Kapitel 15

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Raven war aufgeregt, als sie über die Stadt hinweg auf das Haus von Shekinah zu flogen. Natürlich war es für alle und auch für ihn besser, in ihrer Nähe zu sein. Sie konnte, wenn es notwendig werden sollte, eingreifen und alle beschützen. Aber so stand er auch unter ständiger Beobachtung der Frau, die seine Schwiegermutter war.

Auch wenn er wusste, dass sich an Jonaels Liebe für ihn nichts ändern würde, so war in ihm doch noch ein kleiner Zweifel, den er auch nicht loswerden konnte, egal was er tat. Wenn seine Mutter nun feststellte, dass er doch nicht gut genug für Jonael war, nicht zu ihnen gehörte, nicht Teil der Familie war, dann würde er seinen Gefährten sicherlich verlieren. Jonael liebte Shekinah über alles, holte sich bei ihr Rat und gab viel auf ihre Meinung. Raven konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sich sein Mann gegen diese unglaubliche Frau stellen würde.

Vor ihm ging Jonael in einen Sinkflug über, er folgte ihm. Als sie nebeneinander im großzügigen Garten landeten und ihre Flügel verschwinden ließen, drehte sich sein Engel zu ihm um und betrachtete ihn mit einem Lächeln, das die Sorgen, die er sich machte, nicht verbergen konnten.

»Du und dein Verstand, ihr kommt nie zur Ruhe. Ich wünschte, ich könnte diese Gedanken, die dein Gemüt verdunkeln, vertreiben.« Langsam kam er auf ihn zu und blieb ganz dicht vor ihm stehen. Seine Finger fuhren ganz sanft die Konturen seines Gesichts nach, ehe er sich noch ein wenig mehr zu ihm beugte und ihn küsste. Wie von selbst erwiderte er den Kuss.

»Ich fürchte, dass hier nur die Zeit helfen wird. Glaube bitte nicht, dass ich dir nicht vertrauen oder absichtlich an dir zweifeln würde, denn das ist nicht der Fall. Meistens bin ich mir sehr sicher, was dich und mich betrifft, doch hin und wieder scheint der Zweifel sich seinen Weg, die Oberfläche zu bahnen und vergiftet meine Gedanken. Es wird schon weniger. Vor einiger Zeit, als ich hier ankam, bestand fast mein gesamtes Denken nur aus Unsicherheiten und ich stellte alles und jeden infrage. Doch dann hast du mir gezeigt, dass es eine andere, eine schöne Welt gibt, dass ich es wert bin, dass jemand um mich kämpft. Seitdem beweist du mir jeden Tag, dass deine Zuneigung, deine Liebe zu mir echt ist und immer noch anwächst. Neben Samael bist du der einzige, dem ich in allem bedingungslos glauben kann. Bitte verzeih mir, dass es manchmal nicht danach aussieht«, sagte Raven leise, als er seine Lippen von denen seines Gefährten löste.

Noch immer berührte ihn Jonael, strich zart über seinen Arm, brauchte wie er selbst die Nähe.

»Es gibt nichts, was ich verzeihen müsste. Vergiss nicht, dass ich dich spüre, immerzu. Du zeigst mir, was du fühlst zu jeder Zeit, selbst dann, wenn du es nicht bewusst tust. Dass du hin und wieder unsicher wirst, das ist doch ganz normal. Mir ist nur wichtig, dass du mich nicht ausschließt und abblockst. Solange ich weiß, dass du mich liebst, ist alles andere unwichtig. Wir beide haben schon einiges überstanden und werden auch die kommenden Wochen oder Monate überstehen, denn wir sind Gefährten.«

Vertrauensvoll schmiegte er sich an Jonael, der die Arme fest um ihn schlang, ihn hielt, bis sein Innerstes wieder im Gleichgewicht war.

»Sollen wir hineingehen?«

Schmunzelnd hob Raven den Kopf und nickte.

»Ich möchte deine Mutter nicht noch länger warten lassen«, erwidert er und griff nach Jonaels Hand, die dieser ergriff und mit seiner fest umschloss.

»Soviel ich weiß, ist Cebrail bei ihr, also ist sie nicht alleine. Die beiden kennen sich schon lange und sind eng befreundet.«

»Das beruhigt mich. Lass uns gehen.«

Über die Terrassentür, die ein wenig offen stand, betraten sie den Wohnraum. Raven war sich sehr sicher, dass Cebrail und die beiden Wachen an der Eingangstür nicht die einzigen Krieger waren, die sich in der Nähe befanden. Wären sie von diesen als Gefahr eingestuft worden, hätten sie niemals die Gelegenheit bekommen, das Gebäude zu betreten.

The Tyrasar Chronicles II - HerzensruneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt