Kapitel 12

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Unsere Trennung traf mich unvermittelt und hart, aus heiterem Himmel und irgendwie auch nicht. Tatsächlich lief unserer Trennung wieder ein großer Streit voraus, der mich innerlich noch immer schüttelte. Phillip packte seine Klamotten zusammen und verschwand bei einem Kumpel. Ich weinte, bis mein ganzes Gesicht brannte, jede Pore schmerzte und mein Körper nur noch zitterte. Annika bemühte sich mich zu beruhigen, aber es war zwecklos. Ich schlug ihr Angebot mehrfach aus, bei mir zu übernachten. Ich wollte allein sein und meine Gedanken sortieren. Verarbeiten, was hier gerade passiert war. Es war unvermeidlich gewesen, dessen war ich mir bewusst, trotzdem bröckelte mein Herz vor sich hin. Es fühlte sich anders an, aber genauso schmerzhaft wie damals. Ich schrie ins Kissen bei den Erinnerungen an unseren heutigen Streit, vergrub mein Gesicht im weichen Stoff und weinte zum wiederholten Male bitterlich.

„Du hast mich mit ihr betrogen!", brüllte er mich an und ich verstand die Welt nicht mehr. „Was geht nur in dir vor?", wisperte ich, weil ich keine Ahnung hatte, woher dieser Wutausbruch kam. „Ich bin mir sicher!", er machte einen Schritt auf mich zu und stand mir so nah, dass ich seinen heißen Atem auf meiner Haut spürte, „Du wolltest wissen, wie es mit einer Frau ist, war ich dir nicht gut genug? Nicht ausreichend genug? Musste es die Person sein, die dich wie scheiße behandelt hat? Stehst du darauf? Bist du Masochistin?" Er schmetterte mir die Fragen mit einer Brutalität entgegen, die mich erzittern ließ. Wackelig auf den Beinen, suchte ich Abstand zu ihm, lehnte mich gegen den Türrahmen und erwiderte möglichst ruhig: „Ich habe dich nicht betrogen, Phil. Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, aber ich habe dich niemals hintergangen. Ich bin von Anfang an ehrlich zu dir gewesen." „Ist das so, ja?", er kam wieder auf mich zu und ich wich zurück, „Hat sie dich nicht durcheinandergebracht? Hast du das nicht zu Anni gesagt?" Ich versuchte mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen, aber selbst dieser Fakt war kein Geheimnis, auch dies hatte ich Phillip gestanden. „Das hat sie, das habe ich dir auch gesagt", erklärte ich und stieß mit dem Ellbogen gegen unsere Kommode im Flur, „Aber es war eher eine Tatsache der Vergangenheit, die ich mit der Gegenwart vermischt habe." Lüge. Lüge. Lüge. Aber so wie Phillip gerade drauf war, würde ich den Teufel tun und seine Wut mit Worten füttern. „Auch wenn sie mich durcheinandergebracht hat, hätte ich niemals etwas gemacht", erklärte ich und das entsprach der Wahrheit, selbst wenn ich irgendwann realisiert hätte, dass Gefühle im Spiel sind. Phillips alkoholisierter Atem stieg mir in die Nase und ich wandte mich ab, so konnte ich unmöglich weiter mit ihm reden. „Du lügst doch schon, wenn du den Mund aufmachst", er stieß mir einen Finger gegen das Schlüsselbein und ich schüttelte sanft meinen Kopf. „Das tue ich nicht, Phil. Wo kommt das jetzt auf einmal her?", fragte ich vorsichtig nach und entfernte mich erneut ein Stück von ihm. „Ich habe mir in London euren Verlauf durchgelesen", antwortete er selbstzufrieden. „Und?", ich zuckte mit den Achseln, da wir nie anders geschrieben haben als normale Freunde. Es war nie etwas zwischen uns passiert, auch wenn es gedanklich und in meinem Herzen etwas anders aussehen mochte.

„Und?", äffte er mich nach, „Du hast dich ihr doch richtig dargeboten! Und wieso zur Hölle hast du mir nie erzählt, dass sie dich abends zur Arbeit und zurückgebracht hat? Kurz vor London? Hast du sie da im Büro durchgenommen?" Mir platzte der Kragen und meine Hand traf seine Wange schneller als er reagieren konnte: „Wie kannst du es wagen?! Wie kannst du es wagen mich des Betrugs zu bezichtigen?! Zum wiederholten Mal? Und ich habe dir noch in der Nacht gesagt, dass sie mich gebracht hat, weil du dich geweigert hast. Ich habe keine Ahnung, ob du mir einfach wieder nicht zugehört hast oder es nicht hören wolltest, aber du wusstest es! Und jetzt reicht es mir!" „Dir reicht es?", wieder lachte er und drückte mich gegen den Türrahmen, „Das hast du nicht zu entscheiden, immerhin bist du hier die Betrügerin! Erzähl mir, wie es war! Hast du sie richtig..." „Bis hier und nicht weiter!", brüllte ich ihn an und er zuckte zusammen, „Ich lasse mir viel gefallen, aber mit deinen Unterstellungen und Andeutungen ist jetzt genug. Wenn du solche Probleme mit deinem Ego hast und Lügenkonstrukte erfindest, damit es dir besser geht, dann ist diese Beziehung nicht mehr die, die wir mal geführt haben. Ich kann das so nicht mehr. Das wars." „Das wars?", nun blickte er mich entgeistert an, wich vor mir zurück und Tränen sammelten sich in seinen Augen, „Du willst unsere Beziehung beenden?" „Hast du dir eigentlich zugehört? Was du mir alles an den Kopf geworfen hast? Das ist nicht das erste Mal, Phil. Jeden Tag hast du mir so etwas nun vorgeworfen, ich kann nicht mehr", nun war meine Stimme nicht mehr als ein Wispern, Tränen erstickten meine Wut, meine Kraft laut zu sprechen, „Das wars, ja."

Das Echo der Erinnerung (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt