Kapitel 17

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Zwei Tage waren seit seinem Eifersuchtsausbruch vergangen und noch immer schämte er sich deswegen, auch wenn Jonael es nicht einmal mehr erwähnte. Doch was ihm am meisten leid tat, war die Tatsache, dass er seinem Gefährten wehgetan hatte. Es war nicht absichtlich geschehen und doch machte er sich Vorwürfe. Was wäre geschehen, wenn er sich gewandelt und ihn angegriffen hätte? So stark wie er war, könnte er ihn möglicherweise sogar töten.

Das wäre etwas, das er sich niemals verzeihen könnte. Sollte er etwas so Schreckliches jemals tun, dann würde er sich als Mensch, ohne Engels- oder Dämonenflügel, über den Rand Malaikats in die Tiefe stürzen. Sollte ihn der Aufprall nicht töten, dann hoffentlich die Schergen seines Vaters.

Seufzend straffte er sich und hoffte, dass Jonael nichts von seinen Gedanken mitbekam. Er hatte Schutzschilde, sein Liebster gehörte jedoch zu den machtvollsten Wesen in diesem Reich und Raven wusste nicht, was zu ihm durchdrang und was nicht.

Im Moment saß er im Innenhof der Heileinrichtung, genoss die wärmenden Strahlen der Sonne auf seiner Haut und wartete auf seinen Gefährten.

Viel zu lange hielt er diesen von seiner eigentlichen Aufgabe ab. Nun jedoch war er nicht mehr so schwach und zerbrechlich wie zu Anfang, ein paar Stunden konnte er ohne ihn überstehen, auch wenn er sich natürlich nach ihm sehnte. Wenn er wollte, dass sich sein Mann nicht immerzu um ihn sorgte, dann musste er zeigen, dass er selbstständiger wurde, das Leben hier, auch wenn es ihn noch etwas einschüchterte, in Angriff nahm. Hier war jetzt sein Zuhause. Er liebte die wundervollen Landschaften, mit all ihren in den schönsten Farben blühenden Pflanzen, den atemberaubenden Bergen und den kristallklaren Seen, in denen er zu gern einmal schwimmen wollte.

In Neraka gab es diese Schönheit nicht, alles war trist, teilweise sogar hässlich und konnte einen, wenn man unaufmerksam war, sogar töten.

Hier zu sein, mit all jenen, denen er etwas bedeutete, machte ihn froh, ließ ihn freier atmen. In dieser Welt konnte er lernen und wachsen, würde irgendwann das zurückgeben können, was so viele für ihn taten.

Den Engelskriegern, die aufbrachen, um ihn zu retten, konnte er niemals genug danken, ihre Opferbereitschaft überstieg seinen Verstand. Sie begaben sich in tödliche Gefahr, obwohl sie niemand dazu zwang, setzten ihr eigenes Glück aufs Spiel, nur um ihm ein Leben in Freiheit zu ermöglichen.

Sie wollten nicht, dass etwas wiedergutmachte, nahmen seinen Dank zwar an, aber gaben ihm gleichzeitig das Gefühl, dass es nicht nötig war, denn sie taten es, weil er einer von ihnen war, zu Alexian und Samael gehörte.

Noch immer zauberte es ihm ein Lächeln ins Gesicht, wenn er daran dachte, wie liebevoll er von den meisten Engeln aufgenommen worden war. Selbst die, die ihn nicht mochten oder noch zurückhaltend agierten, taten ihm nichts, wurden nie übergriffig oder verletzten ihn mit ihren Worten. Natürlich wusste er nicht, was sie hinter seinem Rücken redeten, aber es war allemal besser als bei den Dämonen, die jemanden, den sie ablehnten, gerne einfach töteten.

Er veränderte seine Position und streckte die zuvor angewinkelten Beine aus, strich mit der Hand über die weichen Grashalme der Wiese, auf der er saß.

In einigen Metern Entfernung sah er einen Mann, der etwa in seinem Alter sein musste und in einem der Stühle mit Rollen saß, so wie er, als er sich von der Folter erholte. Teile seines Körpers waren bandagiert, doch er schien auf dem Weg der Besserung zu sein. Aufgrund seiner Statur glaubte Raven, dass er zu den Kriegern gehörte. Diese waren, wie er von Alexian wusste, hart im Nehmen.

Neben ihm auf einer Bank saß ein weiterer Mann, der einen kleinen Jungen auf dem Schoß hatte und sich mit dem Verletzten unterhielt. Gerade überlegte Raven noch, ob sie eine Familie waren, als sich der Verwundete vorbeugte und dem anderen einen Kuss gab. So wie sie sich ansahen, konnten sie nur zusammengehören.

The Tyrasar Chronicles II - HerzensruneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt