meine Augen sind die ganze Zeit weit geöffnet. Ich will Enric stoppen, aber ich weiß nicht wie. Ich habe Angst, dass er noch wütender wird. Mittlerweile sitzt Enric auf Enzo und schlägt auf ihn ein. Die beiden rollen sich plötzlich zu Seite, wodurch sie mich vom Bett schmeißen. Ich lande auf meine Seite, die noch schmerzt. Als ich schmerzerfüllt aufstöhne, hören die beiden auf. Ich lege meine Hand auf meine Seite und meine Stirn auf den Boden und atme laut ein und aus. Die beiden eilen zu mir und heben mich vorsichtig hoch. Ich entziehe meinen Arm Enric und schaue ihn sauer an. Er schaut mich traurig an. Nichts von gestern ist übrig. Die Wut ist verschwunden. Reue, nur noch Reue ist zu sehen. Ohne was zu sagen, gehe ich raus und höre die beiden laut auf Spanisch streiten. Ich gehe mit Tränen in den Augen in die Küche, um mir ein Kühlpack zu holen. In der Küche finde ich auch einen und halte ihn an meine Seite. Ich hebe meinen Pulli kurz hoch, um zu schauen, ob da was ist. Es ist nur leicht gerötet und blau von gestern. Enric kommt in die Küche und seine Augen bleiben an mir hängen. Er schaut bestimmt Minuten lang die blaue Stelle an. Es fühlt sich zumindest so an. Er schaut mir jetzt wieder in die Augen und kommt auf mich zu. »Es tut mir leid rosa bitte verzeih mir.« hörte ich plötzlich seine Stimme. Ich schüttelte meinen Kopf und ging wieder hoch in mein Zimmer. Ich setze mich auf mein Bett und halte das Kühlpack noch in den Händen. Meine Gedanken rutschen zu oft an gestern. Jemand klopft an meiner Tür, aber ich sage nichts. Weil ich für heute mit niemandem reden will. Die Tür geht trotzdem auf und ich schaue sauer zur Tür. Enric. »Geh raus, ich will nicht reden, ich will dein Gesicht für die nächsten Tage nicht mehr sehen«, sage ich laut. Er kommt trotzdem auf mich zu und geht auf die Knie. Oh okay. Ich drehe mein Kopf von ihm weg und lehne mich nach hinten. »Ich weiß, dass du sauer bist. Aber bitte hör mir zu. Ich war nicht ich selber. Es ist ein schlimmer Tag für mich. Ich konnte mich einfach nicht kontrollieren.« sagt er leise und nimmt meine Hand in seine. Ich schaue ihn nicht an, aber ich bin kurz davor, ihm zu verzeihen. Er steht wieder auf und geht raus.

Es sind 3 Tage vergangen, seit dem Enric sich entschuldigt hat. Ich habe zu ihm gesagt, dass ich sein Gesicht nicht sehen will und er hat sich wirklich nicht blicken lassen. Enzo war die ganze Zeit bei mir und hat mich abgelenkt. Wofür ich ihm dankbar bin. Ich hatte Panik, dass Enric kommen könnte und er wieder so ausrastet. Aber zum Glück ist es nicht passiert. Enzo ist auch mit mir rausgegangen. Damit ich nicht immer hier drin bin und mal auch frische Luft schnappen kann. Wir waren auch shoppen und essen. Ich weiß nicht, wie das sein kann, aber Enzo ist mir sehr schnell ans Herz gewachsen. Er ist ein sehr guter Freund geworden. Ich hatte nie wirklich gute Freunde. Eigentlich keine. Ich will mir aber darüber keine Gedanken machen. Ich höre, wie eine Tür geschlossen wird. Enzo wollte noch mal los, ich weiß nicht, wohin, aber er hat bestimmt ein Termin oder so. Es ist gerade mal 19:15 Uhr und ich weiß nicht, was ich machen soll. Mir ist sehr langweilig. Ich entscheide mich bisschen vor die Tür oder besser gesagt in den Garten zu gehen. Ich verlasse mein Zimmer und gehe die Treppen runter. An der Tür stehen keine Wachen, was ich gut finde, weil sie mich nicht rausgelassen hätten. Ich mache die Tür auf und gehe nach draußen. Was mir jetzt auch auffällt, ist, dass hier überhaupt keine Wachen stehen. Komisch. In der nächsten Sekunde höre ich mehrere Männer stimmen, die aus der anderen Seite vom Garten kommen. Ich gehe leise hin und schaue leicht rüber. Ich bin hinter einer Wand, deswegen können die mich nicht sehen. Die ganzen Wachen sind alle zusammen und lachen. Plötzlich merke ich, dass das meine Chance ist. Enric ist nicht zu Hause. Enzo auch nicht. Die Wachen sind abgelenkt. Jetzt ist die Frage, ob ich es machen soll oder nicht. Mein Herz fängt an, so schnell zu schlagen, dass ich Angst habe, mein Herz könnte aus meinem Brustkorb springen. Meine Hände fangen an zu zittern und meine Beine fühlen sich schwer an. Aber ich weiß auch, dass ich hier raus muss. Wenn ich Enric entkommen will, dann muss ich hier raus. Ja. Ja, ich muss raus. Ich drehe mich um und gehe leise zu dem riesigen Tor. Ich öffne die kleine Tür, was für Menschen gedacht ist. Langsam schließe ich es wieder, damit mich keiner hört. Und dann fange ich an zu rennen. Ich renne und renne, bis ich genug entfernt bin von der Villa. Ich komme an einem Strand an und setze mich auf eine Bank. Ein Lächeln schleicht sich in mein Gesicht, wenn ich daran denke, dass ich es geschafft habe da rauszukommen. Das war einfach. Ich muss lachen, wenn ich daran denke. »Tja, gorille mal sehen, was du machst, wenn du mich nicht findest.« Aber das Lachen vergeht mir auch wieder, wenn ich an Enzo denke. Ich hätte mich gerne verabschiedet, aber das wäre nicht gut gewesen. Enric ist sein Bruder. Er würde mich verraten. Auch wenn wir uns gut verstehen. Ich hätte es ihm nicht sagen können. 

Es sind jetzt bestimmt 2 bis 3 Stunden vergangen und ich sitze immer noch hier. Ich denke, die ganze Zeit an Enric. Das gefällt mir nicht. Warum denke ich an ihn? »Scheiß, gorille«, sage ich leise. Ich schließe kurz meine Augen, damit ich mir ihn besser vorstellen kann. Seine Haare, seine hellgrünen Augen, seine Haut, die so glatt ist wie Wachs. Einfach wunderschön. WARTE WAS! Nein, nein. Ich öffne wieder meine Augen und schüttel meinen Kopf. »Komm zu dir, Clémence!« Das kann ich nicht zulassen. Ich darf nicht über ihn nachdenken. Das geht nicht. Ich muss mich beherrschen. Er hat mir wehgetan. So schnell darf ich alles nicht vergessen. Ich hab immer noch blaue Flecken. Die erinnern mich, was für ein Monster er an diesen Tag war. Ein Zittern überkommt mich, wenn ich zurückdenke. Sein Gesicht voller Wut und wie unberechenbar er aussah. Das alles darf ich nicht vergessen. Wer es einmal macht, macht es immer wieder. Menschen sind so. Sie geben leere Versprechen, entschuldigen sich immer wieder. Aber in Wahrheit lügen sie doch alle. Eine kleine Entschuldigung und versprechen reicht uns Menschen schon aus. Wir denken, es kommt nicht wieder vor, aber es kommt vor. Und dann denken wir auch noch, es sei unsere Schuld. Wir fangen an und zu entschuldigen, obwohl wir die Unschuldigen sind. Genau das darf nicht passieren. Das reißt uns Menschen in den Abgrund. Plötzlich ertönt eine Stimme, was meine Gedanken leise stellte.
—————

Ich hoffe, dass es euch gefallen hat.
UND Leute kommentieren und stimmen auch nicht vergessen.
🤍🤍

CLÉMENCE DIONWo Geschichten leben. Entdecke jetzt