Dans le Sable

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Von weit her kann ich die Dünen sehen. Mein Herz hüpft vor Freude, auch wenn es noch ein langer Weg bis in den Sand ist. In den Sand. Seit ich ein kleiner Junge war, wollte ich in den Sand. Früher als Fernfahrer, auf den Straßen in den Orient - doch ich war zu jung und dennoch zu spät. Als ich alt genug war, die Trucks selbst zu steuern, was das Orientgeschäft längst eingebrochen, die Schweizer Fernfahrer waren zu teuer. Die Faszination für die Wüste aber, die war geblieben.

Nun bin ich hier; nicht in der Arabischen Wüste, doch in der Sahara - DER Wüste schlechthin. Ich weiß natürlich, dass wir nur einen ganz kleinen Streifen am Rand der Sahara besuchen werden, doch das ist mir egal. Sahara bleibt Sahara und ich bin hier. Längst weiß ich nicht mehr, welchen Tag wir haben. Heute aber ist der wichtigste Tag der Woche: wir erreichen den Sand und der tagelange stürmische Wind, der den Himmel orange sandfarben eingenebelt hat, schweigt.

Vorerst sind es nur kleine Dünen. Mein Dromedar stapft durch den heißen Sand, rutscht immer wieder weg und sinkt ein. In der heißen Nachmittagssonne wechseln die Farben zwischen hellem Gelb, Beige und Orange, doch sie stehen immer in Kontrast zum blauen Himmel, der sich wolkenlos darüberlegt. Meine Augen trinken die Bilder, saugen sie ein und halten sie fest; ich kann mich kaum sattsehen. Sehr beeindruckt stelle ich fest, wie unsere Nomaden scheinbar ganz genau wissen, wo sie sich befinden, obwohl hier alles gleich aussieht.

Hier hat es noch sehr viele Pflanzen, es sind Wolfsmilchgewächse, Calotropis Procera, die bis sechs Meter hoch werden können. Ihre Blätter sind flauschig und etwas dicker, als es gewöhnliche Blätter sind. Die grünen Früchte sehen aus wie Pfirsiche. Die Pflanze ist giftig, durch den milchigen Saft kann man blind werden; scheinbar wissen das auch die Dromedare, denn sie rühren die grünen Blätter nicht an. Einzelne Palmen und Akazien zeugen davon, dass es hier auch noch Grundwasser gibt. Es scheint ein Kampf zwischen den Sanddünen und dem Leben zu sein. Tiere sehen wir vorerst keine, sie werden sich erst gegen Abend oder in der Nacht zeigen. Ich hoffe darauf, einen Fennek zu entdecken, denn seit wir im Sand angekommen sind, tummeln sich auch andere Bilder in meinem Kopf. Es sind die Bilder aus zwei Büchern, die ich jüngst verschlungen habe.

Als wir unser heutiges Ziel erreichen, erklimme ich sofort die erste kleine Düne und blicke über die unendliche Sandfläche, deren Ausmaß ich noch nicht mal erahnen kann. Der Sand ist weich und heiß. Nach wenigen Sekunden ist er überall; hinter den Ohren, zwischen den Lippen, unter den Kleidern. Das stört nicht, denn er klebt nicht. Obwohl es über fünfunddreissig Grad sind, schwitze ich nicht; es ist die Trockenheit, welche die Hitze erträglich macht.

Wir bauen das Küchenzelt auf und errichten unsere obligate Lounge, auf der kleinen Düne hinter dem Küchenzelt. Kurzzeitig kommt etwas Hektik auf, wegen eines kleinen Bewohners der Höhle unter der Akazie, doch davon später mehr. Wir setzen uns in die Abendsonne, genießen den Tee und die Nüsse, die es jeden Tag gibt, seit wir mit den Dromedaren unterwegs sind. Baziz und Ismail erklären uns ruhig, wie wir uns in der Wüste verhalten sollen, damit das Erlebnis ein Genuss werden kann. Jedes Wort, das sie uns erzählen, zeugt von Erfahrung und echtem Wissen.

Sehr spät am Abend lege ich mich schlafen. Ein Bett aus Sand; ich kann mich gemütlich einranken, bis der Druck nachlässt und mein Körper seltsam zu schweben beginnt. So liege ich auf meinem Teppich, die Wärme des Sandes am Rücken, mit meinem geöffneten Schlafsack als Decke. Voller Ruhe und Vertrauen. Kein Tier wird mich angreifen. Beschnuppern vielleicht, oder über mich hinweg krabbeln - doch sie werden in mir weder Beute noch Feind sehen; bloß den seltsam riechenden Besucher, der ich bin. Und auch ich sehe sie nicht als Feinde, sondern respektvoll als die wahren Bewohner der Welt, die ich hier besuche.

Über uns öffnet das Sternenzelt gerade erst seinen Vorhang; die Millionen funkelnder Punkte am Nachthimmel glitzern mich in einen traumlosen Schlaf.

Über uns öffnet das Sternenzelt gerade erst seinen Vorhang; die Millionen funkelnder Punkte am Nachthimmel glitzern mich in einen traumlosen Schlaf

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Die Lounge aus den Sätteln, den Decken und Teppichen; © Bruno Heter, 2024

Die Lounge aus den Sätteln, den Decken und Teppichen; © Bruno Heter, 2024

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Abendsonne zwischen den kleinen Dünen; © Bruno Heter, 2024

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