Tee, Tajine & Brot

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Essen - das ist wichtig. Ismail ist ein wunderbarer Koch. Ich staune immer wieder, was er alles herzaubert, auf einem kleinen Gaskocher, mitten in der Wüste. Ich lerne aber auch dazu. Für eine gute Tajine gibt man zuerst die Tomaten hinein, die Kartoffeln, Gewürze und der Rest des Gemüses kommen obendrauf. Ganz zuoberst folgt dann das Fleisch, meistens Lamm, Huhn oder Fisch. Danach wird die Tajine ins Feuer oder auf den Gasherd gestellt. Die Flüssigkeit der Tomaten verhindert, dass das Gemüse schwarz wird, der aufsteigende Dampf gart den Rest; der Deckel der Tajine ist ja wie ein Kamin geformt, oben offen.

Das Essen wird demzufolge sehr sanft gegart und behält seinen Geschmack. Das ist einfach nur lecker. Mit Brotstücken und manchmal Gabeln bedienen wir uns dann alle direkt aus der Tajine, sitzen im Kreis um den Topf, am Boden - also auf dem Teppich im Sand. Es braucht nicht mehr. Gute Gespräche erledigen den Rest; ich fühle mich restlos glücklich. Keinen Moment vermisse ich riesige Tafeln mit Unmengen an schickem Besteck und kleinste Portionen auf riesigen Tellern. Obwohl auch das seinen Reiz hat und ich es zwischendurch auch sehr schätze.

Das Zelebrieren von Essen hat sehr viel mit Kultur zu tun. Ich habe schon so viele verschiedene Esskulturen kennenlernen dürfen - das hier ist eine mehr. Jede hat in ihrer Eigenart etwas Wunderbares in sich, die Stimmung überträgt sich auf das Essen; es wird zum Genuss mit allen Sinnen.

Speziell am Essen in Marokko sind die Gewürze. Davon werde ich im Souk dann nochmal berichten. Mir gefällt das Ras El Hanout (wörtliche Übersetzung: Kopf des Ladens), eine Gewürzmischung aus rund dreißig verschiedenen Gewürzen. Ich kannte das bisher nicht, somit ist ab sofort Essen, das mit diesem Gewürz verfeinert wurde, ein kleines Stück Marokko. Zum Frühstück gibt es jeweils Spiegeleier mit Olivenöl und Ras El Hanout. Mit dem gebrochenen Brot schöpfen wir die Eier aus der Pfanne.

Brot macht Baziz zweimal direkt am Boden. Das erste Wüstenbrot macht er auf Steinen. Dazu wird eine kleine Grube ausgehoben und mit faustgroßen Steinen ausgelegt. Auf diesen Steinen wird dann ein kräftiges Feuer gemacht. Wenn das Feuer fast ausgebrannt ist, wird die Glut beiseite geschoben. Der dicke Teig, etwa fünf Zentimeter dick, wird auf die heißen Steine gelegt, die Glut kommt obendrauf, zusammen mit etwas Erde. Dann wird wieder kräftig Feuer gemacht, obendrauf und rundherum. Wenn der Teig gebacken ist, wird er aus dem Feuer genommen und mit dürren Ästen abgebürstet. Mit einem Messer werden schwarze Stellen abgekratzt - fertig ist das leckere Brot. Die Unterseite zeigt die Form der Steine.

Noch eindrücklicher ist das Sandbrot, das wir in den Dünen gemacht haben. Wiederum wird eine Kuhle freigeschaufelt, mit den Händen natürlich. In der Kuhle wird dann Feuer gemacht. Die Glut wird auch hier aus der Kuhle genommen, der Teig kommt direkt auf den heißen Sand. Danach wird er oben mit Sand bedeckt und ein großes Feuer obendrauf entfacht. Fertig. Das gebackene Brot kann abgebürstet werden, es bleibt kein Sand haften. Das beeindruckt mich sehr; es schmeckt sehr lecker und hat deutlich weniger schwarze Stellen als das Steinbrot.

Zu jeder erdenklichen Gelegenheit gibt es Tee. Meistens ist es Minze, manchmal auch Grüntee. Vor allem aber ist der Tee sehr süß. Schon wenn er aufbrüht, wird ein großer Brocken Zucker hineingegeben. Die ersten vier bis fünf Gläser Tee werden eingegossen und dann schwungvoll in die Kanne zurückgeschüttet. Ismail macht das theatralisch, zelebriert es; dadurch vermische sich alles besser, sagt er dazu und lächelt. Anschließend wird aus hohem Bogen eingegossen. Minze kühlt, auch wenn der Tee heiß ist. Der Tee ist, zusammen mit einem Teller mit Salznüssen, Datteln und getrockneten Rosinen, das erste, was wir machen, wenn wir einen Lagerplatz gefunden haben. Zucker und Salz geben dem Körper die Energie, die er in der sengenden Sonne verloren hat, zurück.

 Zucker und Salz geben dem Körper die Energie, die er in der sengenden Sonne verloren hat, zurück

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Frühstück im Sand; © Bruno Heter, 2024

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